Klimaschutzpläne der Bundesregierung

Eine Jahrhundertaufgabe für die deutsche Industrie

05:16 Minuten
Die Industrieanlage der Thyssenkrupp Steel Europe AG in Duisburg am Rhein mit rauchendem Schornstein
Thyssenkrupp in Duisburg: Auch die Stahlindustrie steht vor einem "gigantischen Transformationsprozess", sagt Birgit Marschall. © imago / Olaf Döring
Birgit Marschall im Gespräch mit Anke Schaefer · 24.06.2021
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Ehrgeizige Ziele, unklarer Weg, wenig Geld: Die Journalistin Birgit Marschall kritisiert das neue Klimaschutzgesetz der Bundesregierung. Die Wirtschaft müsse in wenigen Jahren umbauen, was sie in mehr als 100 Jahren aufgebaut habe.
Bis 2030 soll Deutschland 65 Prozent CO2 gegenüber 1990 einsparen, bis 2045 dann 100 Prozent: Was aus Sicht des Experten Mojib Latif und vieler Klimaschützer "viel zu wenig" ist, schätzt die Journalistin Birgit Marschall als "ehrgeizig" ein. Dies umso mehr, als die Bundesregierung in ihrem vorgeschlagenenen neuen Klimaschutzgesetz den Weg zu diesen Zielen nicht beschreibe.
Die Journalistin Birgit Marschall
Birgit Marschall ist Berlin-Korrespondentin bei der Rheinischen Post.© Axel Schön
Es würden "nur acht Milliarden Euro auf den Tisch geworfen", so die Berlin-Korrespondentin der Rheinischen Post. Ein Großteil davon solle in die Gebäudesanierung fließen. Doch das allein werde nicht reichen, um die festgelegten CO2-Einsparungen zu erreichen.
"Wir müssen unser komplettes Leben umstellen", unterstreicht Marschall. "Unsere Wirtschaft steht vor einem gigantischen Transformationsprozess." Es müssten fossile Brennstoffe durch erneuerbare Energien oder andere Alternativen ersetzt werden. "Das, was die Industrie in mehr als 100 Jahren aufgebaut hat, soll nun innerhalb von ganz wenigen Jahren komplett umgestellt werden. Das ist eine Jahrhundertaufgabe."

Industrie "auf falschem Fuß erwischt"

Die Industrie habe das Vorhaben "erschüttert" und "etwas auf dem falschen Fuß erwischt", so Marschall weiter. Auto-, Stahl- und Chemieindustrie müssten ihre schon bestehenden Dekarbonisierungspläne nun ehrgeiziger fassen. "Es ist jetzt aber auch nicht die Frage, ob man die Wirtschaft mitnimmt oder nicht mitnimmt", betont die Journalistin:
"Die Wirtschaft steht da schon voll dahinter, das halte ich auch für glaubwürdig. Denn alle wissen inzwischen: Wenn uns dieser Klimaschutz nicht gelingt, dann ist alles nichts. Dann werden wir auch künftig nicht mehr so wirtschaften können wie bisher, dann wird unser gesamter Wohlstand auf dem Spiel stehen und unsere Lebensgrundlagen werden sich noch viel deutlicher verschlechtern."
(bth)

Birgit Marschall ist Korrespondentin und berichtet für die Rheinische Post aus Berlin mit den Schwerpunkten Wirtschaft- und Finanzpolitik. Zuvor arbeitete sie unter anderem bei der Wirtschaftswoche und der Financial Times Deutschland.

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