Kurz und kritisch
Um die Vision von einer fabelhaften neuen Wirtschaftswelt geht es Holm Friebe und Thomas Ramge in "Marke Eigenbau". Eine Hommage an Jörg Immendorf bietet der Bildband aus dem Prestl-Verlag und Bernd Wulffen widmet sich in "Kuba im Umbruch" dem Machtwechsel von Fidel zu Raúl Castro.
Holm Friebe, Thomas Ramge: Marke Eigenbau - Der Aufstand der Massen gegen die Massenproduktion
Campus Verlag, Frankfurt am Main
Ein Aufstand gegen die Massenproduktion? Selbermachen als Gegenentwurf zur anonymen industriellen Fertigung? Mit jenen kühnen Gedanken ziehen Holm Friebe und Thomas Ramge in ihrem Buch "Marke Eigenbau" gegen die ungehemmte Globalisierung zu Felde. Und beschwören die Vision einer fabelhaften neuen Wirtschaftswelt. Doch deren Vorraussetzung beruht auf einer reichlich schöngeistigen Utopie: Einer mündigen Gesellschaft, deren Mitglieder bewusst konsumieren und produzieren, wie es ihrem Lebensstil entspricht. Die sich für qualitativ Hochwertiges entscheidet und "Geiz ist Geil"-Kampagnen zum Teufel schickt. Die Handgefertigtes aus edlen kleinen Manufakturen als Statussymbol versteht und damit die Aussicht neuer Absatzmärkte beschwört. Den Autoren geht es nicht einzig um die Produktion und den Vertrieb der selbst gemachten Produkte: "Marke Eigenbau" entwirft vielmehr das Gesamtbild einer Wirtschaft, die sich als Gegenentwurf zur nivellierenden Massenproduktion positionieren möchte. Als Patentrezept für eine gerechtere Wirtschaftsordnung taugt "Marke Eigenbau" indes wenig. Als Denkanstoß für einen Kapitalismus jenseits von schlichten Absatz- und Verkaufszahlen hingegen schon.
Jörg Immendorff - Bildband
Prestl Verlag, München
Malerfürst, politischer Provokateur, Urvater der "Jungen Wilden", geniales Selbst-Inszenierungsgenie: Wenn es um den Beuys Schüler Jörg Immendorff geht, scheint kaum ein Superlativ zu hoch gegriffen. Umstritten bleiben indes die in Umlauf gebrachten Kopien seiner Bilder, die Immendoff als eigene Werke ausgab. Was ist echt, was nur Kopie und was im Auftrag gemalt? Wer sich indes weniger mit Zahlen und Kapitalanlagen, dafür umso intensiver mit Werk und Schaffen des politischsten aller deutschen Künstler beschäftigen möchte, bekommt jetzt Gelegenheit dazu. "Jörg Immendorff" heißt schlicht ein rund 120 Seiten starker Bildband des Prestel Verlags. Nebst einer pointierten Erläuterung seines Anspruchs widmet sich das Werk insbesondere den letzten beiden Lebensjahren des unheilbar an der Immunkrankheit ALS erkrankten Künstlers. Eine lesens- und sehenswerter Nachruf und eine Hommage an einen der bedeutendsten Künstler der deutschen Nachkriegszeit.
Bernd Wulffen: Kuba im Umbruch. Von Fidel zu Raúl Castro
Christoph Links Verlag, Berlin.
Kuba Libre? Wer bei dem Inselstaat in der Karibik an launige Sonnenuntergänge und hochprozentige Rumcocktails denkt, sei gewarnt. Denn in wenigen Monaten feiert die kommunistische Revolution ihr 50-jähriges Bestehen. Für die über 11,5 Millionen Kubaner gibt es jedoch wenig zu feiern, für die meisten geht es um den täglichen Überlebenskampf. Ein Kenner des Landes und der politischen Situation vor Ort ist der ehemalige deutsche Botschafter Bernd Wulffen. Nach "Eiszeit in den Tropen" erscheint jetzt von ihm "Kuba im Umbruch. Von Fidel zu Raúl Castro". Wulffen zeichnet darin ein eher nüchternes Bild jenseits von Karibikromantik und kubanischem Aberglauben und legt eine scharfsichtige Analyse des Landes der Improvisationskünstler vor. Doch wie stehe die Chancen für einen Politikwechsel nach dem Abgang des Commandante? Eher schlecht. So lange die Castro-Clique weiter das Zepter in der Hand halte - so der Autor - würden auch längst überfälligen Reformen weitgehend ein Fremdwort bleiben. Kuba Libre! Die Zeit muss wohl noch kommen, in der die kommende Generation ihre Parole für Freiheit auf den Straßen skandiert.
