Kulturelle Teilhabe am Existenzminimum

Als Schauspielerin auf Hartz IV

Fotoporträt der Schauspielerin Uta Janietz vor neutralem Hintergrund.
Schauspielerin Uta Janietz: Im Jobcenter wissen sie, dass sie uns nicht vermitteln können. © Hans Praefke
Uta Janietz im Gespräch mit Shanli Anwar · 24.04.2018
Leben von Hartz IV: Gelegenheitsjobs, Jobcenter, der Gang zur Tafel – das gehört zu künstlerischen Berufen häufig mit dazu. Für die Schauspielerin und alleinerziehende Mutter Uta Janietz war das viele Jahre lang so. Auch am Kulturleben konnte sie nur eingeschränkt teilnehmen.
Leben von Hartz IV oder als Aufstockerin – für einen großen Teil der 15.000 Schauspieler und Schauspielerinnen in Deutschland gehört das dazu. Nur ein Bruchteil von ihnen kann von den Gagen leben, mehr als die Hälfte pendelt um die 1000 Euro netto im Monat. Gelegenheitsjobs, der Gang zum Jobcenter oder auch der gelegentliche Gang zur Tafel gehören da mit dazu. Wie für Uta Janietz, die noch in der DDR an einer staatlichen Schauspielschule, der renommierten Ernst-Busch-Schule, ausgebildet wurde. Sie lebte über Jahre von Hartz IV. Wir haben mit ihr über das Leben mit dem Existenzminimum und dem Jobcenter gesprochen und sie als erstes gefragt, ob der Eindruck richtig ist, dass bei ihr der Bruch kam, als ihre Tochter geboren wurde.
"Mit der Geburt meiner Tochter war ich erstmal, die ersten drei Jahre, nicht Hartz-IV-Empfängerin. Da kriegt man erstmal Kindergeld und hat noch einen so genannten Mutterschutz. Aber mit Tag eins nach dem dritten Geburtstag meiner Tochter war ich dann eben die Hartz-IV-Empfängern. Ich habe allerdings auch schon ziemlich früh gewusst, dass ich so schnell nicht wieder zurück auf die Bühne gehen kann, einfach weil ich alleinerziehend bin.

Künstlerische Beruf und alleinerziehend

Zur Frage, ob aus ihrer Sicht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in künstlerischen Berufen besonders schwierig ist, sagte Uta Janietz:
"Der Gedanke daran, dass ich am Wochenende Proben haben könnte – vormittags, nachmittags; abends Vorstellung; zum Teil, wenn Kindervorstellung sind, diese vormittags oder nachmittags stattfinden, dass also praktisch sieben Tage mit der Arbeit gerechnet werden muss – und ein kleines Kind zu haben, um das man sich alleine kümmert wie ich in meinem Fall, das ging für mich überhaupt nicht zusammen. Also habe ich ganz früh gesagt, das kann ich so nicht mehr machen, habe dann blutenden Herzens meinen Beruf an den Nagel gehängt und habe gesagt: So, jetzt guck aber, dass du unbedingt was für deinen Kopf kriegst. Was Dir noch halbwegs nahe steht - und dann habe ich als Physiotherapeutin eine Ausbildung gemacht."
Mit ihrem Beruf als Schauspielerin sei es beim Jobcenter nicht einfach gewesen, so Janietz:
"Der wird insofern sehr ernst genommen dort, dass die Bearbeiterinnen im Jobcenter genau wissen, dass sie uns nicht vermitteln können. Sie können uns keine Jobs anbieten in unserem Beruf und insofern versuchen sie, so viele wie möglich aus diesem künstlerischen Beruf rauszunehmen in eine so genannten breite Berufsgruppe und da ist dann eben alles mögliche anbietbar. Das heißt, man muss dann auch annehmen, was einem angeboten wird und wenn es der allerletzte Hilfsjob ist, den ich so eben nicht machen würde."

Drang zurück auf die Bühne

Sie habe eine Ausbildung zur Physiotherapeutin gemacht, auf eigenen Wunsch, und habe dann auch in dem Beruf gearbeitet. Sie wollte etwas mit Menschen machen, tagsüber arbeiten und etwas über den menschlichen Körper erfahren. Aber irgendwann habe sie bei der Arbeit als Physiotherapeutin auch gemerkt, dass sie nicht mehr richtig dabei gewesen sei, dass sie wieder als Schauspielerin arbeiten wollte – was sie inzwischen auch macht.
"Ich bin nicht mehr von Hartz IV abhängig, weil ich in einen anderen Beruf reingeschlüpft bin. Ich bin als Aqua-Fitness-Trainerin jetzt Geldverdienerin. Aber ich habe jetzt die Freiheit zu sagen, ich kann mich um Castings kümmern, ich kann mich jetzt zeigen, ich kann Caster, Produzenten und so weiter anschreiben. Und ich mach jetzt mehr Castings; ich bin wieder in einem kleinen Theaterchen unterwegs – wir machen ein schönes, kleines Barockprogramm und tingeln damit durch Deutschland. Ich mach noch mehr Programme auf.
Also, ich bau mich jetzt langsam wieder auf, was vorher, als ich Hartz IV bezogen habe, wahnsinnig schwierig war, aus dem einfachen Grunde, weil ich das ja nicht anerkannt bekommen habe, dass ich Schauspielerin bin. Also der Satz 'Ja, sie arbeiten ja nicht als Schauspielerin, das können Sie ja noch gerne als Hobby machen, aber doch bitte nicht die Berufsbezeichnung' – das war sehr deprimierend, das hat mich sehr traurig gemacht und jedes Mal, nach jedem Gespräch, war es so eine gewisse Schockstarre, weil auch die Art und Weise der Gespräche dort, mit den Leuten, einfach für sensible Menschen wie mich einfach so schlimm und so unangenehm ist, dass ich immer so zwei, drei Tage gebraucht habe, um wieder zu mir zu kommen, mich zu schütteln.

Ins Theater dank verbilligter Tickets

Eine alleinstehende Person erhält einen Hatz IV–Satz von 406 Euro. In Berlin konnte sie damit dennoch ins Theater gehen, berichtet Janietz, weil viele Theater günstige Karten für drei oder sieben Euro anbieten für Hartz-IV-Empfänger. Kino sei da schon schwieriger gewesen und Konzerte noch schwieriger, so die 51-Jährige. Zudem habe es ihr geholfen, dass Sie bei einem Tafel-Besuch gleich von einem Vertreter eines Vereins angesprochen wurde, der allen Menschen Kultur ermöglichen will, Kulturleben Berlin.
(mf)
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