Kurz und kritisch
Pablo Alabarces schildert in "Für Messi sterben?" die Geschichte des argentinischen Fußballs. Die wirtschaftliche Stagnation des Landes analysiert Peter Waldmann in "Argentinien. Schwellenland auf Dauer". Bernd Wulffen sucht dagegen "Deutsche Spuren in Argentinien".
Pablo Alabarces: Für Messi sterben? Der Fußball und die Erfindung der argentinischen Nation
edition suhrkamp
Als Ende des neunzehnten Jahrhunderts britische Einwanderer in Argentinien die ersten Fußballclubs gründeten, war Fußball ein Sport der Elite. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde er dann zum Massensport, der es den Söhnen der aus Spanien und Italien eingewanderten Industriearbeiter ermöglichte, sich in Argentinien zu assimilieren. Die Vereine schufen Raum für soziale Teilhabe der unteren Bevölkerungsschichten. Fußballspiele wurden in Argentinien zu einem nationalen Ritual, Fußball stiftete nationale Identität.
Der argentinische Soziologe Pablo Alabarces schildert die Geschichte des Fußballs in seinem Land und die Fähigkeit der verschiedenen Regierungen, den Sport für propagandistische Zwecke zu nutzen. Besonders eindrucksvoll wird dies am Beispiel von Diego Maradona dargestellt. Auf lokaler Ebene wirkt Fußball immer noch identitätsstiftend, doch auf nationaler Ebene wurde er zur Ware der Event-Industrie, die sich immer weniger Menschen leisten können. Lesenswert.
Peter Waldmann: Argentinien. Schwellenland auf Dauer
Murmann Verlag
Vor hundert Jahren lag das argentinische Pro-Kopf-Einkommen über dem Schwedens und der Schweiz. Doch inzwischen zählt das Land nicht mehr zu den großen Industrienationen. Peter Waldmann hat in der argentinischen Geschichte von 1880 bis heute nach Erklärungen für die Stagnation des Landes gesucht und kommt zu bemerkenswerten Schlüssen.
Der Soziologe macht das Fehlen einer politischen und wirtschaftlichen Elite, die sich jenseits eigener Interessen für das Gemeinwohl einsetzt, ebenso dafür verantwortlich wie gesellschaftliche Einstellungsmuster: Mangelnde Identifizierung mit dem eigenen Land, exzessive Gesetze und den Rechtsstaat geringschätzender Individualismus. Der Hang zu Ad-hoc-Lösungen gehört ebenso dazu wie die Neigung, den Staat als Beuteobjekt zu betrachten. Dieses Buch zählt zu den klügsten Analysen, die auf Deutsch über Argentinien vorliegen.
Bernd Wulffen: Deutsche Spuren in Argentinien. Zwei Jahrhunderte wechselvoller Beziehungen
Christoph Links Verlag
Von den rund vierzig Millionen Argentiniern haben mehr als eine Million deutsche Wurzeln. Mit den Spuren dieser Menschen befasst sich dieses Buch, sowie mit den Beziehungen der beiden Staaten in den letzten 200 Jahren. Bernd Wulffen hangelt sich dabei an der argentinischen Geschichte entlang und stellt einige bedeutende Deutsche vor.
Gern hätte man erfahren, warum es die deutschen Einwanderer nach Argentinien verschlagen hat oder welchen sozialen Schichten sie angehörten. Doch Wulffen speist den Leser mit langweiligen Anekdötchen ab, die vor allem dazu dienen, ihn selbst in Szene zu setzen. Der Umgang des Ex-Diplomaten mit der deutschen Außenpolitik während der argentinischen Militärdiktatur von 1976 bis 1983 ist zudem einseitig und dem Ziel untergeordnet, Fehler in der Menschenrechtspolitik gesundzubeten. Erstaunlich, dass ein Verlag, der sich um die Aufarbeitung der sozialistischen Diktaturen verdient gemacht hat, Wulffens wenig erhellendes und deutschtümelndes Buch verlegt hat.
