Kurz und kritisch
Thomas Druyen befasst sich in "Reichtum und Vermögen" mit der Finanzwirtschaft. Heinrich Stader schreibt in "Mandantenschwarzbuch" über lästige Mandanten. David Gugerli legt in "Suchmaschinen" ein Buch über globale Datenbanken vor.
Thomas Druyen: Reichtum und Vermögen
VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Ein böser Satz: "Wer arbeitet, hat keine Zeit, um Geld zu verdienen." So sprechen die Finanzjongleure, die sich jenseits wertschöpfender Tätigkeiten am puren Geschäft mit dem Gelde bereichern. Der Satz steht neben vielen bedenkenswerten Fakten in einem Kongressreader über Reichtumsforschung. Die hat Seltenheitswert! Über die Armen wissen wir mehr als genug, da fehlt es nur an Handlungskonzepten. Über die Reichen wissen wir nichts.
Dabei sind sie – auch wenn diese Einsicht als Tabu gilt – fürs Funktionieren unserer Welt wichtiger als die Armen. "Das vorhandene Vermögen sichert die Überlebensfähigkeit der Gesellschaft und bedarf deshalb ihres Schutzes und ihrer Kontrolle", sagt der Wiener Soziologe Thomas Druyen: "Die Vermögenden selbst stehen in einer einzigartigen Verantwortung." Wer diese ethische Bindung trotz seiner Besitztümer ablehne, sei nur reich, nicht vermögend. Viel zu haben, verpflichte auch dazu, viel zu tun. Ein notwendiges Buch voller überraschender Facetten und Denkanstöße.
Heinrich Stader: Mandantenschwarzbuch
Heinrich Stader, Libelle Verlag.
Schon mal einen Anwalt gehabt, der einen Prozess vergeigte, aber trotzdem sein üppiges Honorar abrechnete? Will man im Ärger über diese Zunft bestätigt werden, lese man Heinrich Stader: So arrogant, so böse und vermutlich auch so zutreffend hat noch nie ein Jurist offen über seine Mandantschaft gelästert: "BGB ist Profi-Recht", näselt es von oben herab. "Ihr könnt es nicht wissen. Ihr habt es nicht studiert." Ein Gutteil des Jobs bestehe "unvermeidlich aus Sonderpädagogik", woraus zwingend folgt: "Der eigene Mandant ist die größte Schwachstelle des Prozesses."
Was so eindeutig parteiisch klingt, entpuppt sich dann aber auch als Rundumschlag gegen die Verrechtlichung unseres Alltags. Nichzt zuletzt die Justiz kriegt ihr Fett weg. So seien Oberlandesgerichte rein auf juristische Schönheitspreise abonniert, und das OLG Frankfurt heiße unter Insidern nur "Hessen-Lotto". Mit wohligem Gruseln schließt man das aphoristisch zugespitzte Buch, denn man hat eines gelernt: Bloß nie mehr prozessieren!
David Gugerli: Suchmaschinen. Die Welt als Datenbank, Suhrkamp Verlag
Als omnipotente Suchmaschine ängstigt Google derzeit viele Kulturkritiker. Der Technikhistoriker David Gugerli fügt der Debatte einen überraschend neuen Aspekt hinzu: Mentalitätsgeschichtlich sei dem Internet eine völlig andere, ebenfalls technisch dominierte Suchbewegung vorausgegangen, die - man höre und staune - im Fernsehen stattfand: Robert Lembkes harmloses Beruferaten "Was bin ich?" und Eduard Zim¬mermanns "Aktenzeichen XY ungelöst" seien die ersten Übungen einer massenmedialen Suche nach verborgenen Daten gewesen.
Überpointierung ist das Grundrecht des Essayisten, und Gugerli nutzt es weidlich. Mit Horst Herolds Rasterfahndung in den Siebzigern und einem Aufsatz über frühe Datenbankalgorithmen schließt sich der Kreis dann wieder überraschend schlüssig. Merke: Alles Neue hat Wurzeln im Alten, keine technische Revolution kommt aus dem Nichts.
VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Ein böser Satz: "Wer arbeitet, hat keine Zeit, um Geld zu verdienen." So sprechen die Finanzjongleure, die sich jenseits wertschöpfender Tätigkeiten am puren Geschäft mit dem Gelde bereichern. Der Satz steht neben vielen bedenkenswerten Fakten in einem Kongressreader über Reichtumsforschung. Die hat Seltenheitswert! Über die Armen wissen wir mehr als genug, da fehlt es nur an Handlungskonzepten. Über die Reichen wissen wir nichts.
Dabei sind sie – auch wenn diese Einsicht als Tabu gilt – fürs Funktionieren unserer Welt wichtiger als die Armen. "Das vorhandene Vermögen sichert die Überlebensfähigkeit der Gesellschaft und bedarf deshalb ihres Schutzes und ihrer Kontrolle", sagt der Wiener Soziologe Thomas Druyen: "Die Vermögenden selbst stehen in einer einzigartigen Verantwortung." Wer diese ethische Bindung trotz seiner Besitztümer ablehne, sei nur reich, nicht vermögend. Viel zu haben, verpflichte auch dazu, viel zu tun. Ein notwendiges Buch voller überraschender Facetten und Denkanstöße.
Heinrich Stader: Mandantenschwarzbuch
Heinrich Stader, Libelle Verlag.
Schon mal einen Anwalt gehabt, der einen Prozess vergeigte, aber trotzdem sein üppiges Honorar abrechnete? Will man im Ärger über diese Zunft bestätigt werden, lese man Heinrich Stader: So arrogant, so böse und vermutlich auch so zutreffend hat noch nie ein Jurist offen über seine Mandantschaft gelästert: "BGB ist Profi-Recht", näselt es von oben herab. "Ihr könnt es nicht wissen. Ihr habt es nicht studiert." Ein Gutteil des Jobs bestehe "unvermeidlich aus Sonderpädagogik", woraus zwingend folgt: "Der eigene Mandant ist die größte Schwachstelle des Prozesses."
Was so eindeutig parteiisch klingt, entpuppt sich dann aber auch als Rundumschlag gegen die Verrechtlichung unseres Alltags. Nichzt zuletzt die Justiz kriegt ihr Fett weg. So seien Oberlandesgerichte rein auf juristische Schönheitspreise abonniert, und das OLG Frankfurt heiße unter Insidern nur "Hessen-Lotto". Mit wohligem Gruseln schließt man das aphoristisch zugespitzte Buch, denn man hat eines gelernt: Bloß nie mehr prozessieren!
David Gugerli: Suchmaschinen. Die Welt als Datenbank, Suhrkamp Verlag
Als omnipotente Suchmaschine ängstigt Google derzeit viele Kulturkritiker. Der Technikhistoriker David Gugerli fügt der Debatte einen überraschend neuen Aspekt hinzu: Mentalitätsgeschichtlich sei dem Internet eine völlig andere, ebenfalls technisch dominierte Suchbewegung vorausgegangen, die - man höre und staune - im Fernsehen stattfand: Robert Lembkes harmloses Beruferaten "Was bin ich?" und Eduard Zim¬mermanns "Aktenzeichen XY ungelöst" seien die ersten Übungen einer massenmedialen Suche nach verborgenen Daten gewesen.
Überpointierung ist das Grundrecht des Essayisten, und Gugerli nutzt es weidlich. Mit Horst Herolds Rasterfahndung in den Siebzigern und einem Aufsatz über frühe Datenbankalgorithmen schließt sich der Kreis dann wieder überraschend schlüssig. Merke: Alles Neue hat Wurzeln im Alten, keine technische Revolution kommt aus dem Nichts.

Cover: "Thomas Druyen: Reichtum und Vermögen"© VS Verlag für Sozialwissenschaften

Cover: "Heinrich Stader: Mandantenschwarzbuch"© Libelle Verlag

Cover: "David Gugerli: Suchmaschinen"© Suhrkamp Verlag