Kulturgutschutzgesetz

Kunsthandel fühlt sich von Grütters gegängelt

Das Denkmal Alexander von Humboldts auf der Straße Unter den Linden in Berlin vor der Humboldt-Universität, geschaffen um 1900 von R. Begas und M.P. Otto.
Auch die amerikanischen Reisetagebücher Alexander von Humboldts in der Staatsbibliothek in Berlin stehen auf der Kulturschutzgut-Liste. © picture alliance / ZB / Hubert Link
Von Christiane Habermalz · 13.07.2015
Die geplante Reform des Kulturgutschutzgesetzes sorgt für Ärger in der Kulturszene. Werke, die als national wertvoll gelten, sollen nach Plänen von Kulturstaatsministerin Grütters nur noch erschwert ins Ausland verkauft werden können. Kunstbesitzer und Kunsthändler fühlen sich "enteignet".
Die geplante Neuregelung des Kulturgutschutzes hat zwei Seiten: Sie betrifft die Einfuhr und die Ausfuhr von Kulturgütern nach beziehungsweise aus Deutschland. Bei der Einfuhr soll verhindert werden, dass Kulturgüter und Antiken aus Raubgrabungen oder geplünderten Museen aus dem Ausland nach Deutschland geschmuggelt und hier verkauft werden.
Internationalen Geheimdiensten zufolge ist Deutschland derzeit einer der Hauptumschlagplätze für geraubte Antiken aus Syrien oder dem Irak. In Zukunft dürfen nur noch Kunstschätze über die Grenze nach Deutschland gebracht werden, die eine offizielle Ausfuhrgenehmigung des Herkunftslandes besitzen.
Umsetzung einer UNESCO-Konvention mit über 40-jähriger Verspätung
Deutschland setzt damit EU-Recht und mit über 40-jähriger Verspätung eine UNESCO-Konvention aus dem Jahr 1970 um. Auf der anderen Seite will Kulturstaatsministerin Monika Grütters aber auch den Verkauf von national wertvollen Kulturgütern aus Deutschland heraus erschweren.
Hintergrund sind die Auseinandersetzungen etwa um die Humboldt-Tagebücher, deren drohender Verkauf ins Ausland nur mühsam verhindert werden konnte. In Deutschland gilt bereits jetzt EU-Recht: Wer Antiken im Wert von über 1000 Euro oder Gemälde im Wert von 150.000 Euro, die älter als 50 Jahre alt sind, aus der EU ausführen möchte, braucht die Genehmigung einer Expertenkommission des jeweiligen Bundeslandes.
"National wertvoll" - schwierige Definition
Grütters will diese Regelung nun auch auf den EU-Binnenmarkt ausweiten. Der deutsche Kunsthandel spricht von kalter Enteignung, und staatlicher Gängelung, man befürchtet, dass Verkäufe ins Ausland künftig extrem erschwert werden. Und die Definition, was als national wertvoll eingestuft wird, ist schwierig.
Bislang gibt es Listen, die von den Bundesländern geführt werden, was darauf steht, darf nicht ausgeführt werden. Künftig sollen laut Grütters die Kriterien des Internationalen Museumsbundes gelten. Danach ist zum Beispiel national wertvoll, "was für eine Region identitätsstiftend" ist – das können auch Werke von nicht-deutschen Künstlern sein.
Und: Kunstwerke in öffentlichem Besitz, darunter sämtliche Museumssammlungen, sollen pauschal als nationales Kulturgut gelten. Dass auch private Leihgaben in Museumsbesitz darunter fallen, wies Grütters' Haus als "Fehlinterpretation" zurück.
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