Kriegsbilder und Arbeitsalltag
Kampfflugzeuge im Einsatz, fliegende Raketen, explodierende Gebäude – auf den Bildschirmen daneben arbeitende Männer in einer Fabrikhalle: Werke des Dokumentarfilmers und Videokünstlers Harun Farocki sind gerade in Buenos Aires zu sehen. Und das Interesse der Argentinier ist groß.
Der leise Sound von fünf Video-Installationen erfüllt die Säle des modernen Kunstzentrums PROA in La Boca, dem alten Hafenviertel von Buenos Aires. Die erste Arbeit Harun Farockis, die der Besucher sieht, heißt "Eye / Machine": Auge / Maschine. Auf zwei Großbildschirmen werden aseptische Kriegsbilder gezeigt: Kampfflugzeuge im Einsatz, fliegende Raketen, explodierende Gebäude – aber keine Opfer, kein Blut, kein Leid. Einige Szenen sind real, andere am Computer simuliert. Krieg scheint eine bloße Demonstration technologischen Fortschritts zu sein. In einer anderen Installation jedoch beschäftigt sich Harun Farocki mit den Traumata von Veteranen. Für die Arbeit "Immersion" – Eintauchen – filmte der Künstler in einem Zentrum in den USA, in dem posttraumatische Belastungsstörungen ehemaliger Soldaten behandelt werden – und zwar durch virtuelle Kriegsbilder, wie man sie von Computerspielen kennt.
Inge Stache: "Was geschieht im Kopf eines Zuschauers, wenn er gewisse Bilder sieht? Farocki geht diesen Fragen immer wieder auf neue Art, in neuen Formen nach, und findet erstaunliche Bedeutungen, ohne endgültig seine Meinung als die einzig geltende darzustellen. Sondern er lässt wirklich den Zuschauer frei zur eigenen Reflektion."
sagt Inge Stache vom Goethe-Institut in Buenos Aires über das Werk Harun Farockis, dessen Ausstellung in Argentinien sie mitorganisiert hat. Farocki ist kein Unbekannter in diesem Land. Vor einem Jahrzehnt wurde in Buenos Aires bereits eine Retrospektive von Farockis Filmen gezeigt, die auf großes Interesse stieß. Nun sind zum ersten Mal Video-Installationen zu sehen.
Inge Stache: "Wichtig war, eine Installation zu zeigen, "Das Silber und das Kreuz", das in Lateinamerika entstanden ist - einen Zusammenhang also mit dem Kontinent herzustellen. Wichtig war auch, die letzte Arbeit Farockis, "Parallel", zu zeigen, in der er über die Entwicklung der digitalen Bilder spricht. Und die anderen Arbeiten sind eigentlich fundamentale Arbeiten wie "Arbeiter verlassen die Fabrik in elf Jahrzehnten", wo es um die Darstellung der Arbeit, bzw. der Fabrik im Film geht, in einer Installation auf zwölf Monitoren."
Zwölf kleine Fernseher sind in der Kunsthalle PROA aufgereiht. Als ältestes Beispiel filmischer Darstellung von Arbeit wird der kurze Streifen "Arbeiter verlassen die Lumière-Werke" der Brüder Lumière von 1895 gezeigt. Die Welt der Arbeit im Film ist eines der Haupt-Interessen Harun Farockis. Und Buenos Aires gehört zu den fünfzehn Metropolen, in denen der Künstler zu diesem Thema einen Workshop für Cineasten abhält, im Rahmen des internationalen Projekts "Eine Einstellung zur Arbeit". Im März kommt Farocki dafür nach Argentinien.
Besucher Juan Buchet: "Es würde mich nicht wundern, wenn der Workshop hier in Argentinien gut funktionierte. Einerseits gibt es eine intellektuelle Film-Gemeinde – Studenten, Regisseure, Publikum – mit einer kritischen und nachdenklichen Haltung zu Bildern. Auf der anderen Seite ist dies ein Land mit einer langen Tradition von Arbeiter- und Gewerkschaftskonflikten."
Ricardo Parodi, Experte für deutschen Film, erklärt das starke argentinische Interesse an den kritischen Bild-Analysen Harun Farockis unter anderem mit der Diktatur-Erfahrung vor drei Jahrzehnten.
Ricardo Parodi: "Die Diktatur verbot nicht nur Bilder, Filme, Fernsehprogramme, sondern sie produzierte auch Bilder, sie produzierte Kino und eine enorme Menge an filmischer Propaganda. Bilder, die die Gesellschaft in gewisser Weise ohne Analyse aufnehmen musste, als passive Zuschauer und Konsumenten. Ich denke, dies hat unser Verhältnis zu Bildern geprägt. Wir Argentinier verspüren ein großes Misstrauen gegenüber Bildern, denn zu oft haben uns Bilder angelogen."
Es gebe in Argentinien eine besondere Sensibilität im Umgang mit Bildern, und Harun Farockis Arbeiten über die Wirkung filmischer Darstellungen auf den Betrachter und sein Leben füllten eine theoretische Lücke, sagt Inge Stache vom Goethe-Institut.
