Kurz und kritisch

Rezensiert von Ernst Rommeney |
In "Einspruch! Reden von Frauen" liest man, was die Frauenbewegung in 100 Jahren geschafft hat, Bernd Rüthers untersucht die Rolle der Juristen im Nationalsozialismus und der DDR und Uwe Johnsons Gespräche mit Fluchthelfern gibt es nun als Buch.
Einspruch! Reden von Frauen
Philipp-Reclam Verlag Ditzingen

Frauen mussten stets kämpfen – um das Recht zu wählen und gewählt zu werden, um gleichberechtigt zu sein im Bürgerlichen Gesetzbuch, aber auch, um reden zu dürfen. Rhetorik sei – historisch gesehen - eine männliche Disziplin, stellen Martina Wagner-Egelhaaf und Liy Tonger-Erk fest. Weshalb es ihnen schwer fiel, bedeutende Reden von Frauen zu finden, entweder weil sie nicht gehalten oder nicht dokumentiert wurden.

Deshalb wunderte sich die Frauenrechtlerin Helene Lange im Jahr 1889, wie die bürgerliche Gesellschaft den Müttern zwar die Erziehung der Kinder anvertraut, aber gleichzeitig die dazu notwendige Bildung verwehrt habe. Sprachlich gewandt und argumentativ geschickt – überzeugt ihre Rede von damals noch heute.

Schlagfertig und kämpferisch dagegen begegnet uns die grüne Politikerin Renate Künast, die im Geleitwort an eine ihrer Ministerinnen-Reden vor tobenden Bauern erinnert, denen sie zurief, es ginge bei ihnen zu, wie bei Hertha in der Südkurve.

Anhand von 15 Beispielen erfährt der Leser, was die Frauenbewegung innerhalb von 100 Jahren geschafft hat. Ihr rhetorisches Talent überzeugt, auch wenn es – wie bei Clara Zetkin und Elfriede Jelinek – auf recht unterschiedliche Weise zu Wortschrott verwandelt wird. Und so fragt man sich, ob es nicht noch andere zum Auswählen gegeben hätte.

Bernd Rüthers: Die einsamen Außenseiter: Deutscher Widerstand im Lichte des wechselnden Zeitgeistes
Universitätsverlag Konstanz

Der Zeitgeist weigere sich stets, die Opfer, die Widerständler gegen die Diktatur gebührend anzuerkennen. Das meint der Konstanzer Rechtsprofessor Bernd Rüthers und hat es zum Thema einer Universitätsrede im letzten Juni gemacht. Vor allem kritisiert er die eigene Zunft.

Weder hätten Juristen aufgearbeitet, wie sehr sie selbst Mitläufer sowohl in der nationalsozialistischen als auch in der DDR-sozialistischen Diktatur waren. Noch würde sich die Rechtswissenschaft damit auseinandersetzen, dass die politischen Opfer später stets schwerer ihr Recht vor Gericht erhielten als die Täter.

Der alltägliche Widerstand sei von vielen kleinen, namenlosen Bürgern getragen worden. Demgegenüber bauten Diktaturen und junge Demokratien oft auf dieselbe Elite. Und ihr fehlte die Einsicht in die eigenen Fehler, weshalb Zeitgeschichte schrittweise umgeschrieben wurde, je mehr die belastete Elite ihren Einfluss verlor.

Ich wollte keine Frage ausgelassen haben. Uwe Johnsons Gespräche mit Fluchthelfern
Suhrkamp Verlag Berlin

Der Schriftsteller Uwe Johnson hatte 1963 vor, ein Buch über Fluchthelfer zu schreiben. Vielleicht war er dazu angeregt, weil sie halfen, die eigene Frau in den Westen zu holen. Und er wollte sich gründlich vorbereiten. Darum lud er einige in seine Wohnung, fragte sie aus und ließ das Tonband mitlaufen.

Uwe Johnson wollte ihre Motive, ihre Methoden und Erfahrungen kennenlernen. Am Ende gab der Schriftsteller sein Projekt auf und die Tonbänder seinen Gästen zurück. Zwei von ihnen fanden diese wieder und ließen sie abschreiben. Und so kam es dann doch zu einem interessanten, nüchternen Buch über spektakuläre, gefährliche deutsch-deutsche Grenzgänge, einem Geschichtsbuch von und mit Zeitzeugen.
Cover: "Einspruch! Reden von Frauen"
Cover: "Einspruch! Reden von Frauen"© Philipp-Reclam Verlag
Cover: "Die einsamen Außenseiter: Deutscher Widerstand im Lichte des wechselnden Zeitgeistes" von Bernd Rüthers
Cover: "Die einsamen Außenseiter: Deutscher Widerstand im Lichte des wechselnden Zeitgeistes" von Bernd Rüthers© Universitätsverlag Konstanz
Cover: "Ich wollte keine Frage ausgelassen haben. Uwe Johnsons Gespräche mit Fluchthelfern"
Cover: "ch wollte keine Frage ausgelassen haben. Uwe Johnsons Gespräche mit Fluchthelfern"© Suhrkamp