Kurz und kritisch
In "Nie mehr zurück in dieses Land" erzählen Überlebende der Novemberprogrome 1938. "Weltgeschichte" handelt von der Globalisierung. In "Miteinander ernten" geht es unter anderem um die Stärke der deutschen Mittelständler.
Nie mehr zurück in dieses Land - Augenzeugenberichte über die Novemberprogrome 1938 herausgegeben von Uta Gerhardt und Thomas Karlauf. Propyläen-Verlag.
400 Menschen ermordet, 30.000 Menschen verhaftet, misshandelt, in Gefängnisse und Konzentrationslager gesteckt, weit mehr als 1000 Synagogen und Bettstuben abgefackelt. Die erschütternde Bilanz der Novemberpogrome des Jahres 1938 ist bekannt. Das wirkliche Grauen wird aber erst durch Berichte der Überlebenden deutlich: Mütter, deren Ehemänner im Schlafanzug verschleppt werden; Kinder, in der Schule verhöhnt und geschlagen; alte Menschen, mit vorgehaltener Pistole gezwungen, ihr eigen Hab und Gut zu zerschlagen; und immer wieder unberechenbare Gewaltexzesse der marodierenden SA-Trupps.
Notizen aus grauenhaften Tagen, deren minutiös geplanten Überfälle als "Volkswut" getarnt wurden, und die nur ein erster Auftakt der bevorstehenden Judenvernichtung sein sollten. Ein eindrücklicher Band, dessen Texte vor 70 Jahren, unmittelbar nach den Pogromen entstanden sind.
Jürgen Mirow: Weltgeschichte
Piper Verlag
Das Vorhaben klingt schon gewaltig und ambitioniert: "Welt Geschichte" steht auf dem Umschlag des 780 Seiten starken Buches und es enthält: Weltgeschichte. Seine Absicht ist es, in den Zeiten der Globalisierung, in denen alles mit allem zusammenhängt, zu erklären, was mit wem zusammenhängt und seit wann schon.
Dabei geht Autor Jürgen Mirow davon aus, dass Weltgeschichte kein "zufälliges Gewimmel" ist, sondern "Dynamik und Richtung" aufweist, aus denen sich Erklärungsmodelle ermitteln lassen. Nun ist die Geschichte der Welt lang und vielfältig, und diese Tatsache ist es, die dem Buch den Stempel aufdrückt und nicht die auf Erkenntnis hoffende Absicht des Autors. Ein Wust an Zahlen und Namen stürzt auf den Leser ein, wenn er versucht zu verstehen, wie aus Häuptlingsgesellschaften Clangesellschaften entstanden und daraus definierte Staaten, die aber durch den Einbruch von nomadischen Barbaren immer wieder zurückgeworfen wurden.
Und schon bei diesem Thema geht es in halbseitigen Sprüngen von Asien nach Afrika nach Europa. Europa im 18. Jahrhundert: "Hegemonie oder Staatensysteme" heißt die Frage. Ein gekürztes Zitat: "Nachdem Schweden ... nach einer Hegemonie im Ostseeraum gestrebt hatte, brach seine Großmachtstellung im Nordischen Krieg zusammen. Nun drängte Russland auf die Bühne. Schließlich stieg Preußen auf... zugleich verlor Frankreich seine überseeischen Besitzungen." Das ist wohl alles so passiert, aber verstanden hat man nichts. Vielleicht ist die Aufgabe doch zu monströs, als dass man sie sinnstiftend in einen Band packen könnte.
Klemens Kalverkamp: Miteinander ernten. Das Erfolgsgeheimnis des German Management
Wiley-VCH Verlag, Weinheim
Er schreibt so, wie er wohl auch ein längeres Gespräch führen würde, wenn der Leser ihn im niedersächsischen Damme besuchte – in der Grimme Landmaschinenfabrik, wo Klemens Kalverkamp als Geschäftsführer angestellt ist. Das Unternehmen stellt große Erntefahrzeuge für Kartoffel- und Zuckerrübenfelder her. Das Landleben hat ihn geprägt - erst als Sohn eines Bauern, dann als Ingenieur.
Daher sind es ganz bodenständige Einsichten, welche ihn zum "Erfolgsgeheimnis des German Management" führen. Im Titel seines Buches fasst er es kurz und knapp zusammen: "Miteinander ernten". Und dieses Miteinander setze ein ehrliches Gespräch voraus – der Chefs mit den Mitarbeitern, der Kollegen untereinander, der Ingenieure und Techniker mit den Kunden aus der Landwirtschaft.
Nur wenn sich Menschen gegenseitig ernst nehmen, Wünsche respektieren und Potenziale fördern würden, gelänge es einem Team, einer Firma insgesamt innovativ und erfolgreich zu sein. Darin sieht Klemens Kalverkamp die Stärke der deutschen Mittelständler. So seien sie mit ihren Produkten Weltmarkführer geworden. Er legt ein flammendes Bekenntnis zum Führungsstil der Familienunternehmen ab.
Den Aktienkonzernen kreidet er dagegen an, allzu gewinnorientiert zu sein, dafür aber umso bürokratischer und unpersönlicher. Vielleicht entstanden ja Finanzkrise und Rezession vornehmlich aus den Irrtümern der Städter. Klemens Kalverkamp setzt freundlich plaudernd einen Kontrapunkt. Er führt den Leser übers Land zu den wenig bekannten Champions.
