Kremlgegner in Berlin

    Chodorkowski bedankt sich bei Genscher

    Michail Chodorkowski geht umringt von Aufsichtspersonal einen Gang im Gefängnis entlang.
    Michail Chodorkowski ist aus dem Gefängnis entlassen worden © picture alliance / dpa / Valeriy Melnikov
    20.12.2013
    Der freigelassene russische Regierungskritiker Michail Chodorkowski ist in Berlin gelandet. Hinter den Kulissen soll der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher daran mitgewirkt haben.
    Der aus dem Gefängnis entlassene Kremlkritiker Michail Chodorkowski hat dem früheren Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher "für seinen persönlichen Einsatz" für die Freilassung Chodorkowskis gedankt. Seinen Dank hat der Kremlgegner auf seiner eigenen Webseite veröffentlichte. Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte am Freitagabend ausdrücklich die Bemühungen des FDP-Politikers um die Freilassung des Ex-Oligarchen. Hinter den Kulissen habe sich Genscher intensiv um den Fall gekümmert, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. "Mit großem Einsatz hat er sich - mit Unterstützung der Bundeskanzlerin und des Auswärtigen Amts - erfolgreich um Lösungswege bemüht."
    Genscher hat Chodorkowski am Nachmittag am Flughafen in Empfang genommen. Der frühere Außenminister sei auch daran beteiligt gewesen, ein Privatflugzeug für die Reise des 50-Jährigen zu organisieren. In Kreisen des Auswärtigen Amtes hieß es, Minister Frank-Walter Steinmeier und Genscher hätten in der Sache am Donnerstag telefoniert. Die Energieberatungsfirma OBO Bettermann hatte dem Ex-Oligarchen einen Privatjet zur Verfügung gestellt.
    Mutter auf dem Weg nach Berlin
    Chodorkowski war am Donnerstag von Präsident Wladimir Putin überraschend begnadigt und umgehend aus dem Gefangenenlager entlassen worden. Er hatte zehn Jahre wegen Betrugs und Steuerhinterziehung im Gefängnis gesessen. Chodorkowski habe persönlich um Reisepapiere gebeten, hieß es. Er sei dann nach Deutschland abgeflogen, wo seine krebskranke Mutter behandelt werde, hieß es zunächst aus Russland.
    Die Mutter Chodorkowski ist nach eigenen Angaben allerdings noch in Russland. Sie sei zwar in Deutschland behandelt worden. "Aber ich bin in Romaschkino im Gebiet Moskau", sagte Marina Chodorkowskaja am Freitag der Staatsagentur Itar-Tass. Ihr Sohn habe sich bisher nicht bei ihr gemeldet, sagte die 79-Jährige.
    Laut Genscher wird Chodorkowskis Mutter am Samstag nach Berlin kommen, um ihren Sohn wiederzusehen. Chodorkowski sei zunächst nicht klar gewesen, dass seine Mutter, die in Berlin medizinisch behandelt worden war, schon nach Moskau zurückgekehrt war.
    Chodorkowski hatte ein Gnadengesuch unterzeichnet. Bislang hatte er das stets abgelehnt, weil er ein implizites Schuldeingeständnis vermeiden wollte.
    Ist das Gnadengesuch ein Schuldeingeständnis?
    Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte am Freitag, dass der Gnadenakt aus Sicht des Kreml eine Anerkennung der Urteile bedeute. „Ich habe Michail Chodorkowski schon früher gesagt, dass er ein Gnadengesuch stellen muss – das hat er bis jetzt nicht getan“, sagte Putin am Donnerstag.
    Bekannte und Freunde Chodorkowskis gehen davon aus, dass er sich letztendlich aus Sorge um seine krebskranke Mutter für das Gnadengesuch an Putin entschieden hat. Putin sagte, dass er den Akt aus humanitären Gründen unterzeichne - und wies sogar auf die Krankheit der Mutter hin.
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