Libri kürzt seinen Bestand

Das nächste Problem für kleine Buchhandlungen

07:09 Minuten
Eingeschweißte Bücher stapeln sich in Reihen nebeneinander.
Bücher, eingeschweißt und bereit, den Weg zum Buchhändler oder direkt zum Leser anzutreten. © imago images / photothek
Jörg Sundermeier im Gespräch mit Frank Meyer · 11.12.2019
Audio herunterladen
Ein großer Buchzwischenhändler hat seinen Bestand stark reduziert - das hat Auswirkungen auf kleinere Verlage und den Buchhandel. Der Verleger Jörg Sundermeier über angeblich nicht mehr existente Bücher und die gefährdete Vielfalt auf dem Buchmarkt.
Weihnachten naht - aber wo und wie Bücher kaufen? Die Bestseller bekommt man an jeder Straßenecke, doch bei kleineren Auflagen wird es inzwischen schwieriger.
Seit dem Sommer habe ein großer Buchzwischenhändler rund 250.000 Bücher aus dem Sortiment genommen, berichtet Jörg Sundermeier, der den Verbrecher Verlag leitet und im Vorstand der Kurt-Wolff-Stiftung sitzt.
Das Unternehmen Libri hatte bisher damit geworben, eine Million lieferbare Bücher im Lager zu haben. Das hieß: Die Titel waren von heute auf morgen bestellbar.
Dieser nun um ein Viertel gekürzte Bestand ist auch deswegen ein Problem, weil der andere große Buchzwischenhändler KNV Anfang des Jahres in Konkurs gegangen ist. Er wurde mittlerweile zwar gerettet, aber der Bestand sei noch immer eingeschränkt, so Sundermeier.

Nur noch direkt vom Verlag

Viele Titel sind vor diesem Hintergrund nun nur noch direkt bei den Verlagen zu bekommen - und das dauert manchmal bis zu einer Woche. Für den Buchhändler an der Ecke ist das ein großer Nachteil gegenüber Unternehmen wie Amazon.
Die Kürzung des Libri-Bestands wird von der Kurt-Wolff-Stiftung als hoch problematisch empfunden. Sie hat deswegen einen offenen Brief formuliert:

"Diese Titel tauchen nun auch bei vielen Onlineanbietern und auch in manchen Sortimenten nicht mehr auf, und in allen Verlagen klingeln nun allenthalben die Telefone, da verunsicherte Buchhändlerinnen und Buchhändler fragen, ob denn das Buch noch lieferbar sei – oder überhaupt existiere. Das alles senkt die (in der Regel am Verkauf bemessenen) Honorare der Autorinnen und Autoren, es gefährdet kleinste Verlage in ihrer Existenz, aber auch größere Häuser sehen den Ernst der Lage – Bände aus fortlaufenden Werkausgaben sind plötzlich nicht mehr gefragt, ein Lyrikband einer Klassikerin gilt als nicht mehr bestellbar, ein wichtiges Sach- oder Fachbuch ist quasi unverkäuflich geworden. Und diese Bücher gelten damit als vergriffen! Das wiederum gefährdet die Bibliodiversität, die kulturelle Vielfalt auf dem Buchmarkt."

Jörg Sundermeier verweist noch auf ein weiteres Problem: Gerade wegen des großen Bestands war für viele Buchhandlungen Libri nicht nur Zwischenhändler, sondern auch Suchplattform. Nun sehe es so aus, als seien bestimmte Titel "nie existent gewesen. Und es sind eben immer noch lieferbare Titel. Und das ist dann schon eine große Problematik, auch natürlich für die Autorinnen und Autoren, deren Bücher plötzlich gar nicht mehr lieferbar sind."

"Alle müssen wirtschaftlich denken"

Im eigentlichen Verzeichnis der lieferbaren Bücher, das unter buchhandel.de eingesehen werden könne, seien alle diese Bücher hingegen noch zu finden, sagt der Verlagsleiter.
Das Buch sei eine "heilige Ware", betont Sundermeier. Das sähen allerdings manche Händler nicht ganz so. Klar sei: "Alle müssen wirtschaftlich denken." Es gehe der Stiftung deswegen nun eher darum, eine Sensibilität bei Buchhandlungen und Buchkäufern zu erzeugen - dafür, dass "jede gute Buchhandlung jedes lieferbare Buch besorgen" kann. Man muss dafür nur im richtigen Verzeichnis nachgucken.
(ahe)
Mehr zum Thema