Leuchtfeuer aus Gotha
In Gotha befindet sich Deutschlands größte frühbarocke Schlossanlage - und in ihr das, was "Thüringens Grünes Gewölbe" genannt wird. Die bedeutende Kunstsammlung besitzt viele Meisterwerke und wird für 20 Millionen Euro zum "Barocken Universum" umgebaut.
Besucher, die das erste Mal in Gotha sind, die pittoreske Innenstadt hinter sich lassen, um an Rathaus und Wasserspielen vorbei hügelanwärts zu steigen, kommen meist aus dem Staunen nicht heraus. Denn da oben über der Stadt thront …
Martin Eberle: "… ein gigantisches Schloss, eine Vier-Flügel-Anlage, in deren Mittelpunkt ein, ja doch, sehr riesiger Hof steht. Das Gebäude misst in der Grundfläche 100 mal 140 Meter. Also doch gewaltig! Als 1640 das neue Herzogtum Sachsen-Gotha begründet wurde, brauchte man auch ein neues Residenzschloss. Und so entstand Schloss Friedenstein mitten im Dreißigjährigen Krieg, ein weit sichtbares Symbol für den Frieden mit seiner weißen Fassade, seiner ganz strengen Ordnung. Es ist natürlich ein protestantischer Schlossbau. Also wirklich in dieser herben Strenge öffnet sich der sinnliche Reiz dann vor allem im Inneren."
Martin Eberle ist Direktor der Stiftung Schloss Friedenstein, sozusagen Hausherr hier oben und oberster Hüter ihrer Schätze:
"Alle Sammlungen haben sich erhalten, vor allem auch die Kunstsammlungen mit Werken von Rubens, mit Caspar David Friedrich, Grafiken von Dürer, Schongauer … absolute Meisterwerke von Cranach, wie ich persönlich auch finde, das Bildnis von Maria Magdalena und Christos, eine Gouache auf Pergament. Die Kunstkammer mit Hauptwerken von Dinglinger, Conrat Meid, Skulpturen von Ariane Fries …"
Viele Kunstwerke - ob nun die Arbeiten des Hofjuweliers August des Starken, Johann Melchior Dinglinger, oder auch das sogenannte "Gothaer Liebespaar" von einem unbekannten Künstler - stehen in ihrer Qualität und Bedeutung denen im Grünen Gewölbe oder den Dresdner Gemäldesammlungen in nichts nach.
Führung einer Besuchergruppe vor dem Gemälde "Gothaer Liebespaar": "…In seiner Darstellung auch, es ist ein großartiges Werk der altdeutschen Kunst und in seiner Größe einzigartig in der Kunstwelt. Deswegen nennt man es auch Gothar Liebespaar. ... sonst noch Fragen dazu?"
Mancher Besucher mag sich fragen: Wie ist es möglich, dass die größte frühbarocke Schlossanlage Deutschlands mit einer der kunsthistorisch bedeutendsten Sammlungen der Bundesrepublik derart in Vergessenheit geraten konnte? Dass sie nicht nur von den Touristen, sondern auch von Kuratoren, Kunst- und Kulturwissenschaftlern im wahrsten Sinne des Wortes links liegen gelassen wird?
Martin Eberle: "Bis 1945 waren die Sammlungen hier wirklich weltweit bekannt und sie waren dementsprechend sehr gut veröffentlicht. Diese Veröffentlichung wurde allerdings den Sammlungen 1945 zum Verhängnis, denn hierher kam natürlich die russische Armee auch. Durch die gute Veröffentlichung hat man in Gotha wirklich die gesamten Kunstsammlungen mitgenommen. 1956 bis 58 wurde dann ein Teil der Kunstsammlungen zurückgegeben. Aber das Forschen zu einer fürstlichen Sammlung war zu DDR-Zeiten nicht unbedingt gern gesehen. Man wollte auch nicht unbedingt, dass es in der DDR-Provinz so stark veröffentlicht wird, was man an Kunstschätzen hat, damit der Staatliche Kunsthandel nicht vorbeikommt …"
…und das sprichwörtliche Tafelsilber für Devisen verscherbelt.
