Kurz und kritisch

In den heute besprochenen Büchern geht es um die Grundfrage: "Was ist Natur"? und um wissenschaftliche Grundlagen der Energiewende.
Michael Hampe: Tunguska oder Das Ende der Natur
Hanser Verlag



"Die Natur überhaupt existiert nicht. Niemand hat sie bisher gesehen, ebenso wenig wie die Idee des Guten". Das schreibt Michael Hampe in "Tunguska oder Das Ende der Natur". Tunguska? Was war das noch mal? Der Name eines sibirischen Flusses steht für jene gewaltige Explosion, die am 30. Juni 1908 ein riesiges Areal erschütterte, und deren Ursachen bis heute nicht restlos geklärt sind. Eine Naturkatastrophe - doch warum Katastrophe? fragt Hampe, und entwirft einen tiefsinnigen philosophischen Diskurs. Das menschenleere, nun niedergebrannte Gebiet war ja keineswegs unnatürlich geworden, sondern bloß verändert. Vier Wissenschaftler besprechen in einem fiktiven Totengespräch die erkenntnistheoretischen Folgen der Katastrophe. Die Grundfrage, was Natur sei und wie der Mensch mit ihr umzugehen habe, bekommen sie indes nicht gelöst. "Alles Gefasel!", lautet der letzte Satz aus dem Mund des Positivisten im Quartett. Autor Hampe fügt deswegen einen längeren Essay an, in dem er der Einfachmoral von Vegetariern und romantischen Naturschützern eine harsche Abfuhr erteilt. Prädikat: Gehaltvoll, doch streckenweise zäh.


Thomas Bührke und Roland Wengenmayr (Herausgeber): Erneuerbare Energie. Konzepte für die Energiewende
Herausgegeben von Verlag Wiley-VCH



Die Philosophie mag manche Frage zur Natur offen lassen. Die Naturwissenschaft gibt zumindest Antworten, wie sie zu schonen sei. Großformatig und reich bebildert ist der Band "Erneuerbare Energie", und er steckt voller Technologie-Glauben und Machbarkeits-Optimismus. Eine Art "Was ist was?" für Erwachsene. Wie kann die schwankende Leistung von Windkraft-Parks ausgeglichen werden? Warum werden Solarzellen immer dünner? Wie funktionieren Osmosekraftwerke? Viele der Autoren sind Wissenschaftler und Ingenieure. Detailliert und dabei gut verständlich erläutern sie nicht nur die Zukunft der Stromerzeugung. Sie zeigen auch, wie die Stromnetze ausgebaut werden müssen, und welche Speichermethoden wir künftig brauchen werden. Ob die geplante Energiewende gelingt? Knapp 180 Seiten Wissenschaft rüsten für diese politische Debatte.
Cover: "Tunguska oder Das Ende der Natur" von Michael Hampe
Cover: "Tunguska oder Das Ende der Natur" von Michael Hampe© Hanser Verlag
Cover: "Erneuerbare Energie. Konzepte für die Energiewende" von Thomas Bührke und Roland Wengenmayr (Hrsg.)
Cover: "Erneuerbare Energie. Konzepte für die Energiewende" von Thomas Bührke und Roland Wengenmayr (Hrsg.)© Verlag Wiley-VCH