Kurz und kritisch
In dem Buch "Obamas politischer Körper" geht es um einen neuen Blick auf den US-Präsidenten. "Rückkehr des Staates?" befasst sich mit der Rolle der Gemeinschaft in einer "zweiten Moderne". "Der Hass auf den Westen" dreht sich um eine versöhnlichere Ordnung der Welt.
Ulrich Haltern: Obamas politischer Körper
Berlin University Press
Kaum ein Politiker hat die Fantasie von Autoren so angeregt wie Barack Obama. Trotz seiner kurzen Amtszeit sind bereits Dutzende Bücher über den US-Präsidenten erschienen. Umso erstaunlicher ist, dass es Ulrich Haltern gelungen ist, einen völlig neuen Blick zu entdecken. Der Rechtsprofessor aus Hannover versucht an der Person Obama und den Blick auf ihn, die Unterschiede im Staatsverständnis in den USA und Europa zu erklären.
Halters These: die Amerikaner sehen in ihrem Präsidenten die Verkörperung des Staates. Auch Obama ist deshalb ein "politischer Körper", der stark mit Symbolen arbeitet und selbst eine Projektionsfläche für eigene Wünsche und politische Vorstellungen bietet. Den aufgeklärten Europäern ist dieser auch für Monarchien typische "politische Körper" dagegen abhanden gekommen, den sie als Leitfigur aber sehr wohl vermissen. Sie setzen eher auf den nüchternen Diskurs und das Wort.
So weit, so gut. Leider hat sich der transatlantische Grenzgänger Haltern beim Schreiben des Buches nicht für die Lesbarkeit amerikanischer Fachbücher entschieden, sondern für verbrämte deutsche Professoralrhetorik. Die Lektüre wird dadurch nicht nur mühsam. Sie bietet am Ende auch wenig Erkenntnisgewinn.
Die Essenz der anderen Denk- und Gefühlswelt der Amerikaner lässt sich mit dem schlichten Hinweis auf die anderen historischen und geographischen Erfahrungen besser beschreiben als mit Halterns geistesgeschichtlicher Fleißarbeit um den "politischen Körper".
Rolf G. Heinze: Rückkehr des Staates? Politische Handlungsmöglichkeiten in unsicheren Zeiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften.
"Kehrt der Staat zurück?", fragt der Soziologe Rolf G. Heinze. Natürlich kehrt er zurück: Die Bundesregierung antwortet auf die Weltwirtschaftskrise mit einem Schutzschirm über Banken, Unternehmen, Arbeitsplätzen und Konjunkturprogrammen. Doch deswegen habe er seine Rolle in einer "zweiten Moderne", in unsicheren Zeiten noch lange nicht gefunden, glaubt der Professor für Soziologie, Arbeit und Wirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum.
Denn allein werde der Staat künftig Probleme weder steuern noch lösen können, sondern nur gemeinsam mit anderen Akteuren. Die Schwäche der Politik sei es, dass sie nicht zu strategischer Planung fähig und auch nicht experimentierfreudig sei. Letztlich helfe ihr der Rat von Experten viel zu wenig. Zum einen sei sie geradezu schutzlos den öffentlichen Kampagnen von Medien und Verbänden ausgeliefert. Zum anderen lehne die deutsche Gesellschaft nach wie vor Reformen ab - gefangen in panischer Angst um Stabilität und Sicherheit.
Rolf G. Heinze hält den Politikstil von Ex-Kanzler Schröder für methodisch richtig. Nur ist diese Methode an vielerlei Widerstand gescheitert und prägt fortan Politik und Gesellschaft durch eben diese schlechte Erfahrung. Sie macht es notwendig, aber gerade nicht leichter für den Staat eine neue, angemessene Rolle zu finden. Vielleicht würde es ja helfen, wenn Soziologen Texte schreiben könnten, die für Laien lesbar wären.
Jean Ziegler: Der Hass auf den Westen - Wie sich die armen Völker gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg wehren
C. Bertelsmann Verlag
Ein kämpferischer Linker meldet sich zu Wort - der Genfer Soziologe Jean Ziegler. Sein neues Buch ist viel nachdenklicher, als es der plakative Titel "Der Hass auf den Westen" nahelegt. Er mahnt uns, eine versöhnlichere Ordnung der Welt anzustreben- die zu mehr Gerechtigkeit führt. Wie entstand der Hass gegen den Westen, der in den Ländern Lateinamerikas und Afrikas verbreitet ist? Die Kolonialgeschichte ist ein wichtiger Grund Neu ist diese Erkenntnis nicht. Ziegler hat Munition gesammelt, für sein Gefecht gegen westliche Denkmuster.
Leider wählt er das Schlachtfeld zu groß. Also schießt er kreuz und querbeet gegen "den Westen".
Seit dem Mauerfall ist der Gedanke an ein anderes Gedächtnis als das tradierte westliche in Verruf geraten – heißt es im Buch. Jean Ziegler will das nicht hinnehmen. Sein Charisma blitzt im Text gelegentlich auf - in Zitaten - von Claude Levi-Strauss bis Blaise Pascal. Ziegler nimmt sich selbst zurück- und so gelingt ihm, was Levi Strauss durch geduldige Erkundungen glückte: unsre Sinne für das politische Erleben und das kulturelle Gedächtnis der Länder zu schärfen, die am Rand unsres Blickfelds liegen. Wenn wir verstehen, warum ihre Probleme auch die unsrigen sind, schließt sich der Kreis.