400 Menschen ermordet, 30.000 Menschen verhaftet, misshandelt, in Gefängnisse und Konzentrationslager gesteckt, weit mehr als 1000 Synagogen und Bettstuben abgefackelt. Die erschütternde Bilanz der Novemberpogrome des Jahres 1938 ist bekannt. Das wirkliche Grauen wird aber erst durch Berichte der Überlebenden deutlich: Mütter, deren Ehemänner im Schlafanzug verschleppt werden; Kinder, in der Schule verhöhnt und geschlagen; alte Menschen, mit vorgehaltener Pistole gezwungen, ihr eigen Hab und Gut zu zerschlagen; und immer wieder unberechenbare Gewaltexzesse der marodierenden SA-Trupps.
Notizen aus grauenhaften Tagen, deren minutiös geplanten Überfälle als "Volkswut" getarnt wurden, und die nur ein erster Auftakt der bevorstehenden Judenvernichtung sein sollten. Ein eindrücklicher Band, dessen Texte vor 70 Jahren, unmittelbar nach den Pogromen entstanden sind.
Jürgen Mirow: Weltgeschichte
Piper Verlag
Das Vorhaben klingt schon gewaltig und ambitioniert: "Welt Geschichte" steht auf dem Umschlag des 780 Seiten starken Buches und es enthält: Weltgeschichte. Seine Absicht ist es, in den Zeiten der Globalisierung, in denen alles mit allem zusammenhängt, zu erklären, was mit wem zusammenhängt und seit wann schon.
Dabei geht Autor Jürgen Mirow davon aus, dass Weltgeschichte kein "zufälliges Gewimmel" ist, sondern "Dynamik und Richtung" aufweist, aus denen sich Erklärungsmodelle ermitteln lassen. Nun ist die Geschichte der Welt lang und vielfältig, und diese Tatsache ist es, die dem Buch den Stempel aufdrückt und nicht die auf Erkenntnis hoffende Absicht des Autors. Ein Wust an Zahlen und Namen stürzt auf den Leser ein, wenn er versucht zu verstehen, wie aus Häuptlingsgesellschaften Clangesellschaften entstanden und daraus definierte Staaten, die aber durch den Einbruch von nomadischen Barbaren immer wieder zurückgeworfen wurden.
Und schon bei diesem Thema geht es in halbseitigen Sprüngen von Asien nach Afrika nach Europa. Europa im 18. Jahrhundert: "Hegemonie oder Staatensysteme" heißt die Frage. Ein gekürztes Zitat: "Nachdem Schweden ... nach einer Hegemonie im Ostseeraum gestrebt hatte, brach seine Großmachtstellung im Nordischen Krieg zusammen. Nun drängte Russland auf die Bühne. Schließlich stieg Preußen auf... zugleich verlor Frankreich seine überseeischen Besitzungen." Das ist wohl alles so passiert, aber verstanden hat man nichts. Vielleicht ist die Aufgabe doch zu monströs, als dass man sie sinnstiftend in einen Band packen könnte.
Klemens Kalverkamp: Miteinander ernten. Das Erfolgsgeheimnis des German Management
Wiley-VCH Verlag, Weinheim
Er schreibt so, wie er wohl auch ein längeres Gespräch führen würde, wenn der Leser ihn im niedersächsischen Damme besuchte – in der Grimme Landmaschinenfabrik, wo Klemens Kalverkamp als Geschäftsführer angestellt ist. Das Unternehmen stellt große Erntefahrzeuge für Kartoffel- und Zuckerrübenfelder her. Das Landleben hat ihn geprägt - erst als Sohn eines Bauern, dann als Ingenieur.
Daher sind es ganz bodenständige Einsichten, welche ihn zum "Erfolgsgeheimnis des German Management" führen. Im Titel seines Buches fasst er es kurz und knapp zusammen: "Miteinander ernten". Und dieses Miteinander setze ein ehrliches Gespräch voraus – der Chefs mit den Mitarbeitern, der Kollegen untereinander, der Ingenieure und Techniker mit den Kunden aus der Landwirtschaft.
Nur wenn sich Menschen gegenseitig ernst nehmen, Wünsche respektieren und Potenziale fördern würden, gelänge es einem Team, einer Firma insgesamt innovativ und erfolgreich zu sein. Darin sieht Klemens Kalverkamp die Stärke der deutschen Mittelständler. So seien sie mit ihren Produkten Weltmarkführer geworden. Er legt ein flammendes Bekenntnis zum Führungsstil der Familienunternehmen ab.
Den Aktienkonzernen kreidet er dagegen an, allzu gewinnorientiert zu sein, dafür aber umso bürokratischer und unpersönlicher. Vielleicht entstanden ja Finanzkrise und Rezession vornehmlich aus den Irrtümern der Städter. Klemens Kalverkamp setzt freundlich plaudernd einen Kontrapunkt. Er führt den Leser übers Land zu den wenig bekannten Champions.

Cover: "Nie mehr zurück in dieses Land"© Propyläen-Verlag

Cover: "Jürgen Mirow: Weltgeschichte"© Piper Verlag

Cover: "Klemens Kalverkamp: Miteinander ernten"© Wiley-VCH Verlag