Kurz und kritisch
Tom Segev hat die erste vollständig dokumentierte Biografie über den Nazi-Jäger Simon Wiesenthal geschrieben. Ingrid Betancourt schildert ihre Geiselhaft bei der kolumbianischen Farc-Guerilla. Und Gianluca Falanga erklärt deutschen Lesern sein Heimatland Italien.
Tom Segev: Simon Wiesenthal. Die Biographie
Siedler Verlag
Als Don Quichotte–ähnlichen Romantiker mit dem Image eines James Bond, einem überlebensgroßen Ego und einer Neigung zu Fantastereien – so beschreibt der israelische Historiker Tom Segev den 2005 verstorbenen Nazi-Jäger Simon Wiesenthal. Segev hat die erste vollständig dokumentierte Biografie verfasst und im Zusammenhang mit der Suche nach Adolf Eichmann Material gesichtet, das zuvor unter Verschluss gehalten wurde. Empathisch, aber nie unkritisch beschreibt Segev die Antriebskräfte des Humanisten Wiesenthal. Bisweilen liest sich die Biografie wie ein Krimi. Segev enthüllt unendlich viele Facetten eines von der Zeitgeschichte wie seinen persönlichen Verletzungen getriebenen Menschen. Am Ende dieser grandios geschriebenen Biografie verstehen wir, warum Simon Wiesenthal bei allen Rückschlägen seinen Glauben an das Gute im Menschen bewahrte und die unstillbare Sehnsucht nach Aussöhnung ihn letztlich zu einem "tragischen Helden" machte.
Ingrid Betancourt : Kein Schweigen, das nicht endet. Sechs Jahre in der Gewalt der Guerilla
Droemer Verlag
In ihrem Buch "Kein Schweigen, das nicht endet" schildert Kolumbiens ehemalige grüne Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt ihre sechsjährige, von schweren Misshandlungen und Demütigungen geprägte Geiselhaft bei der FARC-Guerilla. Das Buch, obwohl flüssig geschrieben, hat Längen, da sich Betancourts gescheiterte Fluchtversuche ebenso gleichen wie die ständigen Auseinandersetzungen mit ihren Mitgefangenen und ihre Selbstreflektion. Es zeigt, wie wenig die politische Elite des Landes, zu der Betancourt gehört, von der Lebenswirklichkeit der Armen auf dem Lande weiß, zu denen das Gros der Guerilleros zählt. Märsche durch den Urwald, Hunger oder fehlende medizinische Versorgung, wie sie Betancourt in der Gefangenschaft erlebt, sind für die arme Landbevölkerung Alltag. Aber noch etwas wird deutlich: Die zentralistisch geführte FARC, die ihren Mitgliedern ebenso mit Gewalt begegnet wie ihren Geiseln, und sie ebenso entmündigt, wird sich nur schwer als politische Kraft in einen demokratischen Staat eingliedern lassen.
Gianluca Falanga: Italien. Ein Kompass durch das geliebte Chaos
Verlag Christoph Links
Die meisten von uns finden Italien toll – aber auch ziemlich chaotisch. Das gilt für die Alltagskultur, ganz besonders jedoch für die Politik. Da reagieren wir mit Unverständnis: 48 Kabinette in 46 Jahren, musste das sein? Anderes erfüllt uns mit Neid: etwa der lässige Umgang der Italiener mit der Obrigkeit. Diese Ambivalenz erklärt sich teilweise aus unserer eigenen Mentalität, vor allem aber aus der Widersprüchlichkeit des Landes - und die will der Literaturwissenschaftler Gianluca Falanga durchschaubarer machen. Das gelingt dem in Süditalien geborenen Autor deshalb so gut, weil er Deutschland kennt; er lebt seit Jahren in Berlin. Falanga skizziert eine kurze Geschichte seines Heimatlandes, wir erfahren vieles über italienisches Demokratieverständnis, über die gesellschaftlichen und kulturellen Befindlichkeiten, über die Dauerkrise und die Mafia - und die Macken und Leidenschaften des Italieners. Lesenswert:
