Keramiken von Theodor Bogler

Wie das Bauhaus ins Kloster ging

05:48 Minuten
Farbenfrohe Keramik-Kannen auf einem Holztisch.
Zeitlose Klassiker: Keramikarbeiten aus der Bauhaus-Schule von Theodor Bogler. © Horst Ossinger / dpa
Von Sabine Oelze · 28.12.2019
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Sogar bis hinter dicke Klostermauern reicht der Bauhaus-Einfluss. Der ehemalige Bauhäusler Theodor Bogler war in der Abtei Maria Laach Mönch und errichtete eine Werkstatt. Dort werden heute wieder Keramiken nach seinen Vorgaben hergestellt.
Eine Tür wird geöffnet. "Herzlich willkommen in unserer Manufaktur. Wir arbeiten zu dritt, das sind Frau Lange und Frau Schönberger. Frau Lange ist Porzellanmalerin aus Meißen, die veredelt unsere Keramik mit ihrem feinen Pinselstrich zur höchsten Qualität. Und Frau Schönberger ist Drehmeisterin, die formt gerade den Ton."
Bruder Stephan leitet die Keramik-Manufaktur im Kloster Maria Laach. Hier, versteckt in einem Seitentrakt des Klosters, weit weg von Weimar und Dessau, lebt das Bauhaus weiter. In der kleinen Werkstatt werden Keramiken im Bauhaus-Stil hergestellt.

Ein Schicksalsschlag verändert sein Leben

Bruder Stephan, 32 Jahre alt, ist ein Mönch mit Sinn für die Kunst. Im nahegelegenen Alfter studiert er Bildhauerei und er kümmert sich im Kloster um das Erbe von Theodor Bogler, einem ehemaligen Prior und Bauhäusler.
"Er hat zeichnerische Meisterleistungen vollbracht. Wir haben jetzt seinen ganzen Fundus, sein ganzes Erbe katalogisiert. Das sind 6000 Zeichnungen, wo er immer wieder gezeichnet, gezeichnet, gezeichnet, probiert hat."
Theodor Bogler führte ein bewegtes Leben. Im Ersten Weltkrieg ist er hochdekorierter Leutnant, danach geht er ans Bauhaus in Weimar. Dort erlernt er in den 1920er-Jahren das Töpferhandwerk. Seine Karriere verläuft sehr erfolgreich – bis sich 1925 seine Frau umbringt.

Von Weimar in die Vulkaneifel

Nach diesem Schicksalsschlag macht sich Bogler auf die Suche nach einem Leben in Gemeinschaft, das noch intensiver sein sollte als das Bauhaus. Er interessiert sich deshalb für die "Liturgische Bewegung". Auf Vermittlung des Theologen Romano Guardini tritt er in die Abtei Maria Laach ein. Damals ein Zentrum der liturgischen Bewegung. Am 4. Januar 1927 zieht er um – von Weimar in die Vulkaneifel ins Benediktinerkloster.
"Er hat eine Witwe geheiratet, Theodora Kaisel, mit zwei Kindern. Sie hat sich später das Leben genommen. Und daraufhin ist er ins Kloster gegangen, was nun möglich war, denn die Kinder waren ja nicht seine Kinder. So ist es auch kirchenrechtlich möglich, dass er Priester werden konnte. Die Kinder sind dann bei seiner Mutter und dann bei den Eltern von ihr geblieben."

Einer der wichtigsten Keramiker des Bauhaus

Für das Haus am Horn, das erste Mustergebäude des Bauhauses in Weimar, entwirft Bogler cremefarbene Vorratsbehälter für Mehl, Reis und Zucker sowie Vorratsflaschen. Ihre Farbe passt zur legendären Frankfurter Küche, die damals erfunden wurde. Werner Möller von der Bauhausstiftung Dessau:
"In der Bauhaus-Rezeption wird Bogler in Bezug mit der Weimarer Phase als einer der wichtigsten Keramiker angesehen neben Margret Friedländer und Otto Lindich. Vor allem diese drei Persönlichkeiten haben sehr, sehr stark, ich sage es auch im Bauhaus-Sinne und etwas salopp, die Loslösung der Keramik von ihrer irdischen Vergangenheit oder Lebensform in die Richtung industrieller Produktion angefeuert."

Auch in Maria Laach lässt Bogler seine Bauhaus-Vergangenheit nicht los. Er produziert weiter seine Keramiken, die heute in Maria Laach wieder hergestellt werden. Sie bestechen durch klare Formen, Funktionalität, schlichte Eleganz.
Die Benediktinerabtei Maria Laach in Rheinland-Pfalz. Ein Kloster im romanischen Stil.
Die Benediktinerabtei Maria Laach: Hier wurde eine Kunstwerkstatt gegründet, die heute Keramiken nach Theodor Bogler herstellt.© Stzefan Ziese / imagebroker / imago-images
"Das war dieser große Gedanke: Es für die Massen zu tun und nicht sich in eine bestimmte Schublade oder in eine bestimmte Ausrichtung zu begeben. Es ging darum, im ganz übergreifenden pantheistischen Sinn, die Allgemeinheit zu erreichen", sagt Werner Möller.

Analogie zwischen Bauhaus und mönchischem Leben

Bogler bleibt dem Bauhaus verbunden. Walter Gropius, Marcel Breuer und andere Bauhaus-Kollegen bringt er sogar dazu, für das Kloster Maria Laach einen Gebäudetrakt zu entwerfen. Wer heute als Gast zur Einkehr nach Maria Laach kommt, übernachtet in einem Bauhaus-Gesamtkunstwerk, von der Türklinke über die Treppengeländer bis hin zum Deckenlicht.
Bruder Stephan: "Dieser Teil ist von 1931, ist von Martin Weber, Marcel Breuer und Walter Gropius geplant und gebaut. Das ist so der Bauhaus-Bau, den wir hier in Maria Laach haben. Da sind noch alles Originalfenster. Sogar die Gardinen sind festgeschrieben oder festgelegt, wodurch sich das Karo aus den Fenstern in den Gardinen wiederholt."
Bruder Stephan glaubt auch heute noch an die Ideale des Bauhauses. Er will ein einfaches Leben führen und sieht im Leben des Mönches eine Analogie zu den Ideen der berühmten Gestaltungsschule. Bauhaus und Kloster begegnen sich.
"Meine Zelle könnte ich in 15 Minuten verlassen und dann ist sie leer. Es gibt viele Dinge, die machen das Leben schön. Es gibt viele Dinge, die machen das Leben auch interessant. Aber beim Bauhaus ist kein Platz für Ablenkung. Und in unserem Leben geht es fast immer um die wesentlichen Dinge, und die werden dann ganz gerne mit anderen Teilen verdeckt."

Asche oder Feuer - Bauhaus-Keramiker und ihre Erben
Benediktiner-Abtei Maria Laach
17. August 2019 - 20. Februar 2020

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