Streit um "Kunsthalle Berlin"

Unglückliche Namenswahl

Eine Plastik des Künstlers Bernar Venet in einer Ausstellung am ehemaligen Berliner Flughafen Tempelhof.
Die Ausstellung zum Werk von Bernar Venet tritt wegen des Streits um den Ort in den Hintergrund. © picture alliance / dpa / Jens Kalaene
Gespräch mit Walter Smerling und Jutta Heim-Wenzler |
Die Hauptstadt hat mit der "Kunsthalle Berlin Flughafen Tempelhof" einen neuen Ausstellungsort. Der Name hat bei Berliner Künstlern Empörung ausgelöst. Denn die Stiftung dahinter hat keinerlei Bezug zur Stadt und ihrer Kunstszene.
Zur Premiere der neuen "Kunsthalle Berlin Flughafen Tempelhof" gibt es eine Retrospektive von Bernar Venet zu sehen. Der Name des Ausstellungsortes sei aber ein Etikettenschwindel, empören sich Künstlerinnen und Künstler aus der Stadt und rufen mit Unterstützung des Berufsverbandes Bildender Künstler:innen Berlin zum Boykott auf.
Hinter der "Kunsthalle" steckt eine private Initiative um den Kulturmanager Walter Smerling, die Bonner Stiftung für Kunst und Kultur, die auch laut Berlins Kultursenator Klaus Lederer keine Verankerung oder Berührungspunkte in Berlin hat. Der Name des Austellungsorts suggeriere aber genau dies und damit eine öffentliche Legitimierung, die es nicht gebe, so die Kritiker.

Initiator Smerling signalisiert Gesprächsbereitschaft

Er habe nicht erwartet, dass man zu einem Boykott der Ausstellung aufruft, sagt Walter Smerling. "Solche aggressiven Auseinandersetzungen sind nicht zielführend. Außerdem leben wir in einer Zeit, in der es auf den Dialog ankommt." Wenn die Kritiker bereit seien, das Gespräch zu suchen, werde man eine konstruktive Lösung finden.
Bei der Namensgebung hätte man vielleicht sensibler agieren müssen. "Vielleicht hätte ich auf die Geschichte mehr Rücksicht nehmen müssen." Aber auch nach "ausführlichen Beratungen" habe man sich nicht vorstellen können, mit dem Namen jemanden verletzen zu können, so Smerling.
Im Übrigen sei man sehr an der Darstellung der Berliner Kunstszene interessiert. Das habe er letztes Jahr auch dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller erklärt, so Smerling.

Verständnis für den Unmut der Kunstszene

Die Entscheidung für die aktuelle Ausstellung sei auf politischer Ebene beim Regierenden Bürgermeister und den Senatsverwaltungen gefallen, sagt Jutta Heim-Wenzler, Geschäftsführerin der Tempelhof Projekt GmbH, die die Nutzung des Geländes koordiniert.
Die Kritik der Künstler könne sie "sehr gut nachvollziehen", schließlich werde schon seit fast 30 Jahren eine Diskussion über die Schaffung einer Berliner Kunsthalle geführt, so Heim-Wenzler. Sie selbst hätte einen Namen bevorzugt, der sich nur auf den Standort am ehemaligen Flughafen beziehe. Die Tempelhof Projekt GmbH sei dafür aber nicht verantwortlich, denn man agiere lediglich als Vermieter.
Der Veranstalter habe offenbar in Unkenntnis der jahrelangen Debatte den Begriff Berlin hervorheben wollen. Smerlings Stiftung sei aber dennoch ein sehr interessanter Partner, denn es sei eine Herausforderung, die 10.000 qm großen Flächen in den Hangars zu bespielen und diese zu finanzieren.

Selbst wenn wir Flächen mietfrei zur Verfügung stellen, muss der Betrieb und alles was an Einbau und Technik erforderlich ist finanziert werden. Denn die Hangars sind minimal oder nahezu gar nicht ausgestattet. An diesem Punkt scheitert es dann häufig.

Jutta Heim-Wenzler, Geschäftsführerin der Tempelhof Projekt GmbH

Freie Szene und Großveranstalter ins Gespräch bringen

Eine zukünftig engere Kooperation mit der Berliner Kunstszene kann sich Heim-Wenzler gut vorstellen. "Ich könnte mir auch vorstellen, dass es beides geben könnte: privatfinanzierte, große Veranstaltungen oder Kunstausstellungen und auch Möglichkeiten für die freie Kunstszene. Es ist immer eine Frage der Finanzierung."
Sie schlägt vor, beide Seiten für eine "zielführende Diskussion" zusammenzubringen. "Dafür würden wir auch gerne unsere Räumlichkeiten zur Verfügung stellen und das organisieren."
(rja)

"Bernar Venet. 1961 - 2021. 60 Jahre Performance, Bilder und Skulpturen"
bis 30. Mai 2022
Kunsthalle Berlin im Flughafen Tempelhof

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