Literatur

    Die Zukunft des Buches

    04.03.2014
    Die Kulturtechnik "Lesen" verändert sich radikal. Mit der Digitalisierung wird das maßgeschneiderte Buch immer greifbarer. Allerdings sammeln Amazon oder Google so immer mehr Daten über die Leser.
    In China boomt zum Beispiel die Online-Literatur. Einen Großteil ihrer Literatur kaufen Chinesen digital - und gerade Fan-Ficton, bei der die Leser mitschreiben können, ist dort ein großes Geschäft. Die Autoren müssen dafür unter ständigem Zeitdruck neue Texte produzieren - und wer nicht dran bleibt, verliert Leser und Geld. Deshalb wird geschrieben, was der Leser will.
    Lesen als öffentliche Angelegenheit
    Auch auf Internet-Seiten wie Lovelybooks oder Goodreads tummeln sich Leser, die nicht mehr einfach nur lesen wollen. In Echtzeit kommentieren sie Romane und Sachbücher, quasseln über Figuren, Handlung und Plot oder diskutieren ganz seriös über literarische Motive und wissenschaftliche Themen. "Social Reading" nennt man das. Das Leseerlebnis wird geteilt - mit anderen Usern, gern auch mit den Autoren selbst, die Rede und Antwort stehen zu ihren Figuren oder Erzählstrategien. Um elektronisch verlegte Texte wuchert ein riesiges Gestrüpp aus Randbemerkungen.
    Auch der Netzexperte Sascha Lobo präsentierte kürzlich mit Sobooks eine neue Buchhandelsplattform, die nicht nur zum Kaufen, sondern auch zum Mitschreiben einlädt. Sobooks ist eines von vielen neuen Experimenten auf dem Buchmarkt, die den Leser ins Buch holen wollen, ihn in ein digitales Gespräch einbinden möchten. "Sobooks heißt Social Books, und was wir erforschen wollen ist, wie man in Büchern diskutieren kann, das ist für uns sehr zentral. Auch deswegen weil wir glauben, dass ein großes ungehobenes Potential, kommerzielles Potential, geschäftliches Potential vorhanden ist", so Lobo.
    Comeback kurzer Texte
    Die Autorinnen Sarah Khan und Chloe Zeegen veröffentlichen für wenig Geld ihre Kurztexte als E-Book. Diese technische Entwicklung werde in Zukunft Einfluss auf das Schreiben haben, sagt Chloe Zeegen. Khan, die schon mehrere Romane in gedruckter Form veröffentlicht hat, ihr E-Book heißt "Der Horrorpilz". Und Chloe Zeegen, deren auf Englisch geschriebenes E-Book den Titel trägt: "I love myself OK?". Beide Texte kann man für 1,99 beziehungsweise 2,99 kaufen, sich herunterladen. Die Autorin Chloe Zeegen erklärt, das Schreiben für ein E-Book sei nicht anders als für Papier: "Für mich persönlich ist noch nicht sehr viel Neues dran. Für mich ähneln E-Books immer noch Büchern aus der körperlichen Welt sehr."
    Der Einfluss des Internets auf das Buch
    Bereits seit 17 Jahren betreibt Wolfgang Tischer die Webseite literaturcafe.de und gehört damit zu den Oldies unter den Bloggern. Er sagt, entscheidend für die Buchverkäufe sind auch jetzt schon die vielen Leute, die Bücher online weiterempfehlen - und nicht nur die Kritiken im Feuilleton. Blogs seien sehr wichtig für die Autoren, um die Leser zu erreichen. "Der Autor muss seine eigene Marke werden. Und das ist ein immer wichtigeres Instrument, je mehr die Kommunikation sich verlagert ins Internet", erklärt der Blogger Wolfgang Tischer.

    Das elektrische Licht kommt heute vom Display und die Vermessung des Lesers hat gerade erst begonnen.
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