Literaturfestival lit.COLOGNE

Vorleser mit Lampenfieber

Autorinnen Saskia De Coster und Connie Palmen im Gespräch.
Spaß am Vorlesen: Die Autorinnen Saskia De Coster (l) und Connie Palmen (r) auf der lit.COLOGNE. © dpa / Picture Alliance / Henning Kaiser
Von Christel Wester · 15.03.2016
In Köln wird vorgelesen – im Dom, im Zoo, auf dem Schiff: Über 100.000 Zuhörer kommen dieses Jahr voraussichtlich zur lit.COLOGNE, um den Autoren zu lauschen. Bekommen Schriftsteller bei solchen Großveranstaltungen Lampenfieber?
Ein Luxushotel mit einer Innenarchitektur der Extraklasse ist die Festivalherberge der lit.COLOGNE: ein denkmalgeschützter ehemaliger Wasserturm.
Normalerweise herrscht hier ein vornehm gedämpfter Ton. Doch jetzt klingt es ein bisschen nach Theaterprobe. Sehen kann man allerdings nichts davon, wenn man die verwinkelte Lobby betritt: sechs Meter hohe Wände aus rotem Ziegel, ein Irrgarten aus inselartigen kleinen Räumen. In einem steht ein Flügel, um den sich Alexander Kluge mit seiner Entourage schart. Der Schriftsteller und Filmemacher nutzt diesen Teil der Hotellobby als Proberaum für seinen Abendauftritt mit Musikdarbietung.

Anspannung und Lampenfieber vor dem Auftritt

Auch sonst konzentrierte Anspannung. Die anreisenden Autoren verschwinden schnell auf ihren Zimmern. Selbst die niederländische Autorin Connie Palmen, die man als Energiebündel auf der Bühne erleben kann, versucht sich unsichtbar zu machen. Martin Walser wirkt blass. Nur Michael Kumpfmüller hängt lässig in der Lobby rum. Er wartet auf ein Interview. Kein Lampenfieber?
"Ich sag mir immer, ich müsste ein bisschen haben, weil das unprofessionell ist, also hab ich ein bisschen, aber nicht sehr viel. Ehrlich gesagt: Ich lese sehr gerne vor."
Lust am öffentlichen Auftritt ist eine Grundvoraussetzung für die lit.COLOGNE, denn die Autoren müssen sich hier in großen Sälen behaupten.
Die belgische Schriftstellerin Saskia de Coster ist zum ersten Mal hier, weil erstmals ein Roman von ihr übersetzt wurde - und sie ist völlig überrascht. Literaturfestivals in Belgien sind superklein und absolut ruhig, sagt sie - und hier kommen die Leute in Scharen, haben Lust am Ausgehen. Das hat sie nicht erwartet.
Ein Patenschaftsauftritt mit der berühmten Kollegin Connie Palmen auf einem Rheindampfer bescherte ihr 600 Zuhörer. Solche Patenschaften haben sich auf der lit.COLOGNE bewährt und schon manche Autoren bekannt gemacht. Connie Palmen selbst liest diesmal sogar aus einem noch unveröffentlichten Roman.
"Es ist unglaublich, dass ich so etwas Blödes tue. Es ist natürlich gar nicht kommerziell, aber ich hab eigentlich immer in Köln ein Buch vorgestellt."
Connie Palmen ist Stammgast auf der lit.COLOGNE. Sie war schon beim Start im Jahr 2001 dabei. Gemeinsam mit Saskia de Coster repräsentiert sie jetzt schon die Länder des Buchmessen-Schwerpunktes im Herbst: Niederlande und Flandern.

Lesefestival statt Branchentreffen

Das Rahmenprogramm beginnt jetzt schon auf der lit.COLOGNE. Etliche flämische Autoren sind nach Köln gereist und treffen abends auf andere Gäste im Festivalcafé. Das befindet sich im Schokoladenmuseum, direkt am Rhein, wo sich Köln durch riesige Panoramafenster wirklich von seiner Schokoladenseite zeigt. Katja Böhne, Pressesprecherin der Frankfurter Buchmesse:
"Hier wird Literatur gelebt, ist mitten in der Gesellschaft drin. Und natürlich ist es für uns die perfekte Bühne."
Aber so ganz will die Frankfurterin den Kölnern die Bühne doch nicht überlassen.
"Es ist natürlich toll, hier mit vielen Verlegern und Autoren und Autorinnen herumzustehen. Wobei ich sagen muss: Bei uns in Frankfurt ist die Party immer noch ein bisschen größer. Aber wer weiß … Der Abend ist ja hier noch jung."

Die lit.COLOGNE ist eben keine Buchmesse. Michael Zöllner, Verleger von Klett-Cotta:
"Aber man merkt, was die lit.COLOGNE insgesamt für den Literaturbetrieb eine vitalisierende Wirkung hat. Auch nachher, wenn es ins Schokoladenmuseum geht, wenn alle Leute zusammensitzen, sich unterschiedlichste Autoren treffen mit Übersetzern, Moderatoren, Verlagsleuten. Das ist schon sehr ungewöhnlich. Es ist auch eine andere Atmosphäre, als wir sie zum Beispiel auf Messen haben, wo das alles sehr professionell ist. Weil wir hier auch direkt mal das Feedback des Publikums testen können."
Die lit.COLOGNE ist weniger ein Branchentreff, sondern ein Lesefestival. So meint Michael Kumpfmüller:
"Literaturbetriebsgespräche interessieren mich null."
Und Connie Palmen:
"Meine größte Freude ist wirklich, meinem Publikum zu begegnen; nicht meine Kollegen. Das amüsiert mich. Aber mein Publikum bringt mir Glück."

Die 16. lit.COLOGNE findet vom 8. bis 19. März 2016 statt.

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