Krieg in der Ukraine und Ernährung

Quallen statt Weizen?

07:33 Minuten
Mehrere Quallen treiben im Wasser.
Kommen Quallen bald getrocknet auf unsere Teller? In Asien werden sie bereits so gegessen. © Unsplash / Laura Nyhuis
David Spencer im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 30.03.2022
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Der Krieg in der Ukraine lässt die Lebensmittelpreise steigen. Das kann man abfedern, glaubt der Biologe David Spencer: Wir sollten unsere Ernährung umstellen, zum Beispiel auf Meeresspargel und Quallen. Auch Gentechnik solle nicht verteufelt werden.
Wie bei anderen Lebensmitteln steigen auch bei Bioprodukten in Folge des Ukrainekriegs die Preise. Denn gentechnikfreies Futter zum Beispiel kommt aus der Ukraine und der russischen Schwarzmeerregion.
Oft gingen die Getreideprodukte aus der Ukraine und Russland aber auch in die Bioenergieproduktion in Form von Biogas oder Bioethanol, sagt der Biologe David Spencer – oder auch in die Tiermast.
Die Regierung versuche, das abzupuffern, indem zum Beispiel die Getreideanteile im Tierfutter kurzfristig durch Grünfutter ersetzt werden. „Aber meiner Meinung nach wäre ein viel größerer Hebel, wenn wir alle weniger Tierprodukte kaufen, zumindest kurzfristig, um den Markt zu entlasten“, erklärt Spencer.

Großes Potenzial bei "innovativen Pflanzensorten"

Als Alternative setzt Spencer auf das noch unerschlossene Potenzial bei Pflanzen. Wir Menschen begnügen uns in unserer Ernährung inzwischen mit 30 von circa 30.000 Pflanzenarten. Er sehe häufig neue Forschungsergebnisse zu „wirklich innovativen Pflanzensorten, für die es vielleicht noch nicht einmal einen deutschen Namen gibt“, so Spencer, der auf Pflanzenforschung spezialisiert ist.

Krieg in der Ukraine: Alle aktuellen Entwicklungen finden Sie in unserem Newsblog.

Das bedeute auch, dass wir unsere Esskultur ändern müssen. Zum Beispiel könne in Zukunft Meeresspargel, auch Queller genannt, auf den Tisch kommen. Den gebe es manchmal auch im Supermarkt in der Kulinarikabteilung, so Spencer. Queller ist eine Salzpflanze, die auf salzigen Böden gedeiht, wo andere Nutzpflanzen nicht wachsen. Man könne sie mit Salzwasser wässern, was Trinkwasser sparen würde.

Meeresspargel und getrocknete Qualle

Wenn man „ein bisschen rumspinnen“ wolle, könne man zum Beispiel auch in der Aquaponikkultur, bei der bereits Fischzucht mit Tomatenanbau kombiniert wird, Queller mit Quallen zusammenbringen, die beide im Salzwasser lebten. „Und so ein trinkwasserfreies Nahrungsangebot schaffen für die Menschen der Zukunft.“ Qualle zu essen, klinge „vielleicht erst einmal ein bisschen befremdlich“, räumt Spencer ein. „Aber in Fernost ist das gar nicht so unüblich, getrocknete Quallen zu essen.“ Er selbst habe Qualle noch nicht versucht.
Zudem gebe es auch Energiepflanzen, „die wir noch nicht angetastet haben“, erklärt Spencer. Und Pflanzen, die im Anbau wohl weniger Pestizide und Dünger benötigen. „Da ist noch viel zu tun.“ Es scheitere aber meist daran, dass Forschungsgelder oder der nötige politische Mut fehlten, um solche Projekte auf den Weg zu bringen.

"Immer feinere Methoden der Gentechnik"

Spencer mahnt auch an, Methoden der Gentechnik mehr zu nutzen. Sie sei – neben digitalen und ackerbaulichen Lösungen – eine von vielen Methoden, um die Landwirtschaft so effizient und ökologisch wie möglich zu machen.
Denn die grüne Gentechnik mache Pflanzen unabhängiger, beispielsweise von Dünger, Pflanzenschutz- oder Unkrautbekämpfungsmitteln. Und sie erlaube es, nicht nur auf immer mehr Ertrag zu zielen, sondern auch die Pflanzen resilienter gegen den Klimawandel zu machen. „Die Methoden der Gentechnik werden immer feiner, und wir verstehen immer mehr, wie wir sie einsetzen können.“
Außerdem müsse vielleicht auch der Begriff „biologische Landwirtschaft“ neu definiert werden. Denn momentan seien die die Regularien im Ökolandbau so, dass bestimmter Einsatz von Technologie oder Spritzmitteln nicht erlaubt ist.
„Das führt dazu, dass wir dort eine viel größere Fläche brauchen, um den gleichen Ertrag zu erbringen.“ Das könnten wir uns heute nicht mehr leisten.
(abr)

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