Inge Stache: "Man spürt, man weiß, dass Bilder verschiedene Schichten von Bedeutungen haben, und es gibt wenig Theorie dazu. Die Filme Farockis sind eine wunderbare Form der Annäherung, der Reflektion im Umgang mit Bildern."
Eine Auswahl der Filme von Harun Farocki wird im März im Kino der Kunsthalle PROA gezeigt, darunter seine neuesten Produktionen "Aufschub", "Zum Vergleich" und "Ein neues Produkt". Außerdem bringt der argentinische Verlag Caja Negra ein Buch mit Texten Farockis heraus: "Desconfiar de las imágenes" – Den Bildern misstrauen.
Inge Stache: "Was geschieht im Kopf eines Zuschauers, wenn er gewisse Bilder sieht? Farocki geht diesen Fragen immer wieder auf neue Art, in neuen Formen nach, und findet erstaunliche Bedeutungen, ohne endgültig seine Meinung als die einzig geltende darzustellen. Sondern er lässt wirklich den Zuschauer frei zur eigenen Reflektion."
sagt Inge Stache vom Goethe-Institut in Buenos Aires über das Werk Harun Farockis, dessen Ausstellung in Argentinien sie mitorganisiert hat. Farocki ist kein Unbekannter in diesem Land. Vor einem Jahrzehnt wurde in Buenos Aires bereits eine Retrospektive von Farockis Filmen gezeigt, die auf großes Interesse stieß. Nun sind zum ersten Mal Video-Installationen zu sehen.
Inge Stache: "Wichtig war, eine Installation zu zeigen, "Das Silber und das Kreuz", das in Lateinamerika entstanden ist - einen Zusammenhang also mit dem Kontinent herzustellen. Wichtig war auch, die letzte Arbeit Farockis, "Parallel", zu zeigen, in der er über die Entwicklung der digitalen Bilder spricht. Und die anderen Arbeiten sind eigentlich fundamentale Arbeiten wie "Arbeiter verlassen die Fabrik in elf Jahrzehnten", wo es um die Darstellung der Arbeit, bzw. der Fabrik im Film geht, in einer Installation auf zwölf Monitoren."
Zwölf kleine Fernseher sind in der Kunsthalle PROA aufgereiht. Als ältestes Beispiel filmischer Darstellung von Arbeit wird der kurze Streifen "Arbeiter verlassen die Lumière-Werke" der Brüder Lumière von 1895 gezeigt. Die Welt der Arbeit im Film ist eines der Haupt-Interessen Harun Farockis. Und Buenos Aires gehört zu den fünfzehn Metropolen, in denen der Künstler zu diesem Thema einen Workshop für Cineasten abhält, im Rahmen des internationalen Projekts "Eine Einstellung zur Arbeit". Im März kommt Farocki dafür nach Argentinien.
Besucher Juan Buchet: "Es würde mich nicht wundern, wenn der Workshop hier in Argentinien gut funktionierte. Einerseits gibt es eine intellektuelle Film-Gemeinde – Studenten, Regisseure, Publikum – mit einer kritischen und nachdenklichen Haltung zu Bildern. Auf der anderen Seite ist dies ein Land mit einer langen Tradition von Arbeiter- und Gewerkschaftskonflikten."
Ricardo Parodi, Experte für deutschen Film, erklärt das starke argentinische Interesse an den kritischen Bild-Analysen Harun Farockis unter anderem mit der Diktatur-Erfahrung vor drei Jahrzehnten.
Ricardo Parodi: "Die Diktatur verbot nicht nur Bilder, Filme, Fernsehprogramme, sondern sie produzierte auch Bilder, sie produzierte Kino und eine enorme Menge an filmischer Propaganda. Bilder, die die Gesellschaft in gewisser Weise ohne Analyse aufnehmen musste, als passive Zuschauer und Konsumenten. Ich denke, dies hat unser Verhältnis zu Bildern geprägt. Wir Argentinier verspüren ein großes Misstrauen gegenüber Bildern, denn zu oft haben uns Bilder angelogen."
Es gebe in Argentinien eine besondere Sensibilität im Umgang mit Bildern, und Harun Farockis Arbeiten über die Wirkung filmischer Darstellungen auf den Betrachter und sein Leben füllten eine theoretische Lücke, sagt Inge Stache vom Goethe-Institut.
Inge Stache: "Man spürt, man weiß, dass Bilder verschiedene Schichten von Bedeutungen haben, und es gibt wenig Theorie dazu. Die Filme Farockis sind eine wunderbare Form der Annäherung, der Reflektion im Umgang mit Bildern."
Eine Auswahl der Filme von Harun Farocki wird im März im Kino der Kunsthalle PROA gezeigt, darunter seine neuesten Produktionen "Aufschub", "Zum Vergleich" und "Ein neues Produkt". Außerdem bringt der argentinische Verlag Caja Negra ein Buch mit Texten Farockis heraus: "Desconfiar de las imágenes" – Den Bildern misstrauen.