Nun sollen die Sammlungen ihren alten Rang in der deutschen Kulturlandschaft zurück erhalten. Mehr als 20 Millionen Euro stecken Bundesregierung, das Land Thüringen und die Stadt Gotha in die Sanierung und Neuausrichtung. Entstehen soll ein "Barockes Universum", das dem Besucher erschließen kann, wie die Fürsten von Sachsen-Gotha die Entwicklung von Kunst und Naturwissenschaften in Deutschland beeinflussten, erklärt Kommunikationsdirektor Dr. Roland Krischke:
"Wir haben hier gerade vor uns ein Relief des Meisters IP. Das ist ein Stück aus einem Stück Birnbaum, das den Sündenfall darstellt, Adam und Eva. Darüber der berühmte Baum mit Blättern, die so filigran sind, dass man nicht mal mit dem Staubpinsel eines Restaurators dran möchte. Und wir haben gerade bei diesem Stück beobachtet: Es war schon immer ausgestellt, aber man hat es früher gar nicht wahrgenommen. Wir haben jetzt hier ein neues Lichtkonzept und eine Licht- und Schattenwirkung erzielt, die diese Plastik dieses Stückes ganz lebendig hervortreten lässt und man schaut die Dinge eben nun ganz anders an."
Auch die bedeutendste Sammlung von Plastiken des klassizistischen Bildhauers Jean-Antoine Houdon außerhalb Frankreichs wird schon bald in neuem Licht präsentiert. Nicht nur im Schloss, sondern vor allem in den Herzoglichen Sammlungen im ältesten englischen Landschaftspark außerhalb Großbritanniens. Die Metamorphose, die sich ohne Schließung vor den Augen der Besucher vollzieht, soll 2014 abgeschlossen sein, erklärt Stiftungsdirektor Martin Eberle:
"Ich denke schon, das wird so ein Paukenschlag für Gotha sein. Die Qualität einfach liegt wirklich in der Provinz. Das haben Sie wirklich in ganz, ganz wenigen anderen Ländern. Dadurch, dass hier überall Höfe waren, haben sich eben auch vorzügliche Sammlungen erhalten. Ich denke, wir müssen uns in Deutschland einfach noch einmal bewusster werden, in welcher kulturellen Dichte wir hier leben, in welchen Traditionsgebieten. Wobei Gotha hier sicherlich ein Leuchtturm auch ist innerhalb dieser reichen deutschen Kulturlandschaft. Dieses Leuchtfeuer wird schon ordentlich weit strahlen. Da bin ich auch fest überzeugt davon."
Informationen zu den Sammlungen des Schlossmuseums Friedenstein in Gotha
Martin Eberle: "… ein gigantisches Schloss, eine Vier-Flügel-Anlage, in deren Mittelpunkt ein, ja doch, sehr riesiger Hof steht. Das Gebäude misst in der Grundfläche 100 mal 140 Meter. Also doch gewaltig! Als 1640 das neue Herzogtum Sachsen-Gotha begründet wurde, brauchte man auch ein neues Residenzschloss. Und so entstand Schloss Friedenstein mitten im Dreißigjährigen Krieg, ein weit sichtbares Symbol für den Frieden mit seiner weißen Fassade, seiner ganz strengen Ordnung. Es ist natürlich ein protestantischer Schlossbau. Also wirklich in dieser herben Strenge öffnet sich der sinnliche Reiz dann vor allem im Inneren."
Martin Eberle ist Direktor der Stiftung Schloss Friedenstein, sozusagen Hausherr hier oben und oberster Hüter ihrer Schätze:
"Alle Sammlungen haben sich erhalten, vor allem auch die Kunstsammlungen mit Werken von Rubens, mit Caspar David Friedrich, Grafiken von Dürer, Schongauer … absolute Meisterwerke von Cranach, wie ich persönlich auch finde, das Bildnis von Maria Magdalena und Christos, eine Gouache auf Pergament. Die Kunstkammer mit Hauptwerken von Dinglinger, Conrat Meid, Skulpturen von Ariane Fries …"
Viele Kunstwerke - ob nun die Arbeiten des Hofjuweliers August des Starken, Johann Melchior Dinglinger, oder auch das sogenannte "Gothaer Liebespaar" von einem unbekannten Künstler - stehen in ihrer Qualität und Bedeutung denen im Grünen Gewölbe oder den Dresdner Gemäldesammlungen in nichts nach.
