Kurz und kritisch
Die Sinne für unsere nähere Umgebung schärfen will der Publizist Alain de Botton mit „Glück und Architektur“. Das Buch von Noah Sow „Deutschland Schwarz Weiss“ ist eine klare Aufforderung, dem alltäglichen Rassismus entgegenzutreten. Um die sagenhafte Lebensgeschichte des aserbaidschanischen Dichters Essad Bey geht es in „Der Orientalist“ von Tom Reiss.
Alain de Botton: Glück und Architektur – Von der Kunst daheim zu Hause zu sein
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2008
Es gibt ein Recht auf Schönheit. Zumindest überall dort, wo wir Menschen Einfluss darauf haben. Mit dieser Maxime schärft uns der Publizist Alain de Botton in seinem neuen Buch: „Glück und Architektur – Von der Kunst, daheim zu Hause zu sein“ den Sinn für unsere nähere Umgebung: Wohnungen und Häuser, in denen wir leben und arbeiten. Und fordert uns auf, uns im Spiegel von Architektur und Einrichtung selber neu zu entdecken. Botton untersucht, ob es eine überkulturelle menschliche Konstante gibt, die uns bauliche Schönheit erkennen lässt. Und wenn ja, warum wir nicht danach handeln und unsere Umgebung bewusster gestalten. Einem Psychologen gleich führt er uns durch die Welt der Architektur und der damit verknüpften Ideale- beschreibt Kathedralen, Villen, Bürogebäude. Er fragt, welche Orte uns gut bekommen und welche uns voneinander entfremden. Sein Fazit: Gebäude sind Gestalt gewordene Wertvorstellungen. Ein mutiges und leidenschaftliches Plädoyer, den eigenen Blick für Baukunst zu schärfen und unser Umfeld zu einer glücklicher machenden Umgebung zu gestalten.
Noah Sow: Deutschland Schwarz Weiss. Der alltägliche Rassismus
C. Bertelsmann, München, 2008
Rassismus in Deutschland: Randphänomen, hässlicher Fleck unseres Alltags – oder weitaus mehr, als wir eigentlich wahr haben möchten? Ist er die Sache weniger ewiggestriger Nazis oder kommt er gar aus der bürgerlichen Mitte? Die Musikerin und Journalistin Noah Sow rüttelt auf: In ihrem Buch „Deutschland Schwarz Weiss“ legt sie den Finger in die Wunden einer Gesellschaft, die nicht wahr haben will, dass Fremdenfeindlichkeit immer noch und immer wieder ein Thema ist. Und zwar quer durch alle Schichten und Altersgruppen. Schonungslos hält sie uns vor, wie scheinbar unbedarfte Äußerungen oftmals noch von rassistischen Tendenzen zeugen- und wie schwer es uns immer noch fällt, die Diskriminierung zu diskriminieren.Doch wie viel davon ist wahr, und wo ist purer Populismus am Werk? Man mag Noah Sow vorwerfen, dass ihre Darstellungen mitunter pauschaliert und überzogen sind. Doch ihr Werk ist alles andere als kalkuliert, sondern verrät ihre unbändige Wut. Denn die Autorin, selber farbig, argumentiert aus eigener Erfahrung- als Betroffene. Eine klare Aufforderung an alle, dem Rassismus in jeglicher Form entgegen zu treten. Vor allem im eigenen Denken.
Tom Reiss: Der Orientalist. Auf den Spuren von Essad Bey
Osburg Verlag, Berlin, 2008
Meist sind die Abenteuer, die Schriftsteller in ihren Romanen erfinden, weitaus spannender als die, die sie selbst erleben. Bei dem aserbaidschanischen Nationaldichter Essad Bey dürfte es zuweilen umgekehrt gewesen sein. 1905 als Lev Nussimbaum in Baku geboren, verschlug ihn die russische Revolution in jungen Jahren ins Exil. Über Zentralasien, Persien und die Türkei gelangte er schließlich ins Berlin der wilden Zwanzigerjahre. Dort machte er sich – inzwischen zum Islam konvertiert – als Essad Bey auch unter dem Pseudonym Kurban Said einen Namen: als international anerkannter Autor, unter anderem mit dem noch heute verlegten Bestseller „Ali und Nino“. Nach einem Intermezzo in New York zog er nach Wien, floh vor den Nazis nach Italien und starb 1942 schließlich völlig vereinsamt und vergessen. Es sind Geschichten wie diese, die den amerikanischen Historiker Tom Reiss faszinieren. Eine sagenhaft anmutende Lebensgeschichte, eine farbenprächtige Biografie, bebildert mit Fotos, Zeitungsartikeln und Portraits der jener Kreise, in denen Bey damals verkehrte. Akribisch recherchiert, spannend in der Schilderung, zuweilen etwas plauderhaft, nicht eine Sekunde langweilig: Garantiert mehr als nur eine Sommerlektüre für zerstreute Tage.
