"Man weiß nie, wo das Unglück endet"

Von Sigried Wesener · 13.09.2011
Die Autoren Jaume Cabré und Maria Barbal erzählen vom Bürgerkrieg aus katalanischer Perspektive und haben in Spanien Debatten über Opfer der Francodiktatur ausgelöst.
Auf dem Buchcover ein vergilbtes Schwarz-Weiß-Foto mit ernst blickenden Kindergesichtern, die Haare sind ordentlich gescheitelt, zu Zöpfen geflochten, mal streng nach hinten gekämmt, die Strickjacken hochgeschlossen, nur die älteren Schüler zeigen ein Lächeln. In fast jedem Haus in den katalanischen Pyrenäen-Dörfern steht der Roman mit diesem Klassenfoto.

Viele Katalanen glauben, darauf sich selbst zu erkennen und im Roman "Die Stimmen des Flusses" von Jaume Cabré eigene Erlebnisse wiederzufinden. Der in Barcelona lebende Schriftsteller spürt darin dem Weg eines ermordeten Lehrers im Nordosten Spaniens nach, der mitten in Kriegszeiten zwischen die Fronten der Falangisten und der im Untergrund kämpfenden Linken gerät. Cabré will den lange beschwiegenen Ereignissen nachspüren, die Nachbarn verfeindet, Familien auseinander gerissen hat und noch immer dunkle Schatten auf das Zusammenleben wirft.

Aus dieser abgelegenen Bergwelt, in der der Roman spielt, stammt die Schriftstellerin Maria Barbal. Ihr Roman "Wie ein Stein im Geröll" gehört längst zur Schullektüre in Katalonien. In der Lebensgeschichte des Mädchens Conxa spiegelt sich das Leben jener Generation Frauen, die zu den Opfern von Bürgerkrieg und Francodiktatur gehören. Als Mitte der 80er-Jahre ihr Roman in Katalonien erschien, begann die Fassade des Schweigens über die Vermissten und Getöteten zu bröckeln.