Korrespondenten berichten über

Zuverlässigkeit

03:39 Minuten
Illustration: Ein Finger zeigt auf ein Armbanduhr vor gelbem Hintergrund.
Pünktlichkeit zählt in Deutschland zur Zuverlässigkeit. © imago images / Ikon Images
Von Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt · 06.03.2020
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In Singapur ist es eine Schande, unzuverlässig zu sein. In der Türkei sind nur kurzfristige Verabredungen verlässlich, und in Südamerika variieren die Gepflogenheiten stark.
Karin Senz aus Istanbul:
"Es ist schwierig Termine zu vereinbaren. Wenn man zu früh dran ist, kommt die Antwort: Wer weiß, was in zwei Wochen ist! Wenn man dann zu knapp dran ist, haben sie keine Zeit. In der Regel funktionieren aber die kurzfristigen Verabredungen besser. Die Zuverlässigkeit entsteht mehr so auf kurzfristig. Man fährt auf Sicht, wie man so schön im Deutschen sagt."
Axel Dorloff aus Peking:
"Wenn man in China gute Bekannte hat, dann wollen die Leute auch zuverlässig sein. Es kommt ein wenig drauf an, in welchem Bereich. Im beruflichen Bereich finden Termine statt - zum Beispiel Interviews. Anders ist es bei Handwerkern. Da kann es schon vorkommen, dass der Handwerker, der heute kommen will, anruft und sagt: Ich komm erst nächste Woche. Nächste Woche ruft er noch mal an und sagt, er kommt übernächste Woche."
Oliver Neuroth aus Madrid:
"In Spanien haben vor allem die Handwerker nicht das Image, zuverlässig zu sein. Ich hatte drei Termine mit einem Klempner. Zwei dieser Termine hat er verstreichen lassen, ohne sich zu melden. Beim dritten Termin kam er dann, nachdem ich mehrmals angerufen hatte, konnte aber das Problem auch nicht lösen. Es war also alles vergebens."
Ivo Marusczyk aus Buenos Aires:
"Wenn man über Zuverlässigkeit redet, muss man in Südamerika umdenken. Es ist nicht so, dass die Leute unzuverlässig sind, aber man muss vielleicht zwei, drei Mal erinnern. Das funktioniert dann schon. Wenn mir Antonio verspricht, er kommt nächste Woche und repariert mir das, dann kommt er zwar nicht nächste Woche, sondern im Lauf der nächsten 2-3 Monate, aber er kommt. Nach argentinischen Maßstäben ist das zuverlässig. Die Argentinier haben den Ruf, eine große Klappe zu haben und nichts dahinter. Sie versprechen viel und halten nichts. Anders ist es am Pazifik, in Chile, Peru oder Kolumbien. Wenn mir dort jemand zusagt, er steht um acht vor meiner Haustür, dann steht er fünf vor acht dort und hält sich dran. Interessant, dass es Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern in Südamerika gibt."
Lena Bodewein aus Singapur:
"Singapurer sind sehr zuverlässig, wenn es beispielsweise um das Singapurer Bahnsystem geht. Wenn da irgendwas nicht zuverlässig funktioniert, dann wird das sofort per Eilmeldung gesendet: An der Station funktioniert die Tür nicht. Es wird wahrscheinlich 10 Minuten Verspätung geben. Das ist eine Schande, unzuverlässig zu sein. Dann wird am nächsten Tag in der Singapurer Tageszeitung auch diskutiert, woran lag das jetzt eigentlich, dass diese Tür nicht aufgegangen ist?"

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