Führung einer Besuchergruppe vor dem Gemälde "Gothaer Liebespaar": "…In seiner Darstellung auch, es ist ein großartiges Werk der altdeutschen Kunst und in seiner Größe einzigartig in der Kunstwelt. Deswegen nennt man es auch Gothar Liebespaar. ... sonst noch Fragen dazu?"
Mancher Besucher mag sich fragen: Wie ist es möglich, dass die größte frühbarocke Schlossanlage Deutschlands mit einer der kunsthistorisch bedeutendsten Sammlungen der Bundesrepublik derart in Vergessenheit geraten konnte? Dass sie nicht nur von den Touristen, sondern auch von Kuratoren, Kunst- und Kulturwissenschaftlern im wahrsten Sinne des Wortes links liegen gelassen wird?
Martin Eberle: "Bis 1945 waren die Sammlungen hier wirklich weltweit bekannt und sie waren dementsprechend sehr gut veröffentlicht. Diese Veröffentlichung wurde allerdings den Sammlungen 1945 zum Verhängnis, denn hierher kam natürlich die russische Armee auch. Durch die gute Veröffentlichung hat man in Gotha wirklich die gesamten Kunstsammlungen mitgenommen. 1956 bis 58 wurde dann ein Teil der Kunstsammlungen zurückgegeben. Aber das Forschen zu einer fürstlichen Sammlung war zu DDR-Zeiten nicht unbedingt gern gesehen. Man wollte auch nicht unbedingt, dass es in der DDR-Provinz so stark veröffentlicht wird, was man an Kunstschätzen hat, damit der Staatliche Kunsthandel nicht vorbeikommt …"
…und das sprichwörtliche Tafelsilber für Devisen verscherbelt.
Nun sollen die Sammlungen ihren alten Rang in der deutschen Kulturlandschaft zurück erhalten. Mehr als 20 Millionen Euro stecken Bundesregierung, das Land Thüringen und die Stadt Gotha in die Sanierung und Neuausrichtung. Entstehen soll ein "Barockes Universum", das dem Besucher erschließen kann, wie die Fürsten von Sachsen-Gotha die Entwicklung von Kunst und Naturwissenschaften in Deutschland beeinflussten, erklärt Kommunikationsdirektor Dr. Roland Krischke:
"Wir haben hier gerade vor uns ein Relief des Meisters IP. Das ist ein Stück aus einem Stück Birnbaum, das den Sündenfall darstellt, Adam und Eva. Darüber der berühmte Baum mit Blättern, die so filigran sind, dass man nicht mal mit dem Staubpinsel eines Restaurators dran möchte. Und wir haben gerade bei diesem Stück beobachtet: Es war schon immer ausgestellt, aber man hat es früher gar nicht wahrgenommen. Wir haben jetzt hier ein neues Lichtkonzept und eine Licht- und Schattenwirkung erzielt, die diese Plastik dieses Stückes ganz lebendig hervortreten lässt und man schaut die Dinge eben nun ganz anders an."
Auch die bedeutendste Sammlung von Plastiken des klassizistischen Bildhauers Jean-Antoine Houdon außerhalb Frankreichs wird schon bald in neuem Licht präsentiert. Nicht nur im Schloss, sondern vor allem in den Herzoglichen Sammlungen im ältesten englischen Landschaftspark außerhalb Großbritanniens. Die Metamorphose, die sich ohne Schließung vor den Augen der Besucher vollzieht, soll 2014 abgeschlossen sein, erklärt Stiftungsdirektor Martin Eberle:
"Ich denke schon, das wird so ein Paukenschlag für Gotha sein. Die Qualität einfach liegt wirklich in der Provinz. Das haben Sie wirklich in ganz, ganz wenigen anderen Ländern. Dadurch, dass hier überall Höfe waren, haben sich eben auch vorzügliche Sammlungen erhalten. Ich denke, wir müssen uns in Deutschland einfach noch einmal bewusster werden, in welcher kulturellen Dichte wir hier leben, in welchen Traditionsgebieten. Wobei Gotha hier sicherlich ein Leuchtturm auch ist innerhalb dieser reichen deutschen Kulturlandschaft. Dieses Leuchtfeuer wird schon ordentlich weit strahlen. Da bin ich auch fest überzeugt davon."
Informationen zu den Sammlungen des Schlossmuseums Friedenstein in Gotha