Kriminologin über Clan-Kriminalität

"Das Phänomen hängt mit der Herkunft zusammen"

08:15 Minuten
Zwei Polizisten führen einen verdächtigen Mann nach einer Razzia gegen kriminelle Mitglieder arabischer Großfamilien in Berlin ab.
Festnahme nach einer Razzia gegen kriminelle Clans in Berlin © picture alliance/dpa/Paul Zinken
Dorothee Dienstbühl im Gespräch mit Ute Welty · 24.10.2019
Audio herunterladen
Viele kriminelle Clans stammen aus der Türkei, dem Libanon oder anderen arabischen Ländern. Doch dürfen Herkunft und etwa die Hautfarbe Kriterien bei Ermittlungen sein? Die Kriminologin Dorothee Dienstbühl erklärt, was es mit "racial profiling" auf sich hat.
Über 14.000 Delikte innerhalb von drei Jahren, die meisten davon Gewaltdelikte - diesen Befund lieferte das erste Lagebild zur Clan-Kriminalität allein in Nordrhein-Westfalen. Lange hatte die Politik das Thema kaum angefasst, auch weil es nichtgelungene Seiten der Integration deutlich machte. Doch warum hat sich das geändert? "Das Problem ist so sichtbar", erklärt die Kriminologin und Soziologin Dorothee Dienstbühl, "es sind ganze Straßen gewesen, wo man gemerkt hat: Bürger haben dort Angst, fühlen sich dort nicht wohl, fühlen sich bedroht. Es gab sehr viele Vorfälle." In Berlin befasst sich eine Konferenz mit Strategien gegen kriminelle Mitglieder der Clans.

Entscheidendes Merkmal: familiärer Zusammenhang

Doch wenn die Polizei ermittelt, wird mitunter der Vorwurf des Rassismus erhoben. Das so genannte "racial profiling" sei tatsächlich ein "schwieriger Bereich" im Bezug auf Clankriminalität, so Dorothee Dienstbühl. Denn es bedeute eine Ungleichbehandlung aufgrund von Merkmalen wie Hautfarbe, Herkunft oder Religiosität. Es gebe auch Kritik daran, dass man überhaupt von Clans oder Clan-Kriminalität spreche. Dorothee Dienstbühl aber gibt auch zu bedenken: "Es ist gerade das entscheidende Merkmal, dass es hier um einen familiären Zusammenhang und Zusammenhalt geht, der auf Ethnizität, teilweise auch Religiosität, Herkunft und Familie beruht. Deswegen hat man einfach eine bestimmte Gruppierung, die man sich genauer anschaut."

Bestimmte Lokalitäten in der Hand bestimmter Personen

Den Vorwurf, hier nutze man doch "racial profiling" weist Dorothee Dienstbühl, die auch als Professorin an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung NRW arbeitet, zurück: "Die Kriminalität und das Phänomen 'Clan-Kriminalität' hängt mit der Herkunft zusammen. Die Kontrollmaßnahmen basieren natürlich auf anderen polizeilichen Erkenntnissen, beispielsweise bestimmte Fahrzeugtypen, bestimmte Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit, bestimmte Geschäfte, Einrichtungen, Lokalitäten, Clubs, wo man einfach weiß: Die sind in der Hand von bestimmten Personen. Hier gab es schon öfter Vorfälle, hier gab es schon öfter Gewaltkriminalität und so weiter. Da gibt es dann einfach die polizeilichen Erfahrungswerte, die dann zu den Maßnahmen führen."
(bth)
Mehr zum Thema