Kurz und kritisch
Der Autor Ekkehart Krippendorff beklagt, die Politik habe alte europäische Ideale einem Herrschaftsmechanismus geopfert. Ross King porträtiert den Philosophen Machiavelli. Und Rachel Shabi berichtet vom Leben arabischer Juden in Israel.
Ekkehart Krippendorff: Die Kultur des Politischen. Wege aus den Diskursen der Macht
Kadmos Verlag
Dieses Pauschalurteil ist nicht neu: "Den Politikern" gehe es doch nur um Machterhalt und Posten. So weit, so alt. Der Politikwissenschaftler Ekkehart Krippendorff ergänzt diesen Vorwurf um die Kritik, die Politik habe alte europäische Ideale einem Herrschaftsmechanismus geopfert - und feiere das auch noch als Realpolitik. Politik müsse aber mehr sein, lautet Krippendorffs zentrale Mahnung. Er erinnert an Platon und die Philosophenherrschaft, an Schiller und die Freiheit, an kulturelle Vielfalt und Gemeinschaft in Europa. Alles perdu, beklagt der Autor, nicht einmal mehr Freundschaften gebe es in der Politik. Wie bitte!? Was war mit Kohl und Jelzin? Was mit Schröder und Putin? Die Kommen bei Krippendorf schlicht nicht vor. Was nicht etwa daran liegt, dass diese Beispiele zu alt wären. In dem frisch erschienen Buch ist schließlich auch vom "jüngst wiedergewählten" Bush junior die Rede. Und so entpuppt sich dieser Band nach einer vielversprechenden Einleitung schnell als das, was er ist: eine nur lose verbundene Sammlung alter Vortragstexte.
Ross King: Machiavelli. Philosoph der Macht
Knaus Verlag
Auch ein Philosoph, Dichter und Geschichtsschreiber kann zum Symbol skrupelloser Machtpolitik werden. Niccolò Machiavelli wäre wahrscheinlich längst vergessen, hätte er nicht vor 500 Jahren jenen skandalösen Text geschrieben, der Machthaber lehrt, ihre Herrschaft mit List, Betrug und Mord zu sichern. Ross King, in England lebender Literatur- und Kunstwissenschaftler, hat Machiavellis Lebensgeschichte aufgeschrieben. Er stellt ihn uns als Karrierepolitiker vor, der im Auftrag seiner Heimatstadt Florenz hochrangige diplomatische und auch militärische Missionen durchführt. Dann wird er bei einem der üblichen Machtwechsel ins Landleben verbannt, wo er jenes Werk verfasst, das ihn wieder ins politische Karrierespiel bringen sollte. Das Erstaunliche ist, dass Machiavelli vermutlich selbst sein schlechtester Schüler war - er war nicht hinterlistig und schaffte es nie, sich den richtigen Leuten anzudienen. Stattdessen kam er ins Gefängnis. Seine Grundfrage war: Kann man das Schicksal zwingen oder ist man ihm ausgeliefert? Fortuna hat Machiavelli nie bezwungen, aber sie hat ihm trotzdem einen schillernden Namen und Unsterblichkeit verliehen - was sehr schön und gut lesbar von Ross King erzählt wird.
Rachel Shabi: Wir sehen aus wie der Feind. Arabische Juden in Israel
Berlin Verlag.
"Wir sehen aus wie der Feind", konstatiert die Autorin, und beschreibt damit ein zentrales Problem vieler arabischer Juden. Rachel Shabi wurde als Tochter irakischer Juden in Israel geboren, ist dann in London aufgewachsen und lebt heute in Tel Aviv. Mit dem skeptischen Blick der Außenstehenden beschreibt sie eine gespaltene israelische Gesellschaft: einerseits die etablierten, europäisch geprägten Juden, andererseits die orientalischen Juden aus Ägypten, aus dem Jemen, aus dem Irak, gesellschaftlich abgehängt im eigenen Land. Rachel Shabi listet detailreich politische und kulturelle Versäumnisse seit der Staatsgründung auf, und diagnostiziert eine fast systematische Missachtung der orientalischen Juden und ihrer Kultur. Aber: So deutlich ihre Worte sind, so unklar sind manche ihrer Belege. Zitiert wird nach Hörensagen, analysiert per Mutmaßung. Beim Lesen fühlt man sich eher manipuliert denn informiert. Trotzdem weckt die Lektüre Interesse für eine zweigeteilte Gesellschaft, deren innere Probleme durch die permanente äußere Bedrohung überdeckt werden.