Buchtipp von Gesine Schwan: "Die Chancen der Globalisierung" von Joseph E. Stiglitz. Übersetzt von Thorsten Schmidt, Siedler Verlag, München 2006
Campus Verlag, Frankfurt am Main
Ein Aufstand gegen die Massenproduktion? Selbermachen als Gegenentwurf zur anonymen industriellen Fertigung? Mit jenen kühnen Gedanken ziehen Holm Friebe und Thomas Ramge in ihrem Buch "Marke Eigenbau" gegen die ungehemmte Globalisierung zu Felde. Und beschwören die Vision einer fabelhaften neuen Wirtschaftswelt. Doch deren Vorraussetzung beruht auf einer reichlich schöngeistigen Utopie: Einer mündigen Gesellschaft, deren Mitglieder bewusst konsumieren und produzieren, wie es ihrem Lebensstil entspricht. Die sich für qualitativ Hochwertiges entscheidet und "Geiz ist Geil"-Kampagnen zum Teufel schickt. Die Handgefertigtes aus edlen kleinen Manufakturen als Statussymbol versteht und damit die Aussicht neuer Absatzmärkte beschwört. Den Autoren geht es nicht einzig um die Produktion und den Vertrieb der selbst gemachten Produkte: "Marke Eigenbau" entwirft vielmehr das Gesamtbild einer Wirtschaft, die sich als Gegenentwurf zur nivellierenden Massenproduktion positionieren möchte. Als Patentrezept für eine gerechtere Wirtschaftsordnung taugt "Marke Eigenbau" indes wenig. Als Denkanstoß für einen Kapitalismus jenseits von schlichten Absatz- und Verkaufszahlen hingegen schon.
Jörg Immendorff - Bildband
Prestl Verlag, München
Malerfürst, politischer Provokateur, Urvater der "Jungen Wilden", geniales Selbst-Inszenierungsgenie: Wenn es um den Beuys Schüler Jörg Immendorff geht, scheint kaum ein Superlativ zu hoch gegriffen. Umstritten bleiben indes die in Umlauf gebrachten Kopien seiner Bilder, die Immendoff als eigene Werke ausgab. Was ist echt, was nur Kopie und was im Auftrag gemalt? Wer sich indes weniger mit Zahlen und Kapitalanlagen, dafür umso intensiver mit Werk und Schaffen des politischsten aller deutschen Künstler beschäftigen möchte, bekommt jetzt Gelegenheit dazu. "Jörg Immendorff" heißt schlicht ein rund 120 Seiten starker Bildband des Prestel Verlags. Nebst einer pointierten Erläuterung seines Anspruchs widmet sich das Werk insbesondere den letzten beiden Lebensjahren des unheilbar an der Immunkrankheit ALS erkrankten Künstlers. Eine lesens- und sehenswerter Nachruf und eine Hommage an einen der bedeutendsten Künstler der deutschen Nachkriegszeit.
Bernd Wulffen: Kuba im Umbruch. Von Fidel zu Raúl Castro
Christoph Links Verlag, Berlin.
Kuba Libre? Wer bei dem Inselstaat in der Karibik an launige Sonnenuntergänge und hochprozentige Rumcocktails denkt, sei gewarnt. Denn in wenigen Monaten feiert die kommunistische Revolution ihr 50-jähriges Bestehen. Für die über 11,5 Millionen Kubaner gibt es jedoch wenig zu feiern, für die meisten geht es um den täglichen Überlebenskampf. Ein Kenner des Landes und der politischen Situation vor Ort ist der ehemalige deutsche Botschafter Bernd Wulffen. Nach "Eiszeit in den Tropen" erscheint jetzt von ihm "Kuba im Umbruch. Von Fidel zu Raúl Castro". Wulffen zeichnet darin ein eher nüchternes Bild jenseits von Karibikromantik und kubanischem Aberglauben und legt eine scharfsichtige Analyse des Landes der Improvisationskünstler vor. Doch wie stehe die Chancen für einen Politikwechsel nach dem Abgang des Commandante? Eher schlecht. So lange die Castro-Clique weiter das Zepter in der Hand halte - so der Autor - würden auch längst überfälligen Reformen weitgehend ein Fremdwort bleiben. Kuba Libre! Die Zeit muss wohl noch kommen, in der die kommende Generation ihre Parole für Freiheit auf den Straßen skandiert.
Buchtipp von Gesine Schwan: "Die Chancen der Globalisierung" von Joseph E. Stiglitz. Übersetzt von Thorsten Schmidt, Siedler Verlag, München 2006

Holm Friebe, Thomas Ramge: Marke Eigenbau.© Campus Verlag

Jörg Immendorff - Bildband© Prestl Verlag

Bernd Wulffen: Kuba im Umbruch - Von Fidel zu Raúl Castro© Christoph Links Verlag