Kurz und kritisch

Der widerwärtige Polizeistaat in Guatemala, die politische Macht der Kirche und Luther als Reformkatholik inspirieren zu gewichtigen Betrachtungen.
Die Kunst des Politischen Mordes. Francisco Goldmann über den Mord an Bischof Juan Gerardi in Guatemala, erschienen im Rowohlt Verlag Reinbek

Francisco Goldmann, ein amerikanischer Literaturwissenschaftler, hat im sicheren New York über einen politischen Mord im fernen Guatemala geschrieben. Er tat es, um mutigen Menschen in der Heimat seiner Mutter ein literarisches Denkmal zu setzen, um die Untaten der Hintermänner eines "widerwärtigen Polizeistaates" in Südamerika zu dokumentieren.

Am 26. April 1998 wurde Juan Gerardi Conedera, Weihbischof der Erzdiözese von Guatemala-Stadt, in seinem Pfarrhaus ermordet. Kurz zuvor hatte er die selbstverständliche, gleichwohl verwegene Idee öffentlich ausgesprochen, eben jene Hintermänner entlarven zu wollen. Ihm war das bis dahin nicht gelungen, obschon er gerade einen dicken Untersuchungsbericht über die grausame Gewalt von Militär und Geheimdiensten im Kampf gegen linke Guerillagruppen vorgelegt hatte.

200.000 Zivilisten waren seit den 60er-Jahren dabei zu Tode gekommen, vor allem unter den Maya, der indianischen Bevölkerung. Als Leiter eines kirchlichen Menschenrechtsbüros kämpfte er - unterstützt von 800 katholischen Helfern - dagegen, dass über die Straffreiheit für die Täter hinaus auch noch die Verbrechen selbst totgeschwiegen wurden.

Und bis heute sollen ebenso die Ermittlungen über den Mord an diesem einflussreichen Bischof in einem Lügengebäude erstickt werden, bis heute wollen engagierte Menschenrechtler, Richter und Staatsanwälte das nicht zulassen.


Eine andere Geschichte der Papststadt Rom. Corrado Augias über die Geheimnisse des Vatikan, erschienen im C.H.Beck Verlag München

Das Martyrium Jesu am Kreuz inspirierte südamerikanische Christen zur Solidarität mit den Armen, zur Theologie der Befreiung. Corrado Augias bemüht Franz von Assisi und die Armutsbewegung des 13. Jahrhundert, um seinerseits davor zu warnen, dass sich die Kirche mit den Mächtigen verbündet oder selbst zur politischen Macht wird.

Durch die Schenkung Kaiser Konstantins, egal ob sie nun als echt oder gefälscht angesehen werde, sei die katholische Kirche, aber vor allem der Heilige Stuhl und der Vatikan einen schlechten, nicht kontrollierbaren, häufig brutalen Weg gegangen. Weltliche Macht in Rom, Italien und auf internationaler Ebene übernommen zu haben, und sie als Theokratie, als absolutistische Monarchie auszuüben, vertrage sich nicht mit der Rolle des Stellvertreters Christi auf Erden.

Der römischen Kurie traut Augias alles zu, nur nichts Gutes. Er ist von Haus aus Kulturjournalist. Und führt durch Rom, als hätte er einen ausschweifenden baugeschichtlichen Stadtführer schreiben wollen. Doch darüber hinaus spiegelt er in der Kirchenarchitektur, in der Stadtgestaltung die Machtpolitik der Päpste.


Harm Klueting über Luther und die Neuzeit, erschienen im Primus Verlag Darmstadt

Harm Klueting mahnt, sich nicht von der Papstgeschichte, schon gar nicht von jener verkommenen Periode der Renaissance täuschen zu lassen. Bereits seit dem 14. Jahrhundert habe es eine innerkirchliche Reformbewegung gegeben, angestoßen von den Bettelorden. Sie erreichte mit dem Konzil von Trient schließlich auch den Heiligen Stuhl.

Der katholische Theologe und Historiker an der Universität Köln schreibt dies in seinem Beitrag zur Luther-Dekade. Er widerspricht darin der These, mit Martin Luther habe die Neuzeit, also eine Epochenwende, begonnen. Vielmehr habe der Reformator inmitten einer Bewegung gestanden, die vor seiner Zeit begann und über seine Zeit hinaus anhielt.

Klueting sieht ihn als bedeutenden Reformkatholiken, aber auch als Mann des späten, intellektuell überhaupt nicht finsteren Mittelalters. Neuzeitlich sei eher gewesen, wie ausgerechnet der Mahner Luther beachtet und erfolgreich wurde. Ihm halfen technisch der damals innovative Buchdruck und politisch die nationalbewussten Landesfürsten.
Francisco Goldmann: Die Kunst des politischen Mordes, Rowohlt
Francisco Goldmann: Die Kunst des politischen Mordes, Rowohlt© Rowohlt Verlang
Corrado Augias: Die Geheimnisse des Vatikans, Eine andere Geschichte der Papststadt, C.H. Beck
Corrado Augias: Die Geheimnisse des Vatikans, Eine andere Geschichte der Papststadt, C.H. Beck© C.H. Beck
Harm Klueting: Luther und die Neuzeit, Primus Verlag
Harm Klueting: Luther und die Neuzeit, Primus Verlag© Primus Verlag