Buchtipp von Christa Goetsch, Bündnis 90/Die Grünen:
Per Olov Enquist: Das Buch von Blanche und Marie
Übersetzer: Wolfgang Butt, Hanser Verlag
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2008
Es gibt ein Recht auf Schönheit. Zumindest überall dort, wo wir Menschen Einfluss darauf haben. Mit dieser Maxime schärft uns der Publizist Alain de Botton in seinem neuen Buch: „Glück und Architektur – Von der Kunst, daheim zu Hause zu sein“ den Sinn für unsere nähere Umgebung: Wohnungen und Häuser, in denen wir leben und arbeiten. Und fordert uns auf, uns im Spiegel von Architektur und Einrichtung selber neu zu entdecken. Botton untersucht, ob es eine überkulturelle menschliche Konstante gibt, die uns bauliche Schönheit erkennen lässt. Und wenn ja, warum wir nicht danach handeln und unsere Umgebung bewusster gestalten. Einem Psychologen gleich führt er uns durch die Welt der Architektur und der damit verknüpften Ideale- beschreibt Kathedralen, Villen, Bürogebäude. Er fragt, welche Orte uns gut bekommen und welche uns voneinander entfremden. Sein Fazit: Gebäude sind Gestalt gewordene Wertvorstellungen. Ein mutiges und leidenschaftliches Plädoyer, den eigenen Blick für Baukunst zu schärfen und unser Umfeld zu einer glücklicher machenden Umgebung zu gestalten.
Noah Sow: Deutschland Schwarz Weiss. Der alltägliche Rassismus
C. Bertelsmann, München, 2008
Rassismus in Deutschland: Randphänomen, hässlicher Fleck unseres Alltags – oder weitaus mehr, als wir eigentlich wahr haben möchten? Ist er die Sache weniger ewiggestriger Nazis oder kommt er gar aus der bürgerlichen Mitte? Die Musikerin und Journalistin Noah Sow rüttelt auf: In ihrem Buch „Deutschland Schwarz Weiss“ legt sie den Finger in die Wunden einer Gesellschaft, die nicht wahr haben will, dass Fremdenfeindlichkeit immer noch und immer wieder ein Thema ist. Und zwar quer durch alle Schichten und Altersgruppen. Schonungslos hält sie uns vor, wie scheinbar unbedarfte Äußerungen oftmals noch von rassistischen Tendenzen zeugen- und wie schwer es uns immer noch fällt, die Diskriminierung zu diskriminieren.Doch wie viel davon ist wahr, und wo ist purer Populismus am Werk? Man mag Noah Sow vorwerfen, dass ihre Darstellungen mitunter pauschaliert und überzogen sind. Doch ihr Werk ist alles andere als kalkuliert, sondern verrät ihre unbändige Wut. Denn die Autorin, selber farbig, argumentiert aus eigener Erfahrung- als Betroffene. Eine klare Aufforderung an alle, dem Rassismus in jeglicher Form entgegen zu treten. Vor allem im eigenen Denken.
Tom Reiss: Der Orientalist. Auf den Spuren von Essad Bey
Osburg Verlag, Berlin, 2008
Meist sind die Abenteuer, die Schriftsteller in ihren Romanen erfinden, weitaus spannender als die, die sie selbst erleben. Bei dem aserbaidschanischen Nationaldichter Essad Bey dürfte es zuweilen umgekehrt gewesen sein. 1905 als Lev Nussimbaum in Baku geboren, verschlug ihn die russische Revolution in jungen Jahren ins Exil. Über Zentralasien, Persien und die Türkei gelangte er schließlich ins Berlin der wilden Zwanzigerjahre. Dort machte er sich – inzwischen zum Islam konvertiert – als Essad Bey auch unter dem Pseudonym Kurban Said einen Namen: als international anerkannter Autor, unter anderem mit dem noch heute verlegten Bestseller „Ali und Nino“. Nach einem Intermezzo in New York zog er nach Wien, floh vor den Nazis nach Italien und starb 1942 schließlich völlig vereinsamt und vergessen. Es sind Geschichten wie diese, die den amerikanischen Historiker Tom Reiss faszinieren. Eine sagenhaft anmutende Lebensgeschichte, eine farbenprächtige Biografie, bebildert mit Fotos, Zeitungsartikeln und Portraits der jener Kreise, in denen Bey damals verkehrte. Akribisch recherchiert, spannend in der Schilderung, zuweilen etwas plauderhaft, nicht eine Sekunde langweilig: Garantiert mehr als nur eine Sommerlektüre für zerstreute Tage.
Buchtipp von Christa Goetsch, Bündnis 90/Die Grünen:
Per Olov Enquist: Das Buch von Blanche und Marie
Übersetzer: Wolfgang Butt, Hanser Verlag