Kurz und kritisch

Die drei heute vorgestellten Bücher beschäftigen sich mit der internationalen Finanz- und Währungskrise. Unter anderem geht es dabei um die Machenschaften findiger Spekulanten, die aus der US-Immobilienkrise 2007/08 noch Profit schlugen, indem sie neue, undurchsichtige Finanzprodukte erfanden.
"Jetzt geht es darum, Weltwirtschaft, Staaten und Währungen so zu vernetzen, dass das Vertrauen in den Kapitalismus zurückkehrt. Damit er auch diesmal seine Krise überlebt." Mit diesen eindringlichen Worten mahnen der deutsche Währungsexperte Wilhelm Hankel und der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Robert Isaak, die richtigen Konsequenzen zu ziehen.
So müsse zügig eine neue Weltwirtschaftsordnung aufgebaut werden. Sie dürfe nicht länger von der Geldherrschaft und dem Kreditsystem der Banken abhängig sein.

Vielmehr sollte der Finanzsektor stärker kontrolliert werden. Außerdem sehen die Autoren für die BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China eine zentrale Rolle dabei vor. Geschehe dies nicht, sei das erfolgreiche System der Marktwirtschaft in seiner Existenz bedroht. Ferner regen Isaak und der entschiedene Euro-Kritiker Hankel an, eine alternative Währung zum Euro zu schaffen. Die Rettungsstrategien der Regierungen erweckten dagegen den Eindruck, eher solle die Krise stabilisiert als ihre klar erkennbaren Ursachen beseitigt werden, heißt es in dem anspruchsvollen Werk, dass sich an Leser richtet, die bereits über einschlägige Sachkenntnis verfügen.

Wilhelm Hankel und Robert Isaak über die Geldherrschaft – und wie wir trotzdem unseren nationalen Wohlstand bewahren können, erschienen im Wiley-VCH Verlag Weinheim.


Die globale Finanzkrise wurde durch die Immobilienblase in den USA ausgelöst. Die Amerikaner sollten ein Volk von Eigenheimbesitzern werden, auch wenn sie nicht einmal die Zinsen für ihre Hypothekendarlehen bedienen konnten. Findige Händler an der Wall Street verstanden es jedoch, selbst mit diesen faulen Krediten noch ein Riesengeschäft aufzuziehen: Sie ersannen ein schwer durchschaubares Geflecht aus verbrieften Immobilienkrediten, die - in komplexe Wertpapiere verpackt - institutionellen wie privaten Anlegern in aller Welt angedreht wurden. Die Finanzaufsichtsbehörden schauten geflissentlich weg und die Rating-Agenturen vergaben Top-Bewertungen – bis der Schwindel aufflog.

Diese Geschichte ist weithin bekannt, doch versteht es der amerikanische Wirtschaftsjournalist Michael Lewis die schier unglaubliche Story mit all ihren Abgründen kenntnis- und facettenreich, aber auch spannend und unterhaltsam darzustellen.

Am Ende weiß der empörte Leser nicht, was er schlimmer finden soll: Die abstoßende Mischung aus Gier und Skrupellosigkeit, die große Teile der Finanzbranche auszeichnet, oder den Umstand, dass die Verursacher der Krise kaum zur Verantwortung wurden, während zahllose Häuslebauer und Anleger sowie Steuerzahler für die Folgen der betrügerischen Machenschaften aufkommen mussten.

Wie eine Handvoll Trader die Welt verzockte! Michael Lewis über The Big Short, erschienen im Campus Verlag Frankfurt New York.

Nahezu zeitgleich mit den Ereignissen an der Wall Street wurde die internationale Finanzwelt auch von Frankreich aus an den Rand eines Super-GAUs geführt: In diesem Fall war es jedoch ein Einzeltäter - der Wertpapierhändler Jérome Kerviel, der über einen längeren Zeitraum unbemerkt Scheintransaktionen in einer Größenordnung von rund 50 Milliarden Euro abwickeln konnte.

Als Anfang 2008 das von Kerviel errichtete Kartenhaus zusammenzubrechen droht, bemüht sich sein Arbeitgeber, die Société Générale, verzweifelt, den Schaden einzudämmen und den eigenen Bankrott wie den Kollaps des Weltfinanzsystems abzuwenden.

Hugues Le Bret, damals Kommunikationschef der französischen Großbank, schildert in Tagebuchform das nervenaufreibende Krisenmanagement der Pariser Banker. Relativ wenig Raum widmet der Autor jedoch der Frage, wie es einem einzelnen Händler möglich war, alle internen Sicherheitssysteme zu umgehen. Zumindest räumt er ein, sich nicht sicher zu sein, ob das Krebsgeschwür im Inneren des Finanzsystems tatsächlich geheilt sei.

Ein Insiderbericht von Hugues Le Bret über die die Woche, in der Jerome Kerviel beinahe das Weltfinanzsystem gesprengt hätte, erschienen im Verlag Antje Kunstmann München.

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Lesart Lektüre-Tipp

Carl-Albrecht Bartmer, Landwirt und Präsident der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, empfiehlt:

Joachim Gauck: Winter im Sommer – Frühling im Herbst. Erinnerungen
Siedler-Verlag, München 2009
Michael Lewis: Wie eine Handvoll Trader die Welt verzockte - The big short
Michael Lewis: Wie eine Handvoll Trader die Welt verzockte - The big short© Campus Verlag
Hugues le Bret: Die Woche, in der Jerome Kerviel beinahe das Weltfinanzsystem gesprengt hätte
Hugues le Bret: Die Woche, in der Jerome Kerviel beinahe das Weltfinanzsystem gesprengt hätte© Verlag Antje Kunstmann