Maas in Auschwitz-Gedenkstätte

Erster Besuch eines Außenministers seit 26 Jahren

20.08.2018, Polen, Oswiecim: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD, l) besucht das ehemalige deutsche Konzentrationslager Auschwitz und legt einen Kranz an der Todeswand nieder. Mass wird von Marian Turski (mit Krücken), ein ehemaliger Insasse von Auschwitz und Vorsitzender des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau, begleitet. Foto: Michael Kappeler/dpa | Verwendung weltweit
Außenminister Maas hat die Gedenkstätte des Vernichtungslagers Auschwitz besucht und wurde vom früheren Häftling Marian Turski begleitet. © Michael Kappeler/ dpa
Christoph Schwennicke im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 20.08.2018
Außenminister Heiko Maas hat erstmals als deutscher Außenminister die KZ-Gedenkstätte Auschwitz besucht. Er traf danach in einem nahegelegenen Kloster mit seinem polnischen Amtskollegen Jacek Czaputowicz zusammen.
Vor seiner Abreise nach Polen hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) dazu aufgerufen, die Erinnerung an die Gräueltaten der Nationalsozialisten für nachfolgende Generationen wach zu halten. "Für mich ist Auschwitz die immerwährende Mahnung, für die unantastbare Würde des Menschen weltweit einzustehen – persönlich wie politisch", sagte der SPD-Politiker. Maas hatte bereits in seiner Antrittsrede als Außenminister im März gesagt, er sei wegen Auschwitz in die Politik gegangen, und diese Äußerung in Israel später weitergehend erläutert. In dem Vernichtungslager wurden mehr als eine Million Menschen ermordet, die meisten von ihnen waren Juden.

Deutsch-Polnisches Treffen am Rande

"Seit 26 Jahren war kein deutscher Außenminister mehr hier", sagte unser Hauptstadt-Korrespondent Klaus Remme, der die deutsche Delegation bei ihrem Rundgang durch die Gedenkstätte des Vernichtungslagers begleitete.
"Der letzte war Klaus Kinkel, an den sich wohl nur die älteren Hörer erinnern." Daran zeige sich, dass Auschwitz nicht etwa wie der Erinnerungsort Yad Vashem in Jerusalem ein traditionsgeübter Ort des Gedenkens sei.
So sollte das Treffen zwischen Maas und seinem polnischen Kollegen Jacek Czaputowicz nur am Rande des Auschwitz-Besuchs in einem nah gelegenen Kloster stattfinden. "Das hat möglicherweise auch mit den politischen Diskussionen in Polen zu tun rund um das umstrittene Holocaust-Gesetz", sagte Remme. Das führe dazu, dass das bilaterale Verhältnis zwischen Polen und Deutschland in Auschwitz selten zum Ausdruck komme.

Bedeutung der Zeitzeugen

Die Delegation von Maas wurde vom Auschwitz-Überlebenden Marian Turski begleitet. Der frühere Insasse des Vernichtungslagers ist Vorsitzender des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau. "Diese Zeitzeugen werden nicht mehr lange da sein", sagte unser Studiogast, der Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke zu dem Maas-Besuch. Ohne sie werde es in Zukunft umso schwerer, die Erinnerung wach zu halten. Das gelte gerade für Zeiten, in denen man in Deutschland wieder mehr mit Antisemitismus zu tun habe.
Christoph Schwennicke
Unser Studiogast, der Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke© picture alliance / ZB / Karlheinz Schindler
Maas habe vom Tag seines Antritts an versucht, sich von seinem Vorgänger Siegmar Gabriel abzugrenzen, sagte Remme. "Er weiß, dass dieser Satz, ich bin wegen Auschwitz in die Politik gegangen, in der Öffentlichkeit haften geblieben ist", sagte er.

Kritik an "beifallheischender Politik"

"Mein Bild von Heiko Maas ist da etwas anders", widersprach Schwennicke. Er wolle es nicht an diesem Besuch in Auschwitz festmachen, denn es sei dringend mal wieder nötig gewesen, dass dort ein deutscher Spitzenpolitiker hingehe. Es sei auch ohne Frage so, dass dieser Ort in der politischen Biographie des Außenministers eine wichtige Rolle spiele. Dennoch sei ihm Maas Art, Politik zu betreiben, etwas zu "beifallheischend", kritisierte der Journalist. (gem)

Christoph Schwennicke ist seit Mai 2012 Chefredakteur des politischen Magazins "Cicero". Er wurde 1966 in Bonn geboren, absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München und studierte Germanistik, Politikwissenschaften sowie Journalistik in Bamberg. Nach ersten journalistischen Stationen bei der "Badischen Zeitung" wechselte er zur Süddeutschen Zeitung und leitete dort von 2005 bis 2007 das Parlamentsbüro. Danach war er beim "Spiegel" stellvertretender Büroleiter der Hauptstadtredaktion.

Mehr zum Thema