Kurz und kritisch

Holger Kulick und Toralf Staudt geben in "Das Buch gegen Nazis" Verhaltenstipps im Umgang mit Rechtsextremen. Serge Embacher befasst sich in "Demokratie" mit dem Politfrust in der Bevölkerung. Monika Maron erzählt in "Bitterfelder Bogen" eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte.
Holger Kulick/Toralf Staudt: Das Buch gegen Nazis
Verlag Kiepenheuer & Witsch

Selbsthilfe-Bücher – dabei geht es meist ums Abnehmen oder die Pflege von Selbstvertrauen und Zimmerpflanzen. Nach dem gleichen Schema ein Buch über Rechtsextremismus zu schreiben erscheint frivol, doch es ist notwendig. Woran erkennt man Neo-Nazis, was denken und fühlen Rechtsextremisten und vor allem: Wie verhält man sich konkret, wenn man mit ihnen konfrontiert wird? Ein Leitfaden der Szene-Kenner Holger Kulick und Toralf Staud vermittelt hierzu kompaktes Wissen und gibt Verhaltenstipps.

Wie reagiere ich auf Nazi-Pöbeleien in der U-Bahn, wie auf Onkel Rolfs rassistische Witze, wo finden Opfer rechter Gewalt Hilfe? Aber auch: Ist jeder fünfte Deutsche ein Antisemit? Die Antworten auf diese und Dutzende andere Fragen sind nüchtern und wirklichkeitsnah - und reflektieren so eine bedrückende Alltäglichkeit des Rechtsextremismus.


Serge Embacher: Demokratie! Nein danke? Demokratieverdruss in Deutschland.
Dietz-Verlag

Wenn Parteien im Wahlkampf Steuersenkungen, massenweise Arbeitsplätze oder sonst etwas Blaues vom Himmel versprechen, dann gilt das Teilen der Bevölkerung als "typisch". "Diese Politiker": die lügen und betrügen. Und wenn dann die Wahlbeteiligung auf ein Rekordtief sackt, dann lautet die Erklärung: Das sei keine Abkehr von der Demokratie. Das Publikum leide schlicht an akuter Politikerverdrossenheit. Aber ist das so einfach?

Die Friedrich-Ebert-Stiftung und ihr Autor Serge Embacher kommen in einer neuen Studie zu einem anderen Schluss: Embacher sieht nicht nur das Ansehen von Politikern, sondern die Demokratie selbst in der Krise. Er warnt vor einer "grassierenden Enttäuschung von Gerechtigkeitserwartungen an die Politik" und fordert, etwas pathetisch, die "Neuerfindung des Politischen selbst". Kein brillant geschriebenes Buch, aber ein alarmierender Blick auf einen sich breit machenden Politfrust.


Monika Maron: Bitterfelder Bogen
S. Fischer Verlag

Bitterfeld. Was für ein Name! Was für ein Verbrechen an der Umwelt und an den Menschen, die dort zwischen Chemiekombinaten und Braunkohleabbau lebten und leben. Bitterfeld also. Aber halt! Monika Maron wartet in ihrem Büchlein "Bitterfelder Bogen" mit einer anderen Etymologie des vermaledeiten Namens auf: Niederländische Siedler sollen den im 17. Jahrhundert "Bitterfeld" genannt haben. Abgeleitet vom "beteren Veld", dem besseren, dem fruchtbareren Feld. Und heute, zwei Dekaden nach dem Zusammenbruch der Industrie dieser Gegend?

Da entdeckt Maron wieder so ein besseres Feld, ein Feld für eine saubere, weil solare Energiewirtschaft. "Solar Valley". Eine schöne Erfolgsgeschichte, gewiss. Aber musste Maron sich deshalb gleich als Reklametexterin verdingen? Ihr Buch, gerade 170 Hochglanz-Großdruck-Seiten stark, wird jedenfalls demnächst von den entsprechenden Kommunen zu Werbezwecken an interessierte Industrie-Unternehmen verteilt werden können. Denn Bitterfeld ist jetzt clean und easy, die Böden sind gesäubert, die Leute freuen sich auf Arbeit.
Cover: "Holger Kulick/Toralf Staudt: Das Buch gegen Nazis"
Cover: "Holger Kulick/Toralf Staudt: Das Buch gegen Nazis"© Verlag Kiepenheuer & Witsch
Cover: "Serge Embacher: Demokratie! Nein danke?"
Cover: "Serge Embacher: Demokratie! Nein danke?"© Dietz-Verlag
Cover: "Monika Maron: Bitterfelder Bogen"
Cover: "Monika Maron: Bitterfelder Bogen"© S. Fischer Verlag