Klassik im Techno-Remix
Versuche, Klassik und Pop miteinander zu verbinden, gab es zahlreiche. Ein weiteres Crossoverprojekt hat jetzt der Techno-Produzent Marc Romboy gestartet: Zusammen mit den Dortmunder Philharmonikern hat er Stücke von Claude Debussy neu zusammengesetzt.
Man hört sie manchmal kaum, die elektronischen Verfremdungen wie hier im ersten Satz von Claude Debussys "La Mer".
Marc Romboy hat schon immer den Beat der Emotion untergeordnet. Mit so einem Sound geht der Musiker aus Mönchengladbach seit den Neunzigern auch als DJ um die Welt.
Wie zuletzt auch seine Kollegen Jeff Mills und Carl Craig entwickelt er sich vom Dancefloor-Sound weg hin zu Klangflächen, die zusammen mit Orchester ein neues Kulturpublikum erschließen wollen. Romboys jüngstes Album "Voyage De La Planète" ist eine elektro-orchestrale Planetenreise.
Debussy mit Elektronik angereichert
Und jetzt eben seine Annäherung an den französischen Impressionisten, dessen Musik am Übergang von Romantik zur Moderne besonders geeignet erscheint.
"Das Projekt trägt den Titel 'Reconstructing Debussy‘, weil das Wort auch daherkommt wie Remixing, wobei Remixing der Sache nicht gerecht wurde. Wir spielen Passagen der Werke im Original. Und wir bereichern diese Original-Passagen dann mit eigenen Kompositionen, wo wir halt Teile seiner Musik ein bisschen aufgefrischt haben mit elektronischer Musik."
Der Moment, der im Konzert Musiker wie Zuschauer am meisten bewegte, war dieser aus dem berühmten "Faunen-Vorspiel".
"Wir waren bei den Arbeiten sehr, sehr verblüfft, wie wundervoll das zusammenpasst. Das hätte ich vorher nicht gedacht, wie gut diese beiden Welten – und das sind sie ja – miteinander auskommen."
Marc Romboy hat die Idee von Barbara Volkwein, der zuständigen Dramaturgin bei den Dortmunder Philharmonikern, mit dem Keyboarder Ali Khalaj und dem Arrangeur Miki Kekenj umgesetzt.
"Zeitmaschinenreise zwischen den beiden Epochen"
Der klassische Konzertmeister mit HipHop-Hintergrund hat die Einfälle der Elektroniker in Orchestersprache übersetzt. Selbst haben die beiden mit Drumcomputern und alten Vintage-Synthesizern gearbeitet. Und versucht, vor allem emotionale Klangbilder aus Debussys Werken aufzugreifen.
"Wir haben uns vorgestellt, Claude Debussy wär bei uns. Er wär in 'ne Zeitmaschine gestiegen – und wir haben versucht, uns in ihn hinein zu versetzen. Und haben eine Methode gefunden, wo wir gesagt haben: Die ist sehr respektvoll, aber gleichzeitig auch elektronisch gesehen zeitgenössisch hörbar. Das ist also immer so ne Art Zeitmaschinenreise zwischen den beiden Epochen."
Nicht alles geht zusammen. So wie hier die Dancefloor-Beats zum Orchesterklang, zu hören leider auch bei vielen Elektronik-Kollegen. Selbst bei Jeff Mills genrestiftendem "Blue Potential"-Projekt vor zehn Jahren.
Ansonsten ist die behutsame Annäherung der musikalischen Welten gelungen. Debussys ausufernde Klangfarben finden sich ohnehin auch in der elektronischen Musik wieder. Mit oder ohne Beat und Orchester.
"Die Intention war, mal so 'n bisschen in die Zukunft zu gucken - und vielleicht ist das ja völlig normal, dass in 100 Jahren ein Keyboarder und ein Drumcomputer-Spieler mit auf der Bühne stehen bei dem Orchester.
Ich meine, es hat sich ja bei den Instrumenten-Setups beim Orchester nicht sonderlich viel getan in den letzten 100 Jahren. Aber wer sagt, dass das immer so bleibt? Vielleicht machen wir ja gerade die Klassik, die man in 100 Jahren so nennt. Wer weiß…?" (lacht)