Laumann: Kurzarbeiter-Regelung nicht über die Krise hinaus fortschreiben

Karl-Josef Laumann im Gespräch mit Hanns Ostermann |
Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat sich im Vorfeld der zweiten Runde der Metall-Tarifverhandlungen im Pilotbezirk Nordrhein-Westfalen gegen eine generelle Verlängerung des Kurzarbeitergeldes ausgesprochen.
Hanns Ostermann: Heute könnte der Groschen fallen, es könnte eine vorentscheidende Runde bei den Tarifverhandlungen in der Metallindustrie werden. In Düsseldorf und Stuttgart treffen sich die beiden Verhandlungskommissionen, wobei die IG Metall zum ersten Mal in der Geschichte auf konkrete Lohnforderungen verzichtet hat. Der Schutz vor Entlassungen hat absolute Priorität – kein Wunder angesichts der Lage der Automobilindustrie. Schwierigkeiten aber macht die Kurzarbeit: Läuft die aus, dann stehen 700.000 Jobs auf der Kippe, so IG-Metall-Chef Berthold Huber. Gesucht wird also nach Auswegen, über die ich jetzt mit dem nordrhein-westfälischen Arbeitsminister Karl-Josef Laumann von der CDU sprechen möchte. Guten Morgen, Herr Laumann!

Karl-Josef Laumann: Ja, schönen guten Morgen!

Ostermann: Wie prekär ist aus Ihrer Sicht die Lage? Stehen wirklich so viele Arbeitsplätze auf dem Spiel?

Laumann: Also, erst einmal muss man ja sehen, dass wir bis Ende des Jahres die Kurzarbeit weitermachen können, wie wir das jetzt seit zwei Jahren gewohnt sind. Es haben ja auch längst nicht alle Firmen sofort, vor zwei Jahren, mit Kurzarbeit angefangen, sondern dass sie nach hinten noch viel mehr Luft haben. Also, das heißt, wir müssen zumindestens erreichen, dass Unternehmen auch 24 Monate Kurzarbeit machen können, also, dass diejenigen, die später angefangen sind, auch länger Kurzarbeit machen können. Ich halte ja ohnehin die Kurzarbeit für ein sehr intelligentes Instrument, um arbeitsmarktpolitisch durch diese Krise zu kommen, denn ein Mensch, der kurzarbeitet, ist natürlich schon anders drauf und noch anders im Arbeitsprozess eingebunden wie jemand, der entlassen worden ist.

Ostermann: Also ist die Lage nicht so prekär, wie sie von beiden Seiten derzeit geschildert wird?

Laumann: Ich glaube, dass man sehen muss, dass wir bei der Kurzarbeit noch eine Menge Luft haben und ich weiß auch nicht: Wie ist der Arbeitsmarkt im Januar nächsten Jahres? Kein Mensch kann sagen, wie lange dauert diese Krise, in welchem Umfang, gerade im produzierenden Gewerbe, an, sodass man natürlich hier sich auch noch mal den einen oder anderen Monat schlicht und ergreifend die Entwicklung anschauen muss.

Ostermann: Nun hat der Bundesrat in der letzten Woche sogar darauf gedrängt und den Antrag gestellt, das Kurzarbeitergeld auf bis zu 42 Monate zu verlängern. Der Ball liegt doch jetzt wohl im Feld der Koalition in Berlin. Was spricht gegen diesen Vorschlag?

Laumann: Also ich würde mal genau abwägen, wenn man den Tarifvertrag jetzt der IG Metall mit den Metallarbeitgebern kennt, was dann zu tun ist. Es ist ja auch für mich als Arbeitsminister schwer, einen Tarifvertrag zu kommentieren, der noch gar nicht da ist. Ich glaube, dass die Bundesregierung in Berlin bis jetzt mit der Krise sehr verantwortungsbewusst umgegangen ist. Die vielen Stützungsmaßnahmen für Unternehmen wie das Kurzarbeitergeld für die Arbeitnehmer hat sicherlich dazu geführt, dass Deutschland sozialverträglich durch diese Krise bis jetzt gekommen ist, wie andere Länder in Europa, und warum sollten wir auf diesem Weg nicht vernünftig weitermachen?

Ostermann: Aber sind Sie ein Vertreter dieser Haltung, dass man das Kurzarbeitergeld möglicherweise auf bis zu 42 Monate verlängern sollte?

