Lakonisch Elegant

#91 Diversity-Check im Film – Funktioniert Vielfalt per Formular?

44:31 Minuten
Eine junge Frau steht in einer Lichtprojektion, die aus farbigen Quadraten besteht.
Ist eine Checkliste für mehr Diversität im Film der richtige Schritt, um die ganze Bandbreite der Gesellschaft wirklich abzubilden? © EyeEm / Patricia Davies Boyce
Von Christine Watty und Johannes Nichelmann  · 09.07.2020
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Wie bekommt man Diversität in den Film? Die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein versucht es mit einem Fragebogen rund um Besetzung und Rollenverteilung. Darüber diskutieren Schauspielerin Mateja Meded und Schauspieler und Produzent Tyron Ricketts.
Filmschaffende, die Unterstützung der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH) erhalten möchten, müssen in Zukunft zunächst ein kleines Ankreuzspiel mitmachen.


Das geht dann beispielsweise so:
Greift die Geschichte eins oder mehrere der nachfolgend genannten Themen direkt auf?

a) Alltag in der dritten Lebensphase
b) Geschlechterrollen
c) Hautfarbe bzw. People of Color
d) Leben mit Behinderung
e) Mehrgeneratives Zusammenleben
f) Migration und Vertreibung
g) religiöse oder weltanschauliche Fragen
h) sexuelle Identitäten
i) sozioökonomischer Status.

Gegen Rollenklischees

Fragen wie diese sollen die Fördernehmerinnen und Fördernehmer für das Thema "Diversität" sensibilisieren. Immerhin ist das ja mal eine Idee, die konkret helfen könnte: Gegen die gähnende Langeweile bei den regelmäßig auftauchenden Diskussionen, wenn mal wieder jemand bemerkt, dass BPoC-Schauspielerinnen und Schauspieler im deutschen Fernsehen meist immer noch eher Gangster oder Putzhilfen spielen dürfen – um dann nichts zu ändern.

Kann ein Formular helfen?

Der Schauspieler Tyron Ricketts versucht mit seiner Produktionsfirma "Panthertainment" seit Jahren, mehr Diversität in Film und Fernsehen zu vermitteln. Klar, er findet den Diversity-Check gut und war diesbezüglich mit der Filmförderung auch im Gespräch.
Aber es tun sich dennoch Fragen auf: Hilft das jetzt? Stoppt es Kreativität? Denken sich dann alle ähnliche Geschichten aus? Werden dadurch Strukturen verändert oder nur Feigenblattbesetzungen erreicht? Demütigt das am Ende sogar Schauspieler*innen mit so genanntem Migrationshintergrund, die fürs Fördergeld schnell noch irgendwo reingeschrieben werden?

Notwendige Strukturveränderungen

Die Schauspielerin Mateja Meded kennt Diskriminierung im Film und Theater und glaubt dennoch nicht an die Wirksamkeit eines Diversity-Checks. In der "Welt" schrieb sie: "Vor und hinter der Kamera muss es mehr Diversität geben, aber aufgrund eigener Erfahrungen traue ich keinen Richtlinien und ideologischem Ejakulat in der Kunst." Ja, gut, dann sollen die beiden, Ricketts und Meded, miteinander streiten. Hier in "Lakonisch Elegant": über Diversität, Fragebögen, neue Abbilder unserer Gesellschaft, Auswege aus den immergleichen Diskussionen – und Kunst!
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