Siedler Verlag
Als Don Quichotte–ähnlichen Romantiker mit dem Image eines James Bond, einem überlebensgroßen Ego und einer Neigung zu Fantastereien – so beschreibt der israelische Historiker Tom Segev den 2005 verstorbenen Nazi-Jäger Simon Wiesenthal. Segev hat die erste vollständig dokumentierte Biografie verfasst und im Zusammenhang mit der Suche nach Adolf Eichmann Material gesichtet, das zuvor unter Verschluss gehalten wurde. Empathisch, aber nie unkritisch beschreibt Segev die Antriebskräfte des Humanisten Wiesenthal. Bisweilen liest sich die Biografie wie ein Krimi. Segev enthüllt unendlich viele Facetten eines von der Zeitgeschichte wie seinen persönlichen Verletzungen getriebenen Menschen. Am Ende dieser grandios geschriebenen Biografie verstehen wir, warum Simon Wiesenthal bei allen Rückschlägen seinen Glauben an das Gute im Menschen bewahrte und die unstillbare Sehnsucht nach Aussöhnung ihn letztlich zu einem "tragischen Helden" machte.
Ingrid Betancourt : Kein Schweigen, das nicht endet. Sechs Jahre in der Gewalt der Guerilla
Droemer Verlag
In ihrem Buch "Kein Schweigen, das nicht endet" schildert Kolumbiens ehemalige grüne Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt ihre sechsjährige, von schweren Misshandlungen und Demütigungen geprägte Geiselhaft bei der FARC-Guerilla. Das Buch, obwohl flüssig geschrieben, hat Längen, da sich Betancourts gescheiterte Fluchtversuche ebenso gleichen wie die ständigen Auseinandersetzungen mit ihren Mitgefangenen und ihre Selbstreflektion. Es zeigt, wie wenig die politische Elite des Landes, zu der Betancourt gehört, von der Lebenswirklichkeit der Armen auf dem Lande weiß, zu denen das Gros der Guerilleros zählt. Märsche durch den Urwald, Hunger oder fehlende medizinische Versorgung, wie sie Betancourt in der Gefangenschaft erlebt, sind für die arme Landbevölkerung Alltag. Aber noch etwas wird deutlich: Die zentralistisch geführte FARC, die ihren Mitgliedern ebenso mit Gewalt begegnet wie ihren Geiseln, und sie ebenso entmündigt, wird sich nur schwer als politische Kraft in einen demokratischen Staat eingliedern lassen.
Gianluca Falanga: Italien. Ein Kompass durch das geliebte Chaos
Verlag Christoph Links
Die meisten von uns finden Italien toll – aber auch ziemlich chaotisch. Das gilt für die Alltagskultur, ganz besonders jedoch für die Politik. Da reagieren wir mit Unverständnis: 48 Kabinette in 46 Jahren, musste das sein? Anderes erfüllt uns mit Neid: etwa der lässige Umgang der Italiener mit der Obrigkeit. Diese Ambivalenz erklärt sich teilweise aus unserer eigenen Mentalität, vor allem aber aus der Widersprüchlichkeit des Landes - und die will der Literaturwissenschaftler Gianluca Falanga durchschaubarer machen. Das gelingt dem in Süditalien geborenen Autor deshalb so gut, weil er Deutschland kennt; er lebt seit Jahren in Berlin. Falanga skizziert eine kurze Geschichte seines Heimatlandes, wir erfahren vieles über italienisches Demokratieverständnis, über die gesellschaftlichen und kulturellen Befindlichkeiten, über die Dauerkrise und die Mafia - und die Macken und Leidenschaften des Italieners. Lesenswert:

Buchcover: "Simon Wiesenthal" von Tom Segev© Siedler Verlag

Buchcover: "Kein Schweigen, das nicht endet" von Ingrid Betancourt© Droemer Verlag

Buchcover: "Italien" von Gianluca Falanga© Verlag Christoph Links