Berlin University Press
Kaum ein Politiker hat die Fantasie von Autoren so angeregt wie Barack Obama. Trotz seiner kurzen Amtszeit sind bereits Dutzende Bücher über den US-Präsidenten erschienen. Umso erstaunlicher ist, dass es Ulrich Haltern gelungen ist, einen völlig neuen Blick zu entdecken. Der Rechtsprofessor aus Hannover versucht an der Person Obama und den Blick auf ihn, die Unterschiede im Staatsverständnis in den USA und Europa zu erklären.
Halters These: die Amerikaner sehen in ihrem Präsidenten die Verkörperung des Staates. Auch Obama ist deshalb ein "politischer Körper", der stark mit Symbolen arbeitet und selbst eine Projektionsfläche für eigene Wünsche und politische Vorstellungen bietet. Den aufgeklärten Europäern ist dieser auch für Monarchien typische "politische Körper" dagegen abhanden gekommen, den sie als Leitfigur aber sehr wohl vermissen. Sie setzen eher auf den nüchternen Diskurs und das Wort.
So weit, so gut. Leider hat sich der transatlantische Grenzgänger Haltern beim Schreiben des Buches nicht für die Lesbarkeit amerikanischer Fachbücher entschieden, sondern für verbrämte deutsche Professoralrhetorik. Die Lektüre wird dadurch nicht nur mühsam. Sie bietet am Ende auch wenig Erkenntnisgewinn.
Die Essenz der anderen Denk- und Gefühlswelt der Amerikaner lässt sich mit dem schlichten Hinweis auf die anderen historischen und geographischen Erfahrungen besser beschreiben als mit Halterns geistesgeschichtlicher Fleißarbeit um den "politischen Körper".
Rolf G. Heinze: Rückkehr des Staates? Politische Handlungsmöglichkeiten in unsicheren Zeiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften.
"Kehrt der Staat zurück?", fragt der Soziologe Rolf G. Heinze. Natürlich kehrt er zurück: Die Bundesregierung antwortet auf die Weltwirtschaftskrise mit einem Schutzschirm über Banken, Unternehmen, Arbeitsplätzen und Konjunkturprogrammen. Doch deswegen habe er seine Rolle in einer "zweiten Moderne", in unsicheren Zeiten noch lange nicht gefunden, glaubt der Professor für Soziologie, Arbeit und Wirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum.
Denn allein werde der Staat künftig Probleme weder steuern noch lösen können, sondern nur gemeinsam mit anderen Akteuren. Die Schwäche der Politik sei es, dass sie nicht zu strategischer Planung fähig und auch nicht experimentierfreudig sei. Letztlich helfe ihr der Rat von Experten viel zu wenig. Zum einen sei sie geradezu schutzlos den öffentlichen Kampagnen von Medien und Verbänden ausgeliefert. Zum anderen lehne die deutsche Gesellschaft nach wie vor Reformen ab - gefangen in panischer Angst um Stabilität und Sicherheit.
Rolf G. Heinze hält den Politikstil von Ex-Kanzler Schröder für methodisch richtig. Nur ist diese Methode an vielerlei Widerstand gescheitert und prägt fortan Politik und Gesellschaft durch eben diese schlechte Erfahrung. Sie macht es notwendig, aber gerade nicht leichter für den Staat eine neue, angemessene Rolle zu finden. Vielleicht würde es ja helfen, wenn Soziologen Texte schreiben könnten, die für Laien lesbar wären.
Jean Ziegler: Der Hass auf den Westen - Wie sich die armen Völker gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg wehren
C. Bertelsmann Verlag
Ein kämpferischer Linker meldet sich zu Wort - der Genfer Soziologe Jean Ziegler. Sein neues Buch ist viel nachdenklicher, als es der plakative Titel "Der Hass auf den Westen" nahelegt. Er mahnt uns, eine versöhnlichere Ordnung der Welt anzustreben- die zu mehr Gerechtigkeit führt. Wie entstand der Hass gegen den Westen, der in den Ländern Lateinamerikas und Afrikas verbreitet ist? Die Kolonialgeschichte ist ein wichtiger Grund Neu ist diese Erkenntnis nicht. Ziegler hat Munition gesammelt, für sein Gefecht gegen westliche Denkmuster.
Leider wählt er das Schlachtfeld zu groß. Also schießt er kreuz und querbeet gegen "den Westen".
Seit dem Mauerfall ist der Gedanke an ein anderes Gedächtnis als das tradierte westliche in Verruf geraten – heißt es im Buch. Jean Ziegler will das nicht hinnehmen. Sein Charisma blitzt im Text gelegentlich auf - in Zitaten - von Claude Levi-Strauss bis Blaise Pascal. Ziegler nimmt sich selbst zurück- und so gelingt ihm, was Levi Strauss durch geduldige Erkundungen glückte: unsre Sinne für das politische Erleben und das kulturelle Gedächtnis der Länder zu schärfen, die am Rand unsres Blickfelds liegen. Wenn wir verstehen, warum ihre Probleme auch die unsrigen sind, schließt sich der Kreis.

Cover: "Ulrich Haltern: Obamas politischer Körper"© Berlin University Press

Cover: "Rolf G. Heinze: Rückkehr des Staates?"© VS Verlag für Sozialwissenschaften