In die Sprachen Afrikas eintauchen
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Seit zehn Jahren kämpft die Literaturreihe "Stimmen Afrikas" für eine größere Bekanntheit afrikanischer Autoren. Im Jubiläumsjahr liegt der Schwerpunkt auf den vielen Sprachen des Kontinents und der richtigen Übersetzung im kulturellen Kontext.
Der Universalitätsanspruch des Westen in der Literatur sei nicht mehr so stark wie früher, erklärt Christa Morgenrath, Gründerin der Literaturreihe "Stimmen Afrikas", in deren Rahmen in diesem Jahr das Festival "Crossing Borders" stattfindet. Es sei ihr wichtig zu zeigen, dass sich da etwas verschoben habe in der globalisierten Welt und es mittlerweile viele Zentren gäbe in der literarischen Welt, so Morgenrath.
Nach zehn Jahren bildungspolitischer Arbeit glaube sie, dass man schon begriffen habe, dass der afrikanische Kontinent "nicht so weit weg ist, wie wir uns ihn immer vorstellen oder wie wir ihn uns wegdenken möchten."
Aufarbeitung des Kolonialismus
Themen in der aktuellen afrikanischen Literatur gebe es mehrere. "Immer wieder natürlich die Auseinandersetzung mit Vergangenheit, damit auch mit dem Kolonialismus. Sehr differenziert und angeknüpft an sehr persönliche Geschichten, die auch danach fragen, welche Rollen jeweils die Menschen in den Ländern, in den kolonialen Strukturen gespielt haben."
Eine Aufarbeitung sei hier sehr, sehr wichtig, meint Morgenrath, da das "Aufschreiben der eigenen Geschichte" ganz wichtig sei, "um überhaupt in die Zukunft zu blicken".
Aber auch Genderfragen sowie emanzipatorischen Bestrebungen und die Frage der sexuellen Orientierung spielten eine immer wichtigere Rolle in der afrikanischen Literatur. "Da sieht man, dass sehr, sehr viel Befreiung und Mut in den Stimmen auch zum Tragen kommen und damit eben auch kritische gesellschaftliche Fragen behandelt und erkämpft werden", erklärt Morgenrath.
An den Kern der Geschichte herankommen
"Bei dem Festival haben wir den Fokus auf afrikanischen Sprachen, weil die meisten Menschen hier in Europa nicht wissen, dass dieser Kontinent über 2000 Sprachen hat, die der Kolonialismus eben auf eine Handvoll europäischer Sprachen reduziert hat." Und da Sprache der Rohstoff der Literatur sei, wirke sich dies natürlich auch auf die Erzählkunst und Erzählweisen aus.
Dies stelle hohe Anforderungen an die Übersetzer, meint Morgenrath. "Wir brauchen sehr viel mehr auch kulturelle und, wenn man so will, auch historische Übersetzung, bis wir an den Kern einer Geschichte herankommen, und das wollen wir auch thematisieren auf diesem Festival und sagen, was Übersetzung alles leisten muss und leisten kann."
Hoffnung auf einen afrikanischen Literaturnobelpreisträger
Für die Zukunft wünscht sich Christa Morgenrath, dass beispielsweise sich auch die Frankfurter Buchmesse noch stärker dem afrikanischen Kontinent öffnen würde. Auch wenn es noch ein großes Stück Arbeit sei, bis die Afrikanerinnen und Afrikaner in den Kanon der Weltliteraturen aufgenommen würden, sei sie optimistisch und drücke jedes Jahr aufs Neue die Daumen, dass der kenianische Schriftsteller Ngũgĩ wa Thiong'o den Literaturnobelpreis bekomme.
(kpa)