Lösungssuche im Brexit-Streit

Abschied von den Illusionen

35:43 Minuten
Ein Straßenschild mit der Aufschrift "Money Changed" (Geld wechseln) steht in einer Hecke an der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland.
Besonders umstritten ist derzeit noch, was nach dem Brexit aus der Grenze zwischen Irland und Nordirland wird. © dpa / AP / Peter Morrison
Christoph von Marschall im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 21.01.2019
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Die EU sollte gegenüber Großbritannien hart bleiben, meint der Tagesspiegel-Journalist Christoph von Marschall. Er erwartet, dass am Ende doch ein geregelter Brexit kommt - und sich alle Seiten von ihren Illusionen verabschieden müssen.
Großbritanniens Premierministerin Theresa May will den Abgeordneten des Unterhauses in London darlegen, wie ein geregelter EU-Austritt doch noch gelingen kann. Die Rede ist von einem Plan B, der am 29. Januar im Unterhaus debattiert und abgestimmt werden könnte.
Christoph von Marschall, Redakteur beim Berliner "Tagesspiegel"
Christoph von Marschall, diplomatischer Korrespondent beim Berliner "Tagesspiegel"© picture alliance / Karlheinz Schindler/dpa-Zentralbild/ZB
"Wir haben für keine Lösung eine Mehrheit", sagte der Tagesspiegel-Journalist Christoph von Marschall im Deutschlandfunk Kultur. "Das britische Parlament, aber auch die britische Gesellschaft ist mehrfach gespalten." Es gebe weder eine Mehrheit für den harten Brexit noch für den verhandelten Brexit - noch für das "Drinbleiben". Deshalb bewege man sich in Umwegschleifen, bis sich hoffentlich die Erkenntnis durchsetze, dass es nur mit einem geregelten Brexit funktioniere. "Ich persönlich hoffe, dass die Europäische Union da hart bleibt und nicht irgendwelche Zugeständnisse macht - nur um des lieben Friedens willen - die uns nachher auf die Füße fallen."

Keine Mehrheit für neues Referendum

Dass es zu einem zweiten Referendum kommen könnte, sei eine deutsche Illusion, sagte der außenpolitische Experte: "Es gibt in Großbritannien keine Mehrheit, die das will." Solange die britische Gesellschaft so gespalten sei, sei das über Volksabstimmungen nicht zu lösen. "Die Briten müssen von der Illusion los, dass sie noch wesentlich mehr bekommen könnten als bisher ausgehandelt ist. Und wir hier auf dem Kontinent sollten ein bisschen vorsichtig sein mit dieser Hoffnung, dass sich das alles nochmal ändern könnte und die Briten doch drin bleiben."

Christoph von Marschall, geboren 1959 in Freiburg, studierte Osteuropäische Geschichte und Politikwissenschaften. Seit 1991 ist er Redakteur beim Tagesspiegel, war Leiter der Meinungsredaktion, Washington-Korrespondent und arbeitet heute als diplomatischer Korrespondent. Als erster Helmut-Schmidt-Stipendiat der Zeit-Stiftung und des German Marshall-Funds war er 2017/18 einige Monate in den USA, um sein jüngstes Buch "Wir verstehen die Welt nicht mehr. Deutschlands Entfremdung von seinen Freunden" zu schreiben. Erschienen sind von ihm auch die USA-Bücher: Barack Obama. Der schwarze Kennedy", "Michelle Obama. Ein amerikanischer Traum" und "Was ist mit den Amis los? Über unser zwiespältiges Verhältnis zu den USA".

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