Lutz Taufer: "Über Grenzen"

Vom RAF-Terroristen zum Entwicklungshelfer

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Zu den Geiselnehmern in der Stockholmer Botschaft im April 1975 gehörte auch der damalige RAF-Terrorist Lutz Tauber. © Foto: picture alliance / dpa / Achim Scheidemann, Coverabbildung: Assoziation A
Lutz Taufer im Gespräch mit Maike Albath · 15.07.2017
Lutz Taufer war mitverantwortlich für die Erschießung zweier Geiseln 1975 beim RAF-Überfall auf die deutsche Botschaft in Stockholm. Nach Verbüßung seiner Haftstrafe ging er als Entwicklungshelfer nach Brasilien - und hat jetzt seine Autobiografie geschrieben.
20 Jahre saß der frühere RAF-Terrorist Lutz Taufer wegen der Beteiligung am Überfall auf die deutsche Botschaft in Stockholm am 25. April 1975, bei dem zwei Botschaftsmitarbeiter ermordet wurden, im Gefängnis. Nach seiner Entlassung ging er nach Südamerika. In Brasilien wollte Taufer Bäcker werden, aber landete schließlich in den Favelas - als "ordentlicher, regulärer Entwicklungshelfer nach dem Entwicklungshelfergesetz" für den Weltfriedensdienst, wie er sagt.

"Man kann nicht immer im Vorgegebenen bleiben"

Seinen Weg vom RAF-Terroristen zum Entwicklungshelfer beschreibt Taufer in seiner autobiografischen Schrift "Über Grenzen", die kürzlich im Verlag "Assoziation A" erschienen ist. "Über Grenzen" heiße das Buch, weil man Grenzen überschreiten müsse, wenn man Dinge verändern wolle, so Taufer im Deutschlandfunk Kultur.
"Man kann nicht immer in dem Vorgegebenen bleiben. In meinem Leben habe ich etliche gute Grenzen überschritten, aber auch schlechte Grenzen. Und die absolut negative war natürlich meine Mitverantwortung für die Ermordung von zwei Botschaftsangehörigen 1975 in Stockholm."

In der Haft kamen die Zweifel

Zweifel am Kurs der RAF seien ihm nach und nach in der Haft gekommen: "Ein erster Einschnitt war die Entführung der 'Landshut'-Maschine [am 13. Oktober 1977] mit Mallorca-Urlaubern durch ein Palästinenserkommando, aber mit Unterstützung der RAF", sagt Taufer. "Die Leute, die da entführt wurden, das waren ganz einfach Touristen, Neckermänner, ich weiß nicht was. Und da haben ich und ein anderer Mitgefangener, Karl-Heinz Dellwo, zum ersten Mal das Tabu gebrochen und in Briefen nach draußen die RAF kritisiert."
Jungen Menschen, die heute gesellschaftlichen Stillstand beklagen und Veränderung wünschen, rät Taufer, Grenzen zu überschreiten und warnt gleichzeitig: "Aber sie müssen, wenn sie Grenzen überschreiten, sich sehr genau überlegen, welche Grenzen sie überschreiten können und welche nicht. Und jede Grenzüberschreitung muss – ich sage das mal ganz platt – die bessere zukünftige Gesellschaft abbilden, reflektieren oder ihr zumindest nicht widersprechen."
(uko)

Lutz Taufer: "Über Grenzen. Vom Untergrund in die Favela"
Verlag Assoziation A, Berlin/Hamburg 2017
288 Seiten, 19,80 Euro

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