Maja Göpel „Wir können auch anders. Aufbruch in die Welt von morgen“

Profunde Diagnose und Weckruf

06:33 Minuten
Auf dem Cover steht die Autorin Maja Göpel an einen Baum gelehnt und blickt in die Kamera. Daneben Buchtitel und Autorinname.
© Ullstein Verlag

Maja Göpel

Wir können auch anders. Aufbruch in die Welt von morgenUllstein, Berlin 2022

368 Seiten

19,99 Euro

Von Ralph Gerstenberg · 01.09.2022
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Nach dem Erfolg ihres Bestsellers "Unsere Welt neu denken" stellt Maja Göpel in ihrem neuen Buch Strategien zum Handeln vor. Sie zeigt Kipppunkte auf, die Veränderungen beschleunigen, und plädiert für eine systemische Betrachtungsweise.
Die Nachhaltigkeitswissenschaftlerin und Politikökonomin Maja Göpel gehört spätestens seit ihrem Bestseller „Unsere Welt neu denken“ zu den gefragten Intellektuellen mit einer hohen Medienpräsenz. Als bekannt wurde, dass sie ihr erstes Buch nicht selbst geschrieben hat, sondern gemeinsam mit einem Ghostwriter, sorgte das für einige Aufregung.
Auch ihr neues Buch „Wir können auch anders“ ist kein reines Göpel-Werk. Inhaltlich schließt es an seinen Vorgänger an, in dem es darum ging, neu zu denken. Nun, schreibt sie, gehe es ihr um das Handeln, das diesem Denken folgen könne, ja müsse.
Die dringend notwendigen Veränderungen, die sie als „Große Transformation“ bezeichnet, seien vergleichbar mit der Erfindung des Ackerbaus oder der Industrialisierung. In Ihrem Buch formuliert sie für ihre radikale Reform drei Leitfragen:

„Wie können wir in der komplexen Welt, in der wir heute leben, Dinge wenden?  (...) Wo müssen wir ansetzen, um die Strukturen unserer Gegenwart so zu verändern, dass sie der Erreichung unserer Ziele besser dienen, statt ihnen im Weg zu stehen? Wer kann diese Veränderungen anschieben?“

Maja Göpel: Wir können auch anders

Wer, wenn nicht wir?

Auf die letzte Frage hat Maja Göpel eine klare Antwort: Wir! Menschen, so Göpel, also wir, verfügen nicht nur über genetische, sondern auch über kulturelle Informationen. Die Kultur unserer Vorfahren dient uns als Fundament, auf dem wir die Kultur unserer Nachfahren gestalten. Wir müssen also definieren, wer wir sein wollen als Teil einer komplexen Welt, die es zum Besseren zu verändern gilt.
Aber wie? Maja Göpel plädiert für eine systemische Sicht, um nicht mit einer vermeintlichen Verbesserung an der einen Stelle woanders Verschlechterungen hervorzurufen. Würde man Verbrennungsmotoren einfach durch Elektromotoren ersetzen, hätte man noch immer keine nachhaltige Mobilität. Deshalb sei es wichtig, nicht nur einzelne Teile eines Systems zu verändern, sondern es in seiner Gesamtheit zu verstehen.

Kipppunkte, die Veränderungsprozesse beschleunigen

Angesichts der globalen Klimaentwicklung spricht die Nachhaltigkeitswissenschaftlerin von Rückkopplungen und Kipppunkten, die zu einer Dynamisierung von Destabilisierungsprozessen führen. Bevor ein solcher Kipppunkt erreicht wird, reagiert ein System mit einer Art Frühwarnung. Ungewöhnliche Ereignisse, extreme Ausschläge nähmen zu. Jede weitere Störung des Gleichgewichts könne enorme Wirkung entfalten.
Gesellschaftliche Kipppunkte wie die weltweite Fridays-for-Future-Bewegung könnten hingegen den Wandel beschleunigen.

Mit professionellem Co-Autor

Der Name von Maja Göpels Co-Autor, Marcus Jauer, erscheint diesmal auf dem Titelblatt. Bei ihrem ersten Buch, das auf Anhieb zum Bestseller wurde, wollte der Journalist wie ein klassischer Ghostwriter noch unerwähnt bleiben. Das hat für Empörung gesorgt. Göpel schmücke sich mit fremden Federn, hieß es sinngemäß.
Wenn die Mitarbeit eines professionellen Autors dabei hilft, wissenschaftliche Erkenntnisse zu popularisieren – warum nicht? In Kriegs- und Krisenzeiten wird die Klimaproblematik in ihrer Dringlichkeit oft verdrängt. Deshalb ist es gut, wenn eine engagierte Stimme wie die von Maja Göpel so viel Gehör wie möglich findet. Ihr neues Buch ist profunde Diagnose und Aufruf zugleich.
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