Kurz und Kritisch

Blutige Lügen zur Stimmungsmache

Ein Panzerfahrzeug der Wehrmacht, gefolgt von Soldaten auf Motorrädern, in der Stadt Minsk während des Rußland-Feldzuges im August 1941.
Krieg ist brutal, die Propaganda für ihn auch. © picture-alliance / dpa / UPI
Von Christian Rabhansl |
Soldaten, die Babyhände essen, die Babys aufspießen - ein Klassiker der Kriegspropaganda. Eva Schweitzer entlarvt in "Amerikas Schattenkrieger" solche Lügen. Allerdings fehlt der Fülle an Fakten ein roter Faden.
Kriegspropaganda ist blutig. Britische und amerikanische Zeitungen berichteten vor einhundert Jahren von deutschen Soldaten, die belgischen Babys die Hände abtrennten, um diese dann zu kochen und zu essen. In der New York Times spießte ein deutscher Soldat ein Baby auf sein Bajonett und trug es vor sich her.
Beide Geschichten sollten die amerikanische Bevölkerung auf den Weltkrieg einstimmen. Das Motiv - grausamer Soldat gegen wehrlose Kleinkinder - ist Standard in der Kriegspropaganda. 1990 etwa hatten angeblich irakische Soldaten in Kuwait Frühgeborene aus den Brutkästen geholt und sie zum Sterben auf den Boden gelegt. Diesmal sollte die Lüge den Golfkrieg rechtfertigen.
Eva Schweitzer entlarvt in ihrem Buch "Amerikas Schattenkrieger" nicht nur solche Leitmotive. Die Journalistin hat eine beeindruckende Materialfülle zur Geschichte der Kriegspropaganda zusammengestellt. Sie schildert, wie manch Hollywood-Studio erst durch Propagandafilme groß wurde, wie später im Kalten Krieg Feindbilder funktionierten und wie bis heute die öffentliche Meinung beeinflusst wird.
Eva Schweitzer konterkariert ihr eigentliches Ziel
Wie plump doch die die Propaganda der Vergangenheit erscheint! Obwohl bei genauem Hinsehen heutige Manipulationsversuche kaum subtiler sind.
Eva Schweitzer hat auf 400 Seiten eine Fülle an Fakten zusammengestellt - aber leider kaum sortiert. Zahlen und Namen, originelle Anekdoten und faszinierende Details, aber keine klare These, kein erkennbarer roter Faden. So entsteht der Eindruck einer bloßen Materialsammlung.
Da nützt es wenig, dass sich gleich das Vorwort gegen Verschwörungstheorien richtet: Wer so wenig einordnet und bewertet wie Eva Schweitzer in diesem Buch, bestätigt vor allem das dumpfe und unreflektierte Gefühl, immer und überall belogen zu werden. Und damit konterkariert die Autorin das, was erkennbar ihr eigentliches Ziel ist: eine differenzierte Sichtweise frei von Propaganda.

Eva C. Schweitzer: "Amerikas Schattenkrieger - Wie uns die USA seit Jahrzehnten ausspionieren und manipulieren"
Piper Verlag, München 2015
400 Seiten, 22,99 Euro (als Ebook 16,99 Euro)

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