Kinderbuchautor Tim-Thilo Fellmer

Vom Analphabeten zum Verleger

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Der Kinderbuchautor Tim-Thilo Fellmer, früher Analphabet, schreibt heute Kinderbücher und veröfffentlicht sie im Selbstverlag. © picture alliance/dpa/Marius Becker
Moderation: Frank Meyer · 29.11.2016
Tim-Thilo Fellmer verließ die Schule, ohne richtig Schreiben und Lesen zu können. Das hat er aus eigenem Antrieb dann in Volkshochschulkursen gelernt. "Ein ganz großes Gefühl" sei es, ein Buch selbstständig zu lesen. Heute ist er Kinderbuch-Autor und Verleger.
Tim-Thilo Fellmer ist Kinderbuch-Autor und schreibt Geschichten über Freundschaft, über Hürden, die überwunden werden, und kleine Helden, die über sich selbst hinauswachsen.
Auch Fellmers persönliche Geschichte handelt davon und hält, ähnlich wie seine Bücher "Fuffi, der Wusel" oder "Felix auf Ballhöhe in Südafrika", ein Happy End parat: Er war Analphabet – einer von rund 7,5 Millionen sogenannten funktionalen Analphabeten in Deutschland, die Lesen und Schreiben in der Schule zwar vermittelt bekamen, es aus verschiedenen Gründen jedoch nie richtig gelernt haben.

Andere ermuntern

Fellmer überwand dieses Handycap aber aus eigenem Antrieb in Volkshochschulkursen– und betreibt heute einen kleinen Selbstverlag, in dem er seine Bücher herausbringt.
Anlässlich der gerade vom Bundesbildungsministerium ausgerufenen  "Dekade der Analphabetisierung" berichtete er im Deutschlandradio Kultur über seinen langen Weg vom Elftklässler, der die Schule als Analphabet verließ und nur mit Hilfe seiner Freundin die KFZ-Mechaniker-Ausbildung meisterte, bis zum Buchautor, der andere ermuntert, auch im Erwachsenenalter noch Lesen und Schreiben zu lernen.
Eine Frau sitzt an einem Computer und schreibt etwas, eine andere Frau steht hinter ihr und zeigt auf etwas auf dem Bildschirm.
In Kursen können erwachsene Analphabeten Schreiben und Lesen lernen.© dpa/picture alliance/Bernd Wüstneck

Schwer in Worte zu kleiden

Fellmer erinnert sich noch gut daran, wie es sich anfühlte, ein Buch selbst lesen zu können:
"Das ist ganz schwer in Worte zu kleiden. Ich habe das auch nicht beim ersten Mal geschafft, das waren mehrere Anläufe. Ich habe mir verschiedene Bücher immer wieder vorgenommen, und dann war es wirklich mal vollbracht. Das ist ein ganz großes Gefühl – ich kann es nicht anders sagen. Und zum Glück hat das dann auch so viel Freude in mir ausgelöst, dass ich mir dann gleich das nächste vorgenommen habe."
Von vielen anderen Betroffenen wisse er inzwischen, dass sie, nachdem sie ihr Analphabetentum überwunden hätten, anschließend zur leidenschaftlichen Leseratte geworden seien. Ein offenbar typisches, oft beobachtetes Phänomen.
Bei Fellmer ging es noch einen Schritt weiter: Er stellte fest, dass es ihm großes Spaß macht, Geschichten zu erzählen und aufzuschreiben. Entscheidende Impulse und Ermutigung kamen von seinen Lehrern an der Volkshochschule.
Angesichts der immer noch großen Zahl von Analphabeten in Deutschland appelliert Fellmer an Betroffene, sich mit ihren Erfahrungen einzubringen. Er halte es für sehr wichtig, dass ehemalige Analphabeten in Alphabetiesierungskampagnen und –prozesse integriert würden.
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