Kurz und kritisch

Rezensiert von Stefan Berkholz · 17.02.2013
Drei verschiedene Bücher, die doch zum gleichen Fazit kommen: Die Ungerechtigkeiten dürften zunehmen, sollte das Geschäftsmodell von einem Prozent reicher Leute die soziale Sicherheit der 99 Prozent anderen Menschen ungebremst schwächen.
Er hat der Occupy-Wall-Street-Bewegung den Slogan gegeben: "Wir sind die 99 Prozent". Mit den anderen, dem einen Prozent reicher Leute, und der Art, wie sie sich selbstbedienen, hatte er sich nämlich in einem Aufsatz für das Magazin "Vanity Fair" auseinandergesetzt.

Jetzt geht es Joseph Stiglitz um den Preis dafür. Der Nobelpreisträger für Wirtschaft des Jahres 2001, einst Berater von Bill Clinton und Chefvolkswirt der Weltbank, untersucht die enge Verknüpfung von Politik und Wirtschaft, sieht in der Arbeitslosigkeit eine rasende Verschwendung von Ressourcen, benennt den allgemeinen Wertewandel und die "betrügerischen und unethischen Praktiken" von Bankern und erkennt in alledem Gefahren für Demokratie und Rechtsstaat.

Den Kern des Problems macht er im "rent-seeking" aus, im Umschichten und Aufhäufen von Kapital. Mit Geld werde nur noch Geld verdient. Letztlich sei "rent-seeking" nutzlos, schaffe keine Arbeitsplätze, bringe keine Produktivität, sorge nicht für Nachhaltigkeit.

Seine Analyse wirkt weitgehend stimmig, tiefschürfend und aufschlussreich. Seine Forderungen klingen hoffnungsfroh und naiv zugleich, weil sie wohl leider nicht zu erfüllen sein werden.

Joseph Stiglitz: Der Preis der Ungleichheit.
Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht.

Aus dem amerikanischen Englisch von Thorsten Schmidt
Siedler Verlag München, 512 Seiten
24,99 Euro und als ebook 19,99 Euro


Das Thema Gerechtigkeit wird auch in zwei Büchern über Renten in Deutschland angesprochen. Christoph Birnbaum hält die Altersversorgung der Beamten für eine "Pensionslüge". Denn der Steuerzahler habe in den nächsten Jahrzehnten für eine Billion Euro aufzukommen. Gemessen an den künftigen Pensionsansprüchen seien die Kosten der deutschen Einheit ein Klacks gewesen.

Von Lüge spricht der Journalist, weil die Haushaltspolitiker keine Vorsorge getroffen hätten, um im Rahmen einer Pensionskasse entweder per Umlageverfahren oder aus angespartem Kapital Altersbezüge zu finanzieren.

Er hält solch ein transparentes System für notwendig, ähnlich der gesetzlichen Rentenversicherung für Angestellte. Dann müssten Beamte besser besoldet werden, könnten sich aber durch eigene Beiträge an ihrer Altersvorsorge beteiligen. Auch die Grenze für den Eintritt in den Ruhestand würde er heraufsetzen. Andernfalls, da ist er sich sicher, dürften die Pensionen gekürzt werden, sobald sie die laufenden Etats der öffentlichen Hand überfordern.

Christoph Birnbaum: Die Pensionslüge.
Warum der Staat seine Zusagen für Beamte nicht einhalten kann.

dtv München, 260 Seiten
14,99 Euro und als ebook 12,99 Euro


Empörender noch als das Pensionsproblem empfinden zwei andere Journalisten die Aussichten privater Rentenversicherungen und geißeln sie entsprechend als "Vorsorgelüge". Achtzig Prozent der Beitragszahler würden ein Verlustgeschäft eingehen, behaupten Holger Balodis und Dagmar Hühne.

Die rotgrüne Koalition unter Gerhard Schröder habe die gesetzliche Rente gekürzt und gleichzeitig eine staatlich geförderte private Altersvorsorge eingeführt. Nutznießer der Rentenreform seien aber Versicherungsunternehmen, nicht ihre Kunden. Denn die Angebote unter den Stichworten "Riester- oder Rürup-Rente" wirkten sich ungerecht aus, seien zudem unsicher, soweit sie spekulativ sind.

Also raten die Autoren, die gesetzliche Rentenversicherung wieder zu stärken. Nur zeigt das Beispiel Griechenland, dass in finanzieller Not auch der Staat die Sozialversicherung nicht mehr garantieren kann.

Holger Balodis, Dagmar Hühne: Die Vorsorgelüge.
Wie Politik und private Rentenversicherungen uns in die Altersarmut treiben.

Econ Verlag Berlin, 272 Seiten
18 Euro und als ebook 14,99 Euro
Cover: "Der Preis der Ungleichheit" von Joseph Stiglitz
Cover: "Der Preis der Ungleichheit" von Joseph Stiglitz© Siedler
Cover: "Die Pensionslüge" von Christoph Birnbaum
Cover: "Die Pensionslüge" von Christoph Birnbaum© dtv