Kurz und kritisch

10.03.2013
Elias Bierdel und Maximilian Lakitsch zeigen in ihrem Buch den richtigen Umgang mit der Krise und Denkanstöße für eine gerechte Zukunft auf. Hermannus Pfeiffer versucht in seinem Werk verständlich zu machen, was auf den Finanzmärkten weltweit geschieht.
Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehen entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.

Diese Zeilen hat Jakob von Hoddis formuliert, unter der Überschrift "Weltende". Jetzt, rund 100 Jahre später, stehen diese Zeilen am Anfang eines Bandes, der dieses "Weltenende" verhindern will. "Wege aus der Krise" heißt der Sammelband voller Vorträge, die die Zukunfts-Thesen skizzieren.

Wir lesen von einem Leben ohne Supermarkt. Wir erfahren, dass die europäischen Grenztruppen Frontex abgeschafft und die Grenzen geöffnet gehören. Wir erfahren einiges über gewaltfreie Kommunikation und darüber, wie eine "Solarspargesellschaft" aussehen könnte. Und wir erkennen die Gefahren, wenn mit dem Vertrauen in den Kapitalismus auch das Vertrauen in die Demokratie schwindet.

Der Band versammelt spannende Denkanstöße, doch kaum ein Autor schafft es, sie überzeugend auszuführen. Stattdessen schwadronieren sie von der "Effizienz- und Konsistenzrevolution" – und präsentieren Graphiken, die anscheinend keinen Zweck haben als Eindruck zu schinden. Was jedoch nicht gelingt. Auch gelegentliche kleine Zitat- und Rechen-Fehler vergrößern das Vertrauen nicht.

Warum also dieses Buch lesen? Weil es trotz aller Schwächen vielfältige Diskussionen anstoßen kann. Und diese können wir gebrauchen – 100 Jahre nach dem "Weltende".

Wege aus der Krise. Ideen und Konzepte für Morgen, herausgegeben von Elias Bierdel und Maximilian Lakitsch. 208 Seiten. Lit-Verlag. Gedruckt 9,80 Euro, als Download beim Verlag 4,80 Euro.


Es ist ein gewaltiges Unterfangen, das sich Hermannus Pfeiffer da vorgenommen hat. Der Wirtschaftswissenschaftler und Autor der "Zeit", der "Frankfurter Rundschau" und der "taz" will in seinem Buch "Der profitabale Irrsinn" verständlich machen, was auf den Finanzmärkten weltweit geschieht, was zur Großen Krise geführt hat, wer davon profitierte und profitiert.

Der Reihe nach handelt er die Akteure, die Werkzeuge und die Mechanismen der Finanzwirtschaft ab. Der Leser findet etliche interessante Details: Zum Beispiel, wie dramatisch sich das Verhältnis von weltweiter Real- und Finanzwirtschaft gedreht hat – und dass die monetären Vermögenswerte inzwischen dreieinhalb Mal so hoch sind wie die wirklichen, die handfesten Werte. Oder dass vier von fünf Derivaten außerhalb von Börsen jenseits aller Kontrollen gehandelt werden. Und dass es inzwischen elf Millionen Millionäre auf der Welt gibt, die unfassbare 42,7 Billionen Dollar Vermögen horten.

Allerdings verdient sich diese Details nur der Leser, der durchhält. Hermannus Pfeiffer weiß viel, aber dieses Wissen reiht er im Stile überlanger Lexikonartikel uninspiriert aneinander. Immer wieder kommentiert Pfeiffer das gerade in nüchternem Ton Erzählte mit einem unpassenden: "Irrsinn" oder "irrsinnig". Diese Liebe des Autors zum eigenen Titel nervt auf Dauer.

Der profitable Irrsinn. Was auf den Finanzmärkten geschieht und wer dabei gewinnt, von Hermannus Pfeiffer. 256 Seiten. Ch. Links Verlag. Gedruckt 16,90 Euro. Auch als Ebook erhältlich.
Cover: "Elias Bierdel, Maximilian Lakitsch: Wege aus der Krise"
Cover: "Elias Bierdel, Maximilian Lakitsch: Wege aus der Krise"© Lit-Verlag