Kurz und kritisch

Die vier heute vorgestellten Bücher handeln vom Leben des Philosophen Friedrich Nietzsche, vom Verhältnis zwischen der Metaphysik und den Naturwissenschaften und von der Geschichte der Gottesbeweise.
Zwei nicht voluminöse, dennoch sehr gehaltvolle Neuerscheinungen zu Friedrich Nietzsche gilt es zu empfehlen: Beide eignen sich für Einsteiger: Mathias Iven beschreitet mit der Fotografin Angelika Fischer die Lebenswege des Philosophen und begleitet ihn vom Geburtsort Röcken über Naumburg und Schulpforta zu den wichtigsten Stationen: Bonn und Leipzig, wo er erstmals Richard Wagner begegnete, Professur in Basel, dann Sorrent, Venedig, Sils Maria, Nizza, Turin und schließlich wieder nach Röcken, an sein Grab.Die Frage, wie "die Genesis des philosophisches Genius zu unterstützen" sei, beantwortete Nietzsche mit der Empfehlung: "Reisen, Freiheit vom Nationalen. Nicht durch Philosophieprofessoren." Nun, in Sachen Professor wollen wir nicht so streng sein: Das Buch des Nietzsche-Forschers Christian Niemeyer dürfte in uns zwar nicht den philosophischen Genius erwecken, es erklärt aber sehr gut, wie man Nietzsche lesen soll, und erleichtert so den Zugang zu diesem schwierigen Denker. Das Kompendium ist durchaus geeignet, tieferes Interesse zu wecken.

Christan Niemeyer: Nietzsche verstehen. Eine Gebrauchsanweisung
Verlag Lambert Schneider

Mathias Iven/Angelika Fischer: Lebenswege des Friedrich Nietzsche
Edition A.B.Fischer


"Metaphysik gehört, wie Sexualität, zum Menschen. Sie ist eine Grundbestimmung unserer Existenz. Inzwischen hat das sogar Jürgen Habermas eingesehen", schreibt Hans-Dieter Mutschler in einer umfassenden Kritik der zeitgenössischen, oberflächlichen "Kalkülvernunft". Streng liest er dem formelhaften Denken, der fortschreitenden Mathematisierung und der Kausalkettenphilosophie ohne Letztbegründungen die Leviten. "Je formaler, desto inhaltsärmer", lautet sein Resümee.Und weil der Naturphilosoph die schwierige Materie mit verblüffenden Beobachtungen anreichert, glaubt man ihm bereitwillig, dass das horizontale Denken – stets in einer Ebene verharrend, ohne Anbindung an Höheres – so dysfunktional und hässlich wie ein Flachdach sei. Früher liefen Häuser spitz zu, um den Schnee abrutschen zu lassen, und bildeten zugleich einen Fingerzeig zum himmlischen Schneeverursacher. Heute liegt die Last des Schneeschaufelns bei uns selbst – wie die Last aller metaphysischen Antworten. Wer davon ein klein wenig entlastet werden will, liest dieses anregende wie bereichernde Buch.

Hans-Dieter Mutschler: Von der Form zur Formel. Metaphysik und Naturwissenschaft
Verlag Die Graue Edition


Ein gewichtiges Buch: mehr als 700 Seiten - Gottesbeweise. Alle, die je erdacht wurden - zumindest jene, die auf logischen Prinzipien fußen. Schon der Einstieg imponiert: Seit dem 10. Januar 1970 gilt: Gott muss notwendigerweise existieren. Zu diesem Ergebnis kam damals der Mathematiker Kurt Gödel in formalen Beweisketten.Für Nicht-Mathematiker ist das freilich kaum nachvollziehbar und krankt, wie alle Gottesbeweise, an unzureichenden oder schwer nachvollziehbaren Setzungen. Wer logisch etwas ableiten will, muss zuvor seine Ausgangspunkte definieren, da beginnt der morsche Holzweg zur absoluten Wahrheit. Tröstlich immerhin: Bleibt die Existenz Gottes auch letztlich unbeweisbar, so gilt das auch für die Nicht-Existenz. Das Rennen ist immer noch offen. Lesen werden das Buch aber wohl eher Atheisten. Schließlich sind Beweise etwas für Zweifler, nicht für im Glauben geborgene Menschen.

Joachim Bromand/Guido Kreis: Gottesbeweise von Anselm bis Gödel
Suhrkamp Verlag

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Lesart - Lektüretipp

Uta Maria Kuder, Justizministerin von Mecklenburg-Vorpommern, empfiehlt:

Christoph Feurstein: [ein]geprägt. Täter, Opfer, Menschen. Zehn Porträts
Ueberreuter Verlag, Wien
Cover: "Nietzsche verstehen"
Cover: "Nietzsche verstehen"© Verlag Lambert Schneider
Cover: "Lebenswege des Friedrich Nietzsche"
Cover: "Lebenswege des Friedrich Nietzsche"© Edition A.B.Fischer
Cover: "Von der Form zur Formel"
Cover: "Von der Form zur Formel"© Verlag Die Graue Edition
Cover: "Gottesbeweise von Anselm bis Gödel"
Cover: "Gottesbeweise von Anselm bis Gödel"© Suhrkamp Verlag