Kopp Verlag

"Aufklärung" mit Hetze, Angst und Verschwörungsmythen

05:28 Minuten
Mann mit einer Maske macht eine verwirrende Ankündigung.
Der Kopp Verlag oder das Geschäft mit der Meinungsfreiheit. © imago/ Ikon Images
Von Judith Brosel, Moritz Kluthe, Christian Kretschmer und Thomas Simon · 07.01.2020
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Der Kopp Verlag will seinen Lesern bieten, was die Massenmedien verschweigen. Doch was er tatsächlich druckt, klingt oft nach Stimmungsmache mit reißerischen und fragwürdigen Inhalten.
"Albtraum Zuwanderung. Lügen. Wortbruch. Volksverdummung", "Die Asyl-Industrie", "Bevölkerungsaustausch in Europa", "Countdown Weltkrieg 3.0", "Verheimlicht. Vertuscht. Vergessen. Was 2018 nicht in der Zeitung stand".
Buchtitel des schwäbischen Kopp Verlags, ein Verlag, der seinen Lesern "die Augen öffnen will", so der Slogan. Damit fügt er sich in eine Stimmung, die Zweifel an Demokratie und Wissenschaft schüren will. Alles ist anders, als die Mehrheit sagt – in der Politik, der Wirtschaft oder in der Medizin.
"Es werden Horror- und Untergangsszenarien beschrieben, einschließlich der Anleitung, wie man damit umgehen kann, wie man sich darauf vorbereiten kann, auf beispielsweise große Flüchtlingskrisen, auf auch Naturkatastrophen oder andere Bereiche", sagt der Rechtsextremismus-Experte Matthias Quent. "Eine Nische, in der sich, wie wir wissen, auch viele Rechtsextreme tummeln."
Untergangsfantasien wie die aus dem Kopp Verlag lieferten den Nährboden für rechtes Gedankengut, warnt er. Das aber ist nicht verboten. In Deutschland darf vieles gesagt und behauptet werden. Die freie Meinungsäußerung ist durch Artikel 5 des Grundgesetzes gedeckt. Auch Verlage haben große Freiheiten, was sie publizieren dürfen.

Großer Arbeitgeber in der schwäbischen Provinz

Rottenburg am Neckar, eine 42.000 Einwohner-Stadt in der schwäbischen Provinz. Der Kopp Verlag ist hier tief verwurzelt – er zählt zu den großen Arbeitgebern im Ort. Gründer und Verlagsleiter Jochen Kopp redet nur selten mit Medien, unsere Fragen beantwortet er schriftlich. Die Mission seines Verlags?
"Themen und Meinungen zu publizieren, die vom Mainstream ignoriert, tabuisiert oder im schlimmsten Fall unterdrückt werden", schreibt Kopp. "Damit wollen wir zur Meinungsvielfalt in einer Gesellschaft beitragen, die zunehmend von Denkverboten bestimmt ist. Unsere Bücher sollen anregen, manchmal auch aufregen und gerne auch Debatten anstoßen."
Früher arbeitete Jochen Kopp als Polizist, Mitte der 90er-Jahre ließ er den Staatsdienst hinter sich und gründete einen Buchversand. Über den bewarb der heute 53-Jährige immer wieder auch Bücher extrem rechter Verlage – zum Beispiel des Tübinger Grabert Verlags. Seit ungefähr 20 Jahren verlegt Kopp auch eigene Bücher.

Zu brisant für deutschsprachige Verlage?

Einer seiner Stamm-Autoren ist Michael Grandt. Er tritt vor allem als Finanzexperte auf, warnt vor dem Staatsbankrott oder dem Euro-Crash. Was man sagen dürfe, bestimme der sogenannte Mainstream – und der nehme es mit der Wahrheit nicht so genau. Davon ist beim Kopp Verlag nicht nur Michael Grandt überzeugt. Viele Klappentexte neuer "Enthüllungs-Bucher" versprechen "seriöse Quellen" sowie "brisante oder exklusive Zahlen, Daten und Fakten".
"Lesen Sie hier, was Ihnen die Massenmedien verschweigen." So bewirbt auch Autor Michael Grandt seine Bücher. Sein Buch "Adolf Hitler - Eine Korrektur" ist in einem neu gegründeten Verlag in Estland erschienen. Denn der Inhalt sei so brisant, dass es angeblich kein deutscher Verlag drucken wollte.
Doch wer in der Vergangenheit des Kopp Verlags forscht, sieht, dass der Verlag in den Jahren 2010 und 2011 in seinem Online-Angebot bereits Auszüge aus genau diesem Buch veröffentlicht hat. Eine von Grandts zentralen Thesen: "Ohne die Alliierten hätte es Hitler nicht gegeben und es hätte keine Weltkriege gegeben. Die Alliierten sind mit Schuld – und das steht in keinem Buch drin."

Verbindungen zur rechten Szene

Für den Rechtsextremismus-Forscher Matthias Quent sind Aussagen wie diese vor allem ein Verkaufsargument. "Natürlich gehört es auch zur Meinungsfreiheit, völlig idiotische Dinge behaupten und schreiben zu können. Insofern ist das, was der Kopp Verlag veröffentlicht, selbstverständlich Teil der Meinungsfreiheit. Gleichzeitig arbeitet man aber mit der Behauptung, es gebe keine Meinungsfreiheit, die Wirklichkeit werde manipuliert. Das ist natürlich vor allem eine massenwirksame Inszenierung für den Absatz und um sich selber neue Märkte zu erschließen."
Sein Verlag werde regelmäßig aus dem politisch linken Spektrum angegriffen, schreibt uns Jochen Kopp – weil er mit seinen Publikationen Ansichten veröffentliche, die vom politisch korrekten Mainstream abwichen. Von rechts außen will er sich offiziell abgrenzen.
"Die Publikationen des Kopp Verlags bewegen sich allesamt im Rahmen der freiheitlich demokratischen Grundordnung!", schreibt Jochen Kopp. Der Rechtsextremismus-Forscher Matthias Quent sagt dazu:
"Der Verlag hat klare Bezugspunkte ins rechte und rechtsradikale Milieu. Hinsichtlich seiner Autoren. Hinsichtlich vor allem aber der Themen, die der Verlag bespielt und hinsichtlich der Stimmung, die er erzeugt. Man kann nicht einerseits sich mit seinem Verlagsprogramm an der Delegitimierung der Demokratie beteiligen, von der vor allem populistische und radikale Rechte profitieren und andererseits so tun, als hätte man dafür keine Verantwortung. Das ist schizophren."
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