Kleinstadt Artern kämpft mit Trockenheit

Wenn der Stadtbrunnen versiegt

Feld in der Nähe von Artern
Feld in der Nähe von Artern: In der thüringischen Kleinstadt hat es 2018 und 2019 so wenig geregnet, wie nirgends sonst in Deutschland. © Michael Frantzen / Deutschlandradio
Von Michael Frantzen · 11.08.2021
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Hurrikans in den USA, schmelzende Gletscher, Buschfeuer in Australien - Klimakatastrophen scheinen weit weg. Doch längst sind sie auch bei uns zu spüren. Artern in Thüringen ist einer der trockensten Orte Deutschlands und kämpft mit massiven Folgen.
"Wir stehen hier mitten in einer der trockensten Regionen von Thüringen." Corinna Geißler steht im Versuchswald vor den Toren Arterns, der verschlafenen thüringischen Kleinstadt im Windschatten des Kyffhäuser-Gebirges. Für die Leiterin des "Forstlichen Forschungs- und Kompetenz-Zentrums Thüringen" gehört der Klima-Notstand längst zum Alltag. Mit Kolleginnen und Kollegen aus Bayern und Österreich tüftelt sie an einer Strategie für den Forst der Zukunft
Nirgendwo sonst in Deutschland hat es 2018 und 2019 so wenig geregnet. Das liegt zum einen an der geografischen Lage: Die Kleinstadt ist förmlich umzingelt von Höhenzügen, die den Regen abfangen. Und zum anderen am Klimawandel. Allein in den vergangenen drei Jahren hat sich die ohnehin schon geringe Niederschlagsmenge von rund 500 Milliliter im Jahr halbiert. Zum Vergleich: In München liegt der Wert bei 965. Und es war in Artern drei Grad wärmer als im Zehnjahresschnitt.

Bauer mit 30 Prozent weniger Umsatz

Von der Trockenheit in Artern kann auch die inzwischen pensionierte Meteorologin Evelyn Lange erzählen. 39 Jahre lang hat sie die staatliche Wetterstation in Artern betreut, Niederschlagsmengen und Temperatur gemessen – und sich geärgert, dass der Klimawandel lange als Humbug abgetan wurde.
Landwirte Adalbert und Julian Gebhardy vor einer ihrer landwirtschaftlichen Maschinen
Nutzten inzwischen weniger Dünger, weniger Pflanzenschutz, kleine Pflanzen: die Landwirte Adalbert und Julian Gebhardy.© Michael Frantzen / Deutschlandradio
Und der Landwirt Adalbert Gebhardy, der aufgrund geringer Niederschlagsmengen in den vergangenen drei Jahren 30 Prozent weniger Umsatz gemacht und Konsequenzen gezogen hat. Er zählt zu den größten Bauern der Region. 2000 Hektar groß sind seine Felder, angebaut wird: Weizen, Wintergerste, Zuckerrüben. Er nutzt weniger Dünger, weniger Pflanzenschutz, kleine Pflanzen und weniger Mitarbeiter, "um überhaupt noch schwarze Zahlen zu schreiben."

Versiegter Stadtbrunnen

Arterns Bürgermeister, Torsten Blümel, kämpft mit einem versiegten Brunnen unterhalb der Stadt und sinkendem Grundwasserpegel. "Wir brauchen ein zweites Standbein. Das heißt, wir werden hier in den nächsten Jahren eine Fernwasser-Leitung hinlegen müssen und Talsperren-Wasser mitbeziehen", sagt der Linken-Politiker.
Schon die Kinder in der Umwelt-AG der Gemeinschafts-Schule von Artern wissen, warum es in ihrer Heimatstadt bisweilen so aussieht wie in der sibirischen Steppe. "Durch den Klimawandel. Da es so warm war", sagt eine Schülerin.
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