Kurz und kritisch
Katharina Weinberger befasst sich in „Kopfzahl-Paranoia“ mit der Selbstzerstörung von Unternehmen. James Mollison schreibt in „Esobar“ über den Mafiaboss. Christoph Meckel erinnert in „Hier wird Gold gewaschen“ an den Lyriker Peter Huchel.
Katharina Weinberger Kopfzahl-Paranoia: Von der Selbstzerstörung der Konzerne
Deutscher Taschenbuch Verlag
Vor kurzem stellten wir das „Erfolgsgeheimnis des German Management“ vor – ein Lob von Klemens Kalverkamp auf das mittelständische Familienunternehmen. Katharina Weinberger bietet uns jetzt den Kontrast. Sie schreibt über die Selbstzerstörung der Konzerne. Als mittlere Führungskraft erlebte sie an ihrem Arbeitsplatz, wie Fusionen, Firmenübernahmen und Organisationsänderungen euphorisch angekündigt wurden.
Nur am Ende habe niemand nachgerechnet, welchen Schaden Vorstand und Controller mit ihren Strategien anrichteten. Im Gegenteil, die externen Analysten würden Quartalsgewinne loben, ohne sie zu hinterfragen. In immer neuen Wellen wurden Kosten gesenkt und erfahrenes Personal entlassen. Das Unternehmen beschäftigte sich mit sich selbst, die Teams arbeiteten gegeneinander und vernachlässigten ihre Kunden.
Der selbstgeschaffene Zwang zur ständigen Veränderung erzeuge letztlich Stillstand, so die bittere Einsicht der Autorin. Ihre Analyse leidet darunter, dass sie – aus Selbstschutz – ihren Arbeitgeber nicht preisgibt. Der Leser kann sich den beschriebenen Konzern leider nur schwer vorstellen. Dafür wirken die Kälte des betrieblichen Alltages, der Zynismus und die hohlen Phrasen umso stärker, ja geradezu krankhaft.
James Mollison: Escobar. Der Drogenbaron
Wilhelm Heyne Verlag
Bis er am 3. Dezember 1993 von Sicherheitskräften auf der Flucht erschossen wurde, hat Pablo Escobar, der Chef des Drogenkartells von Medellín, mehr als 15 Jahre die Welt in Atem gehalten. Er hat für über 20 Milliarden Dollar Kokain verkauft, hunderte von Menschen ermorden lassen und Kolumbien in eine tiefe Werte-Krise gestürzt, die noch nicht überwunden ist. Der britische Fotograf James Mollison hat akribisch Aufstieg und Fall des Mafiabosses recherchiert und darüber ein spannendes Buch geschrieben. Von besonderem Wert aber sind die zahlreichen Fotos im Buch.
Sie bilden seine Verbrecherkarriere ab, aber sie zeigen vor allem, wie Escobar Kolumbien veränderte. Er stürzte das Land in einen blutigen Krieg, doch trotz der 250.000 Toten, die dieser Drogenkrieg bis heute forderte, wird der einstige Kokainkönig von vielen armen Menschen wie ein Heiliger verehrt, nicht nur, weil er Wohnungen und Fußballplätze bauen ließ: Er hatte einem Staat den Kampf angesagt, von dem die Armen sich verraten fühlen.
Christoph Meckel: Hier wird Gold gewaschen. Erinnerungen an Peter Huchel Libelle Verlag
Sie hätten Vater und Sohn sein können, so groß war der Altersunterschied zwischen Peter Huchel und Christoph Meckel. Huchel gehörte wie Meckels Vater und Günter Eich zur Dreier Gruppe junger Autoren, die im produktiven Miteinander sich eine eigene literarische Welt im Nationalsozialismus schufen. die aber dann, nach 1945, unterschiedliche Wege gingen.
Meckel war fasziniert von der Kraft der Poetik Peter Huchels, seiner Sprache, die so gar nichts von den politischen Realitäten und Zumutungen der Zeit hatte. Die Genossen der jungen sozialistischen deutschen Republik glaubten in Huchel den gefunden zu haben, der ihnen hilft nach Außen den Schein einer geistig freien Gesellschaft zu vertreten und machten ihn zum Herausgeber der legendären Literatur Zeitschrift „Sinn und Form“.
Länger als ein Jahrzehnt ertrugen die Funktionäre aber diese geistige
Eigenständigkeit nicht und ein schäbiger Kleinkrieg sollte Peter Huchel zermürben und für den Rest seines Lebens belasten. Durch die Jahre der Isolation in der DDR psychisch und physisch gezeichnet, konnte er 1972 nach Staufen im Breisgau übersiedeln.
Er arbeitete viel, um sich und seiner Familie eine neue Existenz aufzubauen, konnte aber auch im Westen die nötige schöpferische Ruhe und Ausgeglichenheit nicht mehr finden. In den Erinnerungen von Christoph Meckel, den Gedankensplittern, den kurzen Beschreibungen, den Gedichten wird uns der Lyriker, der Mensch Peter Huchel respektvoll beschrieben und nahegebracht.
Es ist der Text einer Freundschaft über die Generationen und Grenzen hinweg. Wenn Meckel schreibt, " Eine Maske besaß Peter Huchel nicht, er lebte mit seinem Gesicht“ drückt dies Achtung und Wertschätzung des Jüngeren für den Älteren aus.
Buchempfehlung:
IG-Metall-Chef Berthold Huber empfiehlt:
