Krim-Konflikt

Russland sperrt Internetseiten der Opposition

Vladimir Putin im Fernsehen
Putin auf allen Kanälen: Die Medien der russischen Opposition werden zunehmend behindert oder ganz gesperrt. © dpa / picture alliance / Maxim Blinov
Von Gesine Dornblüth · 14.03.2014
Unabhängige Medien in Russland sehen sich zunehmend in die Enge gedrängt. Mehrere Webseiten wurden gesperrt - das Staatsfernsehen macht Propaganda jetzt auch mit dem Sandmännchen.
Videoaufnahmen einer Protestkundgebung in St. Petersburg Anfang März. Die Teilnehmer singen für den Maidan, rufen "Nein zum Krieg". Zu sehen waren diese Aufnahmen auf dem Internetportal grani.ru. Die Staatsmedien ignorieren derlei Protestveranstaltungen meist. Gestern wurde der Zugang zu grani.ru gesperrt, ohne jede Vorwarnung, sagte die Direktorin des Portals, Julia Berezovskaja, dem Internetsender Doschd TV:
"Die Provider haben gestern damit begonnen, uns landesweit abzuschalten. Was dazu Anlass gegeben hat, wissen wir nicht."
Die Medienaufsicht hatte die Sperrung von grani.ru angeordnet. Dazu reichte ein Brief der Generalstaatsanwaltschaft. Denn Ende Dezember hat die Staatsduma ein Gesetz verabschiedet, das es den Behörden erlaubt, Internetseiten ohne Gerichtsbeschluss zu schließen, wenn dort zu illegalen Handlungen aufgerufen wird. Unter illegale Handlungen fallen Aufrufe zu Massenunruhen oder zu Extremismus ebenso wie Verabredungen zu nicht genehmigten Demonstrationen. Nun beginnt das Gesetz zu greifen.
Außer grani.ru wurden gestern noch drei weitere kremlkritische Portale gesperrt. Und es traf auch den Webauftritt des Radiosenders Echo Moskwy. In dem Fall wurde immerhin der Grund für die Sperrung bekannt. Echo Moskwy publiziert auf seiner Website einen Blog des Kremlkritikers Alexej Nawalnyj. Nawalnyj steht seit kurzem unter Hausarrest und darf das Internet nicht benutzen. Echo Moskwy hat Nawalnys Blog entfernt, seitdem funktioniert die Seite wieder.
Chefredakteurin von lenta.ru muss gehen
Russische unabhängige Medien sehen sich zunehmend in die Enge gedrängt. Vorgestern musste die Chefredakteurin des erfolgreichen und hochprofessionellen Nachrichtenportals lenta.ru gehen. Zuvor hatte die Medienaufsicht die Seite wegen angeblicher Verbreitung extremistischen Materials verwarnt. Lenta.ru hatte über den "Rechten Sektor" in der Ukraine berichtet und einen Link zu einem Interview mit dem Anführer der Radikalen, Dmitrij Jarosch, gesetzt. Dieses Interview war bereits vor einiger Zeit auf einer anderen Seite erschienen. Aus Protest gegen den Rausschmiss ihrer Chefin haben mehrere dutzend Redakteure von lenta.ru gekündigt.
Evgenija Albaz, Chefredakteurin der kremlkritischen Wochenzeitschrift "The New Times", appelliert an ihre Kollegen, nicht aufzugeben:
"Es kann immer noch schlimmer kommen. Die Macht wird versuchen, alle Medien dicht zu machen, die sich irgendwie regen. Ob das gelingt, hängt von uns ab. Die Verfassung garantiert das Recht auf Information. Wenn wir Journalisten ehrlich unsere Arbeit tun, sind wir nicht kleinzukriegen."
Unterdessen berichtet das omnipräsente Staatsfernsehen weiterhin über Demonstrationen in ganz Russland für Putins Krim-Politik. Für Empörung bei Putin-Kritikern sorgt in diesen Tagen die Ausgabe von "Spokojnoj Nochi, Malyshi", dem russischen Sandmännchen, am Dienstag Abend:
Das Hündchen Filja hat den Tornister aufgeschnallt und will in die Armee, zum Marschieren. Sein Traum: Die Grenztruppen.
"Prima. Grenzer, das sind Soldaten und Offiziere, die die Grenzen unseres Landes bewachen und aufpassen, dass keiner ungefragt zu uns kommt."
Allerdings müsse Filja noch warten, bis er groß sei, sagt die Moderatorin.
Die Pressestelle des Senders wies Kritik an der Ausgabe zurück. Die Folge sei bereits vor einem halben Jahr gedreht worden und habe mit der aktuellen politischen Situation überhaupt nichts zu tun.
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