Laumann: Also, man muss jetzt einfach – ich kann das heute nicht beurteilen –, man muss einfach sehen: Wie lange dauert die Krise an? Ich glaube nicht, dass wir diese Kurzarbeiterregelung über die Krise hinaus fortschreiben sollten, und deswegen würde ich mich immer nicht über einen Zeitpunkt in Monaten so gerne unterhalten, sondern mich lieber unterhalten über die Frage: Wie lange haben wir eigentlich mit dieser Wirtschaftskrise noch erhebliche Auftragsrückgänge in den produzierenden Bereichen? Denn Kurzarbeit, das muss man auch sehen, ist ein sehr teures Instrument und dass es heute zu 100 Prozent nahezu dann vom Staat finanziert wird, ist eine Ausnahmesituation und muss eine Ausnahmesituation – auf diese Krise bezogen – bleiben. Und ich glaube nicht, dass irgendein Mensch heute sagen kann: Braucht man dafür noch 10 Monate, 15 Monate oder die von Ihnen angesprochenen 42 Monate?

Ostermann: Völlig klar, da liegt vieles im Augenblick im Argen beziehungsweise man kann natürlich nicht in die Zukunft schauen, aber es werden natürlich die Rufe nach dem Staat immer lauter, nicht zuletzt auch durch IG-Metall-Chef Berthold Huber. Kosten sollen übernommen werden, auch, was die Sozialabgaben betrifft, vom ersten Tag an, und zwar durch den Staat. Man könnte ja auch umgekehrt fragen: Wo bleibt da eigentlich noch die unternehmerische Verantwortung?

Laumann: Also, erst mal haben wir jetzt eine Regelung, wo wir sagen: Kurzarbeit wird ab dem sechsten Monat vom Staat in besonderer Weise privilegiert. Ich glaube, dass sich das bewährt hat, denn die Unternehmen, die von der Krise betroffen sind, haben ja diese sechs Monate längst hinter sich. Und das ist schon wahr: Wenn jeder Produktionsausfall von vornherein durch die Arbeitslosenversicherung abgedeckt wird, dann hat man in der Frage der Beschäftigung kaum noch eine unternehmerische Verantwortung, und hier wieder die Waage zu finden, ist natürlich auch eine wichtige Aufgabe, die die Politik schaffen muss. Die jetzige Regelung, dass die sogenannten Remanenzkosten ganz übernommen worden sind, ist eine Regelung, die man nur erklären kann mit dieser großen Krise. Dafür ist es das richtige Instrument, und ich möchte dieses Instrument natürlich so lange, wie wir unter der Krise am Arbeitsmarkt leiden, auch behalten.

Ostermann: Herr Laumann, bei den Verhandlungen spielt auch die Altersteilzeit eine Rolle, für deren Verlängerung sich beide Seiten stark machen. Die Koalition in Berlin ist dagegen. Zu Recht?

Laumann: Also, ich glaube, dass wir sehr vorsichtig sein sollten, jetzt wieder das Fass vom Vorruhestand aufzumachen. Das ist vollkommen klar, Arbeitgeber und Gewerkschaften einigen sich immer sehr schnell darauf, wenn man die Rechnung dann den Sozialversicherungen zustellt. Das ist schon seit 20 Jahren in Deutschland so. Ich glaube nicht, dass wir wirklich nach außen kommunizieren können, dass auf der einen Seite der Arbeitnehmer, der in einem mittelständischen Betrieb arbeitet, in der Regel demnächst bis 67 arbeitet, und die, die in den Großbetrieben sind, nach wie vor staatlich geförderte Zeitarbeit haben. Wir haben weiterhin die Möglichkeit, Altersteilzeit zu machen, das Einzige, was es nicht mehr gibt, ist die 20-prozentige Förderung der Bundesagentur für Arbeit. Es gibt nach wie vor die steuerlichen Privilegien, und wenn eine Branche sich auf Altersteilzeit verständigt, finde ich, muss auch diese Branche das nötige Geld dafür aufbringen.

Ostermann: Der Arbeitsminister in Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann von der CDU. Herr Laumann, danke Ihnen für das Gespräch heute früh!

Laumann: Ja. Wiederhören! Tschüss!
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