Kadmos Verlag
Dieses Pauschalurteil ist nicht neu: "Den Politikern" gehe es doch nur um Machterhalt und Posten. So weit, so alt. Der Politikwissenschaftler Ekkehart Krippendorff ergänzt diesen Vorwurf um die Kritik, die Politik habe alte europäische Ideale einem Herrschaftsmechanismus geopfert - und feiere das auch noch als Realpolitik. Politik müsse aber mehr sein, lautet Krippendorffs zentrale Mahnung. Er erinnert an Platon und die Philosophenherrschaft, an Schiller und die Freiheit, an kulturelle Vielfalt und Gemeinschaft in Europa. Alles perdu, beklagt der Autor, nicht einmal mehr Freundschaften gebe es in der Politik. Wie bitte!? Was war mit Kohl und Jelzin? Was mit Schröder und Putin? Die Kommen bei Krippendorf schlicht nicht vor. Was nicht etwa daran liegt, dass diese Beispiele zu alt wären. In dem frisch erschienen Buch ist schließlich auch vom "jüngst wiedergewählten" Bush junior die Rede. Und so entpuppt sich dieser Band nach einer vielversprechenden Einleitung schnell als das, was er ist: eine nur lose verbundene Sammlung alter Vortragstexte.
Ross King: Machiavelli. Philosoph der Macht
Knaus Verlag
Auch ein Philosoph, Dichter und Geschichtsschreiber kann zum Symbol skrupelloser Machtpolitik werden. Niccolò Machiavelli wäre wahrscheinlich längst vergessen, hätte er nicht vor 500 Jahren jenen skandalösen Text geschrieben, der Machthaber lehrt, ihre Herrschaft mit List, Betrug und Mord zu sichern. Ross King, in England lebender Literatur- und Kunstwissenschaftler, hat Machiavellis Lebensgeschichte aufgeschrieben. Er stellt ihn uns als Karrierepolitiker vor, der im Auftrag seiner Heimatstadt Florenz hochrangige diplomatische und auch militärische Missionen durchführt. Dann wird er bei einem der üblichen Machtwechsel ins Landleben verbannt, wo er jenes Werk verfasst, das ihn wieder ins politische Karrierespiel bringen sollte. Das Erstaunliche ist, dass Machiavelli vermutlich selbst sein schlechtester Schüler war - er war nicht hinterlistig und schaffte es nie, sich den richtigen Leuten anzudienen. Stattdessen kam er ins Gefängnis. Seine Grundfrage war: Kann man das Schicksal zwingen oder ist man ihm ausgeliefert? Fortuna hat Machiavelli nie bezwungen, aber sie hat ihm trotzdem einen schillernden Namen und Unsterblichkeit verliehen - was sehr schön und gut lesbar von Ross King erzählt wird.
Rachel Shabi: Wir sehen aus wie der Feind. Arabische Juden in Israel
Berlin Verlag.
"Wir sehen aus wie der Feind", konstatiert die Autorin, und beschreibt damit ein zentrales Problem vieler arabischer Juden. Rachel Shabi wurde als Tochter irakischer Juden in Israel geboren, ist dann in London aufgewachsen und lebt heute in Tel Aviv. Mit dem skeptischen Blick der Außenstehenden beschreibt sie eine gespaltene israelische Gesellschaft: einerseits die etablierten, europäisch geprägten Juden, andererseits die orientalischen Juden aus Ägypten, aus dem Jemen, aus dem Irak, gesellschaftlich abgehängt im eigenen Land. Rachel Shabi listet detailreich politische und kulturelle Versäumnisse seit der Staatsgründung auf, und diagnostiziert eine fast systematische Missachtung der orientalischen Juden und ihrer Kultur. Aber: So deutlich ihre Worte sind, so unklar sind manche ihrer Belege. Zitiert wird nach Hörensagen, analysiert per Mutmaßung. Beim Lesen fühlt man sich eher manipuliert denn informiert. Trotzdem weckt die Lektüre Interesse für eine zweigeteilte Gesellschaft, deren innere Probleme durch die permanente äußere Bedrohung überdeckt werden.

Ross King: "Machiavelli"© promo