Kritik an fragwürdigem Einfluss

Forderung nach klaren Kriterien bei Kunstsponsoring

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Blick durch einen Torbogen auf die Glaspyramide im Innenhof des Louvre.
Wenn Museen Gelder von Privatleuten bekommen, profitieren davon in der Regel die Besucher. Aber ab wann ist Sponsoring moralisch fragwürdig? © Unsplash / MEAX
Jörg Heiser im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 19.08.2019
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Ein Autokonzern oder Pharmaunternehmer als Sponsoren für Kunstmuseen: Fragen wie die nach deren Einfluss und der Herkunft der Gelder werden immer nachdrücklicher gestellt. Kunstexperte Jörg Heiser schlägt Ethikkommissionen vor, ähnlich dem Presserat.
In der Kunstszene wird zunehmend der Einfluss von Mäzenen und Sponsoren, die ihr Geld mit umstrittenen Geschäften machen, in Frage gestellt. So kritisierten vor Kurzem etwa die Fotokünstlerin Nan Goldin in New York und die Filmemacherin und Videokünstlerin Hito Steyerl in London den Einfluss der US-amerikanischen Pharmaunternehmer-Familie Sackler als Kunstmäzene. Die Familie hat in den USA mit einem Schmerzmittel Milliarden verdient - ein Mittel, das im Verdacht steht, viele Menschen in die Sucht getrieben zu haben. Auch in Deutschland wird immer intenisver über den Einfluss von Sponsoren und die Herkunft ihrer Gelder diskutiert.
Ein Fall mit einer "fragwürdigen Konstellation" in Deutschland sei etwa der Abgang des Direktors des Kunstmuseums Wolfsburg, Ralf Beil, sagte Jörg Heiser, Direktor des Instituts für Kunst im Kontext an der Universität der Künste in Berlin, im Deutschlandfunk Kultur. Das sei unter "sehr seltsamen Umständen" passiert. "Da war die Rede davon, dass er eine Ausstellung vorbereitete zum Thema Öl. Da liegt natürlich der Schluss nahe, dass das bestimmten Leuten beim Hauptsponsor Volkswagen das nicht so recht gepasst hat." Bis heute wisse man nicht genau, was da vor sich gegangen ist, so Heiser.

Forderung nach klaren Kriterien

Eine klare Grenze, ab wann man bei der finanziellen Unterstützung von Kultureinrichtungen durch private Geldgeber von "dreckigem Geld" sprechen müsse, gebe es nicht, erklärte Heiser. Ab wann ein solches Engagement fragwürdig ist, sei "Gegenstand von Verhandlung, gesellschaftlicher Auseinandersetzung". Dafür Kriterien zu entwickeln, wäre in Zukunft auch eine mögliche Aufgabe für Ethik-Kommissionen, die dafür von Museen eingesetzt werden könnten, findet Heiser.
Porträt von Jörg Heiser
Jörg Heiser, Direktor des Instituts für Kunst im Kontext, Universität der Künste, Berlin. © dpa / Karlheinz Schindler
"Warum haben wir eigentlich nicht wie andere Branchen auch Kriterien, nach denen solche Dinge beurteilt werden?", fragt Heiser und verweist auf den Presserat. So wie der Presserat Rügen erteilt, wenn Journalisten ethische Grundsätze verletzen, müsste es eigentlich bei Museen und Kunsthallen eine Kommission mit externen Mitgliedern geben, die gemeinsam über solche Fälle beraten. "Das muss kein Institut für Gesetze und Verbote sein", erläutert Heiser, "sondern eines, das Stellung nimmt und damit auch an einer Stelle einen moralischen Kompass einführt, wo es ans Eingemachte geht".
(mfied/abr)
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