Kunstwerk zum NSU-Prozess

Offene Fragen nach der Rolle des Staates

06:27 Minuten
Ein Holzrelief zeigt Besucher und ihren Blick in den Gerichtssaal.
Sebastian Jungs Relief zeigt den Gerichtssaal aus Sicht der Besuchertribüne. © Sebastian Jung
Sebastian Jung im Gespräch mit Timo Grampes |
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Vor zwei Jahren endete der NSU-Prozess in München. Mit einem Relief an der Fassade des Gerichts zeigt der Künstler Sebastian Jung, was ihm in der Debatte fehlt: die Sicht der Nebenkläger und Fragen nach der Verantwortung des Staates.
Der NSU-Prozess ist vielleicht vorbei, aber der Terror in seinem Namen geht weiter. Das wird spätestens deutlich, wenn eine Anwältin, die Opferfamilien bei einer Nebenklage vertreten hat, mit mit "NSU 2.0" unterschriebene Drohbotschaften erhält. So ist es Seda Başay-Yildiz ergangen. Auch Politikerinnen und Politiker der Linkspartei haben in den vergangenen Tagen ähnliche Schreiben erhalten.

Die Position der Angehörigen wurde ausgeblendet

Obwohl das Thema NSU also noch nicht abgeschlossen ist, wird bereits an den Prozess erinnert, bei dem ziemlich genau vor zwei Jahren das Urteil gefallen ist. Im Münchner Oberlandesgericht hat der Künstler Sebastian Jung nun ein Relief an der Gerichtsfassade enthüllt.
Das Kunstwerk ist zwei mal vier Meter groß und zeigt einen Blick in den Gerichtssaal A 101. Schemenhafte Figuren sind darauf zu sehen. Und dort, wo Zeugen saßen, eine große Leerstelle.
Gerahmte Zeichnungen des NSU-Prozesses hängen an einer Wand.
In Zeichnungen hielt der Künstler Eindrücke von der Gerichtsverhandlung fest.© Sebastian Jung
Jung wolle damit "auf jeden Fall nicht gedenken", sagt er, das müsse mit den Angehörigen der Opfer zusammen geschehen. Er versuche vielmehr, mit dem Relief der Öffentlichkeit einen Spiegel vorzuhalten. Ein Fehler der Journalistinnen und Journalisten sei nämlich gewesen, die Nebenkläger auszublenden. Auch für die Besucherinnen und Besucher des Gerichtssaals seien diese nicht zu sehen gewesen.

"Kann ein Staat sich selbst kontrollieren?"

Mit seinem Relief wolle er nach den Leerstellen des Prozesses fragen und den "Finger in die Wunde des Staates" legen, so Jung. Im Moment werde das Thema lediglich "abgearbeitet", aber "so richtig erhellend" sei die Aufarbeitung bisher nicht gewesen. Die Rolle des Staates und des Verfassungsschutzes seien nach wie vor nicht geklärt.
Die Kernfrage ist dabei für Jung: Wie geht die Gesellschaft mit so einer Terrorserie um. "Und kann ein Staat sich selbst kontrollieren, geht das?" Diese Frage stelle er sich auch angesichts der aktuellen Drohschreiben.
(sed)
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