Lage auf Intensivstationen

Operationen verschieben, Patienten verteilen

08:24 Minuten
Zwei Krankenhausmitarbeitende stehen an einem Intensivbett und kümmern sich um einen Patienten.
Zwei Krankenhausmitarbeitende an einem Intensivbett © imago / Ralph Lueger
Christian Karagiannidis im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 23.11.2020
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Immer mehr Covid-Patienten liegen auf Intensivstationen. Die Lage sei viel angespannter als bei der ersten Welle, warnt der Intensivmediziner Christian Karagiannidis. Von den Bundesländern fordert er klare Vorgaben, sollten Kliniken überlastet sein.
Die Zahl der Patienten, die an Covid-19 erkranken und intensivmedizinisch versorgt werden müssen, geht immer weiter nach oben. Die Stationen seien voll, auch mit anderen Patienten, sagt der Kölner Lungenarzt und Intensivmediziner Christian Karagiannidis. Insgesamt beschreibt er die Situation so:
"Wir sind sicherlich nicht so extrem belastet, wie das zum Beispiel Italien, Frankreich oder die Schweiz jetzt sind, wir haben immer noch Reservekapazitäten in Deutschland. Aber die Situation ist deutlich angespannter als im Sommer oder auch zu Teilen in der ersten Welle."

Noch rund 5.000 Intensivbetten frei

Zwar gebe es formal gesehen mit rund 5.000 Intensivbetten im Erwachsenenbereich deutschlandweit noch "relativ viele" freie Betten. Doch es nütze wenig, wenn in Köln eines gebraucht werde und dafür in Mecklenburg-Vorpommern eines frei sei.
Es sei wichtig, auf regionale Überlastungssituationen zu schauen. "Da ist es eminent wichtig, dass wir von den Ländern Vorgaben haben, wie wir damit umgehen sollen", fordert Karagiannidis.
Ein wesentlicher Punkt seien verschiebbare Operationen. In diesen Fällen könne man freiwerdendes Personal auf Intensivstationen versetzen. Die Bundesländer müssten aber auch darüber nachdenken, wie sie Patienten innerhalb eines Bundeslandes verteilen könnten. Nur Berlin und Hessen hätten sich darüber "dezidiert Gedanken gemacht", so der Arzt. Insbesondere Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Baden-Württemberg müssten dies auch "ganz dringend" tun.

Insgesamt wird Deutschland wohl zurechtkommen

Mit Blick auf die nähere Zukunft ist sich Karagiannidis jedoch "relativ sicher", dass Deutschland nicht in eine Situation wie die Schweiz gerate, wo man aktuell entscheiden müsse, wer überhaupt auf eine Intensivstation aufgenommen werden könne.
Deutschland habe durch das Herunterfahren von Operationen eine "geheime Reserve" von ungefähr 12.000 Betten. Das habe so kein anderes europäisches Land, meint Karagiannidis. Er glaube deshalb, "dass wir, selbst wenn die Welle noch stärker wird, damit insgesamt zurechtkommen".
(bth)
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