Foto-App Lensa

Ungebetene Sexualisierung

11:40 Minuten
Collage aus verschieden großen Pixeln mit den Abbildungen menschlicher Merkmale unterschiedlichster Personen, die ein neues menschliches Gesicht Antlitz.
Die App Lensa hat das Internet im Sturm erobert. © Getty Images / John M Lund Photography
Barbara Wimmer im Gespräch mit Martin Böttcher und Vera Linß |
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Das eigene Porträt in ein Kunstwerk zu verwandeln, das verspricht die Foto-App Lensa. Testerinnen und Tester nannten die Ergebnisse "magisch". Die Netzjournalistin Barbara Wimmer hat es ausprobiert und ist schockiert über den Grad an Sexualisierung.
Um die App Lensa von Prisma Labs ist ein Hype ausgebrochen – von den USA bis Europa. Eigentlich eine ganz normale Fotobearbeitungsapp, um Bilder zu retuschieren, kam kürzlich eine neue Funktion hinzu: Mithilfe von Künstlicher Intelligenz werden aus den hochgeladenen Porträts digital verfremdete Kunstwerke.
„Magische Avatare“, sagt die Netzjournalistin und Buchautorin Barbara Wimmer ironisch-kritisch, in Anlehnung an Influencerinnen und Influencer auf Instagram, die das Wort „magisch“ und „unfassbar“ benutzten, um ihre so entstandenen Avatare zu beschreiben.

Explizite Posen statt Gang durch die Natur

Barbara Wimmer selbst hat Lensa ausprobiert und 15 Fotos von sich hochgeladen. Das Ergebnis hat sie schockiert. „Ich bin Buchautorin, habe zwei Bücher neben mich hingestellt, ich habe einen schwarzen Hoodie getragen. Ein Foto von mir gab es am See, eines vom Wandern, weil ich sehr gerne in der Natur bin“, erzählt sie. Sie erhoffte sich Darstellungen, die dieser Selbstrepräsentation nahekommen.
„Bekommen habe ich dann ein Avatar-Pack mit 100 Fotos, von denen 90 sehr stark sexualisiert waren. Meine Brüste waren gigantisch, auf jeden Fall Doppel-D. Auf vielen Fotos habe ich explizite Posen gemacht, zwischen meine Beine gegriffen. Auf einem Foto ist die Bluse so verrutscht, dass die halbe Brust freigelegt ist.“

Männlicher Blick auf Frauen

Der App Lensa liegt das Open-Source-Machine-Learning-Modell Stable Diffusion zugrunde, gefüttert mit Millionen öffentlich verfügbaren Bildern, unter anderem von Kunstwerken. „Es sind sehr viele Bilder im Internet, die Frauen in einer ganz bestimmten Art und Weise darstellen. Und gerade im Kunstbereich dominiert oft dieser männliche Blickwinkel“, sagt Wimmer. Blonde und asiatische Lensa-Nutzerinnen scheinen besonders von dieser Sexualisierung betroffen zu sein, oder Rothaarige wie Barbara Wimmer.
Hinzu kommt: Wer Lensa nutzt, überträgt der App die Nutzungsrechte an den Fotos. Lensa darf damit werben und die Bilder sogar weiterverkaufen. Zudem besteht die Gefahr, dass Nutzende dort – wenn auch unerlaubt – Fotos von anderen hochladen – zum Beispiel solche von Ex-Freund:innen.
„Das ist eine der größten Gefahren dieser App“, meint die Netzjournalistin. „Bei manchen dieser Avatare ist es auf den ersten Blick nicht ersichtlich, dass das jetzt ein künstlich generiertes Bild ist.“ Da bestünde durchaus die Gefahr von Revenge Porn – also der Weiterverbreitung von sexuell expliziten Fotos ohne Einwilligung.

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