Cormac McCarthy: „Die Strasse“
Rowohlt Verlag
Deutscher Taschenbuch Verlag
Vor kurzem stellten wir das „Erfolgsgeheimnis des German Management“ vor – ein Lob von Klemens Kalverkamp auf das mittelständische Familienunternehmen. Katharina Weinberger bietet uns jetzt den Kontrast. Sie schreibt über die Selbstzerstörung der Konzerne. Als mittlere Führungskraft erlebte sie an ihrem Arbeitsplatz, wie Fusionen, Firmenübernahmen und Organisationsänderungen euphorisch angekündigt wurden.
Nur am Ende habe niemand nachgerechnet, welchen Schaden Vorstand und Controller mit ihren Strategien anrichteten. Im Gegenteil, die externen Analysten würden Quartalsgewinne loben, ohne sie zu hinterfragen. In immer neuen Wellen wurden Kosten gesenkt und erfahrenes Personal entlassen. Das Unternehmen beschäftigte sich mit sich selbst, die Teams arbeiteten gegeneinander und vernachlässigten ihre Kunden.
Der selbstgeschaffene Zwang zur ständigen Veränderung erzeuge letztlich Stillstand, so die bittere Einsicht der Autorin. Ihre Analyse leidet darunter, dass sie – aus Selbstschutz – ihren Arbeitgeber nicht preisgibt. Der Leser kann sich den beschriebenen Konzern leider nur schwer vorstellen. Dafür wirken die Kälte des betrieblichen Alltages, der Zynismus und die hohlen Phrasen umso stärker, ja geradezu krankhaft.
James Mollison: Escobar. Der Drogenbaron
Wilhelm Heyne Verlag
Bis er am 3. Dezember 1993 von Sicherheitskräften auf der Flucht erschossen wurde, hat Pablo Escobar, der Chef des Drogenkartells von Medellín, mehr als 15 Jahre die Welt in Atem gehalten. Er hat für über 20 Milliarden Dollar Kokain verkauft, hunderte von Menschen ermorden lassen und Kolumbien in eine tiefe Werte-Krise gestürzt, die noch nicht überwunden ist. Der britische Fotograf James Mollison hat akribisch Aufstieg und Fall des Mafiabosses recherchiert und darüber ein spannendes Buch geschrieben. Von besonderem Wert aber sind die zahlreichen Fotos im Buch.
Sie bilden seine Verbrecherkarriere ab, aber sie zeigen vor allem, wie Escobar Kolumbien veränderte. Er stürzte das Land in einen blutigen Krieg, doch trotz der 250.000 Toten, die dieser Drogenkrieg bis heute forderte, wird der einstige Kokainkönig von vielen armen Menschen wie ein Heiliger verehrt, nicht nur, weil er Wohnungen und Fußballplätze bauen ließ: Er hatte einem Staat den Kampf angesagt, von dem die Armen sich verraten fühlen.
Christoph Meckel: Hier wird Gold gewaschen. Erinnerungen an Peter Huchel Libelle Verlag
Sie hätten Vater und Sohn sein können, so groß war der Altersunterschied zwischen Peter Huchel und Christoph Meckel. Huchel gehörte wie Meckels Vater und Günter Eich zur Dreier Gruppe junger Autoren, die im produktiven Miteinander sich eine eigene literarische Welt im Nationalsozialismus schufen. die aber dann, nach 1945, unterschiedliche Wege gingen.
Meckel war fasziniert von der Kraft der Poetik Peter Huchels, seiner Sprache, die so gar nichts von den politischen Realitäten und Zumutungen der Zeit hatte. Die Genossen der jungen sozialistischen deutschen Republik glaubten in Huchel den gefunden zu haben, der ihnen hilft nach Außen den Schein einer geistig freien Gesellschaft zu vertreten und machten ihn zum Herausgeber der legendären Literatur Zeitschrift „Sinn und Form“.
Länger als ein Jahrzehnt ertrugen die Funktionäre aber diese geistige
Eigenständigkeit nicht und ein schäbiger Kleinkrieg sollte Peter Huchel zermürben und für den Rest seines Lebens belasten. Durch die Jahre der Isolation in der DDR psychisch und physisch gezeichnet, konnte er 1972 nach Staufen im Breisgau übersiedeln.
Er arbeitete viel, um sich und seiner Familie eine neue Existenz aufzubauen, konnte aber auch im Westen die nötige schöpferische Ruhe und Ausgeglichenheit nicht mehr finden. In den Erinnerungen von Christoph Meckel, den Gedankensplittern, den kurzen Beschreibungen, den Gedichten wird uns der Lyriker, der Mensch Peter Huchel respektvoll beschrieben und nahegebracht.
Es ist der Text einer Freundschaft über die Generationen und Grenzen hinweg. Wenn Meckel schreibt, " Eine Maske besaß Peter Huchel nicht, er lebte mit seinem Gesicht“ drückt dies Achtung und Wertschätzung des Jüngeren für den Älteren aus.
Buchempfehlung:
IG-Metall-Chef Berthold Huber empfiehlt:
Cormac McCarthy: „Die Strasse“
Rowohlt Verlag

Cover: „Katharina Weinberger: Kopfzahl-Paranoia“© Deutscher Taschenbuch Verlag

Cover: „James Mollison: Escobar“© Wilhelm Heyne Verlag

Cover: „Christoph Meckel: Hier wird Gold gewaschen“© Libelle Verlag