Bruno Spoerris "Der Würger vom Tower"

Kult-Soundtrack für einen Film zum Vergessen

12:14 Minuten
Bruno Spoerri steht mit einem Saxophon um den Hals in einem Raum, in dem Studio-Ausrüstung steht. Er trägt einen Bart und hat Kopfhörer auf, die Hände hält er wie ein Dirigent.
Bruno Spoerri im Jahr 2000. Der Film "Der Würger im Tower" mit seiner Musik kam 1966 heraus. Die Aufnahmen seien sehr schnell vonstattengegangen, erinnert sich die Schweizer Jazz-Legende. © Dominik Landwehr
Bruno Spoerri im Gespräch mit Vivian Perkovic · 17.01.2023
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Der Film "Der Würger vom Tower" ist ein ziemlich mittelmäßiger Abklatsch der Edgar-Wallace-Filme, aber Bruno Spoerris Soundtrack ist Kult und kam jüngst neu raus. Die Schweizer Jazz-Legende Spoerri erinnert sich noch lebhaft an die Entstehung.
"Ich hatte natürlich überhaupt keine Erfahrung mit Spielfilmen, aber ich fand es ziemlich fürchterlich", sagt Bruno Spoerri zu seiner ersten Begegnung mit dem Film "Der Würger vom Tower" von Hans Mehringer. Dennoch machte er die Filmmusik zu dem 1966 erschienenen Abklatsch von den damals sehr populären Edgar-Wallace-Filmen – und erlebt gerade eine Renaissance damit: Vor kurzem ist die Filmmusik bei dem auf musikarchäologischen Hebungen spezialisierten Label "Finders Keepers" auf Vinyl erschienen.
Der Film sei auch lustig gewesen, ergänzt Spoerri, "Der war so verdreht und so merkwürdig, dass ich gesagt habe: 'Na gut, mache ich dann halt mal'." Erst danach habe er gemerkt, was für ein Mumpitz der Film sei.

Ein Psychologe kommt vom Weg ab

Bruno Spoerri war damals bereits ausgebildeter Psychologe und hatte schon zwei Kinder. Er ging eigentlich davon aus, sein Geld als Psychoanalytiker oder -therapeut zu verdienen und die Jazz-Musik als Hobby zu betreiben. Sehr bald lebte er als aber doch als Komponist und Tonmeister doch von der Musik, seine Offenheit für den Synthesizer führte ihn immer mehr in die elektronische Musik hinein. 2017 erhielt er den Swiss Jazz Award für sein Lebenswerk.

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Die Filmmusik war ein wichtiger Zwischenschritt: Zu dem Auftrag für den Würger kam er über die Musik für Werbefilme und seinen Chef, der ihm genauso viel dafür zahlte wie für seinen Job davor, auch wenn er anfangs keine Ahnung davon hatte, wie Spoerri sagt.
"Ich habe mir dann alle Bücher über Filmmusik zusammengekauft, die ich überhaupt finden konnte, und mich da hineingestürzt", erinnert er sich.

Improvisieren für die Lücken

Nach einem halben Jahr sei dann das Angebot für die Filmmusik zum "Würger" gekommen. "Ich hatte kaum mehr als eine Woche, um mich vorzubereiten", schildert er die Lage damals. "Ich habe einfach ein paar von meinen Freunden, sehr erfahrene Jazz-Musiker, engagiert, und habe mich dann reingekniet."
Er habe drei, vier, sehr simple Themen geschrieben, "die haben wir aufgenommen, und dann wusste ich, es gibt noch mindestens fünf, sechs Szenen, für die ich keine Musik geschrieben habe." Da habe er nur das Skizzenblatt gehabt, wann was passiert.

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Er habe seine Freunde gebeten, zu improvisieren. "Spielt einen Blues", habe er angesagt. "Und wenn wir dann nicht weiterwussten, hat der Schlagzeuger ein Solo gespielt."
Zudem sei es praktisch gewesen, dass der Pianist Hammond-Orgel habe spielen können - "Mit der konnte man ganz schräge Klänge erzeugen, mir war das fast das wichtigste" - und dass eine Kesselpauke rumstand. Letzlich habe es ganz gut gepasst, findet Spoerri.

Slapstick durch Überspitzung

Die Slapstick-Wirkung sei unbeabsichtigt: "In meiner Naivität habe ich einfach übertrieben", erinnert sich Spoerri lebhaft. "Die Dramatik, die in dem ganzen drin war, habe ich überspitzt. Das gab die Slapstick-Wirkung."
Zudem sei damals alles so schnell geschehen, angefangen bei der kurzen Vorbereitungszeit bis zur Studioarbeit. "Ich glaube, wir haben zwei Nachmittag lang aufgenommen", erzählt Spoerri.
Der Produzent habe immer im Kontrollraum gesessen, er habe mit den Musikern ein Stück geprobt. "Dann habe ich gesagt: 'So, jetzt können wir aufnehmen'. Da kam es aus dem Lautsprecher raus: 'Haben wir schon aufgenommen – macht mir das nächste."
Dass der Soundtrack zum Sammlerobjekt wurde, habe ihn völlig überrascht. Das Label Finders Keepers habe ihn wohl gefunden, und wohl weil es sowieso mit ihm zusammenarbeite, wiederveröffentlicht. "Ich finde das eine der komischsten Geschichten, die ich in meinem ganzen Leben erlebt habe", sagt der 87-Jährige.
(mfu)
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