edition suhrkamp
Als Ende des neunzehnten Jahrhunderts britische Einwanderer in Argentinien die ersten Fußballclubs gründeten, war Fußball ein Sport der Elite. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde er dann zum Massensport, der es den Söhnen der aus Spanien und Italien eingewanderten Industriearbeiter ermöglichte, sich in Argentinien zu assimilieren. Die Vereine schufen Raum für soziale Teilhabe der unteren Bevölkerungsschichten. Fußballspiele wurden in Argentinien zu einem nationalen Ritual, Fußball stiftete nationale Identität.
Der argentinische Soziologe Pablo Alabarces schildert die Geschichte des Fußballs in seinem Land und die Fähigkeit der verschiedenen Regierungen, den Sport für propagandistische Zwecke zu nutzen. Besonders eindrucksvoll wird dies am Beispiel von Diego Maradona dargestellt. Auf lokaler Ebene wirkt Fußball immer noch identitätsstiftend, doch auf nationaler Ebene wurde er zur Ware der Event-Industrie, die sich immer weniger Menschen leisten können. Lesenswert.
Peter Waldmann: Argentinien. Schwellenland auf Dauer
Murmann Verlag
Vor hundert Jahren lag das argentinische Pro-Kopf-Einkommen über dem Schwedens und der Schweiz. Doch inzwischen zählt das Land nicht mehr zu den großen Industrienationen. Peter Waldmann hat in der argentinischen Geschichte von 1880 bis heute nach Erklärungen für die Stagnation des Landes gesucht und kommt zu bemerkenswerten Schlüssen.
Der Soziologe macht das Fehlen einer politischen und wirtschaftlichen Elite, die sich jenseits eigener Interessen für das Gemeinwohl einsetzt, ebenso dafür verantwortlich wie gesellschaftliche Einstellungsmuster: Mangelnde Identifizierung mit dem eigenen Land, exzessive Gesetze und den Rechtsstaat geringschätzender Individualismus. Der Hang zu Ad-hoc-Lösungen gehört ebenso dazu wie die Neigung, den Staat als Beuteobjekt zu betrachten. Dieses Buch zählt zu den klügsten Analysen, die auf Deutsch über Argentinien vorliegen.
Bernd Wulffen: Deutsche Spuren in Argentinien. Zwei Jahrhunderte wechselvoller Beziehungen
Christoph Links Verlag
Von den rund vierzig Millionen Argentiniern haben mehr als eine Million deutsche Wurzeln. Mit den Spuren dieser Menschen befasst sich dieses Buch, sowie mit den Beziehungen der beiden Staaten in den letzten 200 Jahren. Bernd Wulffen hangelt sich dabei an der argentinischen Geschichte entlang und stellt einige bedeutende Deutsche vor.
Gern hätte man erfahren, warum es die deutschen Einwanderer nach Argentinien verschlagen hat oder welchen sozialen Schichten sie angehörten. Doch Wulffen speist den Leser mit langweiligen Anekdötchen ab, die vor allem dazu dienen, ihn selbst in Szene zu setzen. Der Umgang des Ex-Diplomaten mit der deutschen Außenpolitik während der argentinischen Militärdiktatur von 1976 bis 1983 ist zudem einseitig und dem Ziel untergeordnet, Fehler in der Menschenrechtspolitik gesundzubeten. Erstaunlich, dass ein Verlag, der sich um die Aufarbeitung der sozialistischen Diktaturen verdient gemacht hat, Wulffens wenig erhellendes und deutschtümelndes Buch verlegt hat.

Cover: Pablo Alabarces - Für Messi sterben?© edition suhrkamp

Cover: Peter Waldmann - Argentinien. Schwellenland auf Dauer© Murmann Verlag

Cover: Bernd Wulffen- Deutsche Spuren in Argentinien© Ch. Links Verlag